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Das Brandhaus - Roman

Titel: Das Brandhaus - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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BH noch nie gesehen. Inzwischen hatte Marina Hallwiin diese Information verarbeitet. Sie war zu derselben Einsicht gelangt wie Irene: Alexandra hatte, als sie gefunden worden war, einen BH getragen, der ihr nicht gehörte. Der Mörder hatte das Mädchen offenbar gezwungen, das aufreizende Kleidungsstück anzuziehen, oder er hatte ihn ihr eigenhändig angezogen, nachdem
er sie ermordet hatte. Vielleicht hatte sie ihn aber auch freiwillig angezogen. Das war zwar nicht sehr wahrscheinlich, ließ sich in diesem Stadium der Ermittlung aber auch nicht ausschließen.
    Den Informationen nach war Marina Hallwiin 41 Jahre alt, sah aber im Augenblick bedeutend älter aus. Ihr Mann Jan war 56.
    »Haben Sie weitere Kinder?«, fragte Irene.
    »Janne hat noch zwei... aber die sind erwachsen. Sie sind 31 und 29 Jahre alt.«
    »Wohnen sie hier in Göteborg?«
    »Nein. Sie wohnten bei ihrer Mutter in Gävle. Jetzt wohnen beide Jungen in Stockholm. Janne ist hierher umgezogen … nachdem wir uns kennengelernt hatten.«
    In ihren Augen standen erneut Tränen.
    »Vielleicht sollten wir runtergehen?«, meinte Irene und wandte sich zur Tür.
    »Ja... vielleicht«, murmelte Marina und erhob sich vom Bett.
    Sie verschwand im Badezimmer, das Alexandras Zimmer gegenüberlag. Irene hörte, wie sie sich schnäuzte, dann lief lange Wasser.
    Wie immer, wenn die Opfer sehr jung waren, empfand Irene ein Gefühl der Ohnmacht. Es gab keine Worte des Trostes, nichts konnte die Trauer der Hinterbliebenen lindern.
     
    »Wirklich ein betrüblicher Zeitgenosse«, meinte Jonny und hupte verärgert, weil sich ein Taxi vordrängelte.
    Irene war klar, dass sich sein Ärger weniger gegen den Taxifahrer als gegen Jan Hallwiin richtete.
    »Du meinst, weil er betrunken war?«
    »Nein, weil er so aggressiv und dumm war. Das lag vielleicht daran, dass er besoffen war. Aber das ist keine Entschuldigung.«
    Irene war froh, dass er das so sah, denn noch vor wenigen Jahren hatte Jonny selbst große Probleme mit Alkohol gehabt.
Gerüchteweise hieß es, seine Frau hätte ihn vor ein Ultimatum gestellt: Hör auf zu saufen, oder ich ziehe mit unseren vier Kindern aus. Das musste ihm Irene wirklich zugestehen: Bisher hatte er durchgehalten. In den letzten drei Jahren hatte sie ihn nie mehr angetrunken oder verkatert gesehen.
    »Er hat also nichts von Interesse gesagt?«, fragte Irene.
    »Nein. Er hat sich nur über die Inkompetenz der Polizei ausgelassen, über diese windelweiche Gesellschaft, die Mörder schon nach ein paar Jahren wieder aus dem Gefängnis lässt. Sie bekämen überhaupt keine richtige Strafe. Du kennst diese Melodie.«
    Irene nickte. Das hatte sie schon oft gehört.
    War es möglich, dass sie Alexandras Mörder in ihrer Kartei hatten? Wenn nicht als Mörder, dann vielleicht als vorbestraften Vergewaltiger? Sie mussten den Mord an Alexandra mit früheren Fällen abgleichen, bei denen die Opfer ähnliche Verletzungen davongetragen hatten, aber vielleicht davongekommen waren. Damit würde sie für den Rest des Tages beschäftigt sein.

Irene konnte sich nicht an die Stille gewöhnen, die ihr entgegenschlug, wenn sie die Haustüre öffnete.
    Ihr blieb jedoch nichts anderes übrig, als zu akzeptieren, dass ihre Zwillingstöchter ein für alle Mal das Nest verlassen hatten. Jenny machte in Malmö eine Kochlehre und blieb noch für mindestens ein Jahr dort. Anschließend hatte sie vor, an eine Spezial-Kochschule nach Amsterdam zu wechseln. Sie wollte eine vegetarische Köchin auf höchstem gastronomischem Niveau werden.
    Katarina und Felipe würden in ein paar Wochen nach fünf Monaten Brasilienaufenthalt wieder nach Hause kommen. Sie arbeiteten in Natal bei einem Projekt, das sie vorher schon zweimal unterstützt hatten. Straßenkinder hatten dort die Chance, Capoeira zu erlernen, wenn sie gleichzeitig die Schule besuchten. Im Capoeira-Center bekamen sie außerdem eine Mahlzeit. Für viele von ihnen war das die einzige richtige Mahlzeit des Tages. Schwänzte jemand den Unterricht, dann führte das ohne Pardon zum sofortigen Ausschluss von der Schule. Das waren harte Regeln, aber anders würde es nicht funktionieren. Bildung war der einzige Weg aus der Armut. Abkürzungen gab es keine.
    Capoeira war ein brasilianischer Kampfsport. Ursprünglich hatten ihn die afrikanischen Sklaven aus ihrer Heimat mitgebracht. Sie tarnten ihre Kampfübungen als Tanz, denn sie wollten nicht, dass bei den Sklavenhaltern der Verdacht aufkäme, dass sie Verteidigungstechniken

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