Das Bourne-Vermächtnis
diese Übungen verursachten, und konzentrierte sich stattdessen darauf, tief und gleichmäßig zu atmen.
Als er wieder ins Terminal hinaustrat, wartete dort schon Jacques Robbinet auf ihn. Er war ein großer, au
ßergewöhnlich sportlicher Mann, der einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug, glänzend geputzte feste Schuhe und einen modischen Tweedmantel trug. Er war nun älter und ein wenig grauer, aber ansonsten die Gestalt aus Bournes Erinnerungsfragment.
Er entdeckte Bourne sofort und grinste zur Begrüßung, wartete jedoch an seinem Platz auf seinen alten Freund und bedeutete ihm mit einem Handzeichen, nach rechts durchs Terminal weiterzugehen. Bourne entdeckte sofort den Grund seiner Zurückhaltung. Mehrere Beamte der Police Nationale hatten den ehemaligen Hangar betreten und befragten das Flughafenpersonal – zweifellos auf der Suche nach dem Verdächtigen, der den Dienstausweis des Arbeiters entwendet hatte. Bourne bewegte sich ohne sichtbare Eile. Er hatte den Ausgang schon fast erreicht, als er zwei weitere Polizeibeamte mit vor der Brust getragenen Maschinenpistolen sah, die jeden aufmerksam beobachteten, der das Terminal betrat oder verließ.
Robbinet hatte sie ebenfalls gesehen. Er hastete mit gerunzelter Stirn an Bourne vorbei, trat ins Freie und sprach die Polizeibeamten an. Sobald er seinen Namen genannt hatte, meldeten sie ihm, sie fahndeten nach einem Verdächtigen – einem mutmaßlichen Terroristen –, der einem Arbeiter an der Laderampe den Dienstausweis gestohlen habe. Sie zeigten ihm sogar ein Fax mit Bournes Fahndungsfoto.
Nein, der Minister hatte diesen Mann nicht gesehen.
Aber Robbinet setzte ein ängstliches Gesicht auf. Vielleicht – war das nicht denkbar? – habe dieser Terrorist es auf ihn abgesehen, sagte er. Ob sie so freundlich wären, ihn zu seinem Wagen zu begleiten?
Sobald die drei Männer weggegangen waren, schlüpfte Bourne durch die Tür in den grauen Nebel hinaus. Er sah, wie die Polizeibeamten Robbinet zu seinem Peugeot begleiteten, und ging in Gegenrichtung davon. Als der Minister einstieg, warf er Bourne einen heimlichen Blick zu. Er bedankte sich bei den Polizeibeamten, die auf ihren Posten am Eingang zum Terminal zurückkehrten.
Robbinet fuhr an, wendete und kam zurück, um den
Flughafen zu verlassen. Außer Sichtweite der Polizeibeamten bremste er, hielt an und fuhr das rechte Fenster herunter.
»Das war knapp, mon ami. «
Als Bourne einsteigen wollte, schüttelte Robbinet jedoch den Kopf. »Nachdem der gesamte Flughafen alarmiert ist, kontrolliert die Police Nationale bestimmt an allen Zufahrtsstraßen.« Er griff nach unten, entriegelte den Kofferraumdeckel. »Nicht gerade der bequemste Platz«, sagte er entschuldigend. »Aber vorläufig bestimmt der sicherste.«
Ohne ein Wort zu verlieren, kletterte Bourne in den Kofferraum und schloss den Deckel von innen. Der Minister fuhr weiter. Zum Glück hatte er vorausgedacht: Bevor er das Flughafengelände verlassen konnte, musste er zwei weitere Straßensperren passieren, an denen erst die Polizei und dann Beamte des französischen Geheimdiensts Sûreté Nationale kontrollierten. Der Minister wurde natürlich erkannt und durfte anstandslos passieren, aber er bekam beide Male Bournes Fahndungsfoto gezeigt und wurde gefragt, ob er diesen Mann gesehen habe.
Zehn Minuten nach dem Abbiegen auf die A1 hielt
Robbinet auf einem Rastplatz hinter den Toiletten und öffnete den Kofferraum. Bourne kletterte heraus und stieg vorn rechts ein. Robbinet beschleunigte wieder und fuhr auf der Autobahn nach Norden.
»Das ist er!« Der Arbeiter tippte auf das grobkörnige Foto von Jason Bourne. »Das ist der Kerl, der meinen Ausweis geklaut hat!«
»Wissen Sie das bestimmt, Monsieur? Sehen Sie sich das Gesicht bitte noch einmal genau an.« Inspektor Alain Savoy schob das Foto etwas weiter zu dem potenziellen Zeugen hinüber. Sie befanden sich in einem fensterlosen Raum im Terminal drei des Flughafens Charles de
Gaulle, von dem aus Savoy die Fahndung nach dem Gesuchten koordinierte. In dem Kellerbüro roch es nach Schimmel und starken Desinfektionsmitteln. Der Inspektor hatte das Gefühl, ständig in solchen Räumen zu arbeiten. In seinem Leben gab es nichts Dauerhaftes.
»Ja, ja«, sagte der Arbeiter. »Er hat mich angerempelt, hat sich mit einer Migräne entschuldigt. Als ich zehn Minuten später durch eine Sicherheitsschleuse gehen wollte, war mein Dienstausweis weg. Er hat ihn mir geklaut!«
»Das wissen wir«, bestätigte
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