Das Brandhaus - Roman
das an dem schlechten Wetter an diesem Wochenende mit Regen und Sturmwinden. Keine Jugendlichen hatten in dieser Walpurgisnacht an irgendwelchen Stränden gegrillt. Alle Menschen waren in ihren Häusern geblieben.
»Die Polizei hat inzwischen außerdem bestätigt, dass auch die junge Frau, die gestern in dem Wäldchen am Gårdstensberget gefunden wurde, einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist. Seit etwa einer Woche vor dem Auffinden der Leiche wurde sie vermisst. Die Polizei will ihre Identität noch nicht preisgeben, da noch nicht sämtliche Angehörigen unterrichtet sind.« Die Nachrichtensprecherin war nun bei Irenes zweiter laufenden Mordermittlung angelangt.
Irene nickte nachdenklich. Es war ihnen bislang nicht geglückt, Moa Olssons Vater ausfindig zu machen. Hannu kümmerte sich darum, und Irene ging davon aus, dass sie ihn früher oder später finden würden. Konnte er der Mörder sein? Rein statistisch war das alles andere als unmöglich. Aber die Vorgehensweise des Mörders sprach dagegen. Moas Leiche wies Zeichen grausamer sexueller Gewalt auf, reiner Sadismus. Es war auch nicht aktenkundig, dass Moa bereits früher von ihrem Vater missbraucht worden wäre. Laut ihrer Mutter war Moa ihrem Vater nicht mehr begegnet, seit sie ein Jahr alt gewesen war. Ihr Vater war ein Junkie gewesen, der am Rand der Gesellschaft gelebt und sich nie mehr bei seiner Tochter gemeldet hatte.
»... als die letzten Reste der Ruine abgerissen werden sollten.« Irene wurde sich plötzlich bewusst, dass die nächste große Nachricht die Entdeckung der Mumie war. Über den Bildschirm ihres neuen Flachbildfernsehers flackerten die Bilder eines abgesperrten
Geländes um ein Kellerloch. Die Einsatzfahrzeuge der Polizei verstellten den Kameraleuten größtenteils die Sicht. Immerhin gelang ihnen ein kurzer Schwenk auf die Trage, mit der der Leichensack abtransportiert wurde.
»Die eingemauerte Leiche wurde in einem Hohlraum neben dem Kamin entdeckt. Die Polizei kann noch keine Angaben zur Identität des Opfers machen«, beendete die Sprecherin den Beitrag.
Die Mumie war ein Rätsel. Tommy hatte den gesamten Nachmittag damit verbracht, eine Liste der Männer aufzustellen, die in den letzten vierzig Jahren spurlos verschwunden waren. Diese Liste war lang. Sie hatten sich darauf geeinigt, den ersten Bericht der Gerichtsmedizin abzuwarten, um einen Anhaltspunkt zu bekommen, wie lange die Mumie eingemauert gewesen war. Außerdem war das ungefähre Alter des Mannes von Interesse. Mit diesen beiden Angaben würden sich die Namen auf der Liste schon mal um eine stattliche Zahl verringern.
Irene hatte die Fahndungslisten nach Sexualverbrechern durchgeforstet, deren Modus operandi schwere sexuelle Gewalt aufwies. Alexandras Verletzungen nach zu urteilen, musste es sich um einen besonders gewaltsamen Täter handeln. Eventuell spielten auch gewisse rituelle Komponenten eine Rolle, meinte der Gerichtsmediziner. Sie hatte Hannu eine Kopie des Berichts gegeben, da Moas Mörder nicht minder brutal vorgegangen war.
Auch diese Liste fiel sehr lang aus. Mehrere Namen konnte sie sofort wieder streichen, Fälle, in denen Männer sich an Frauen, mit denen sie zusammenlebten oder mit denen sie einmal zusammengelebt hatten, vergangen hatten. Weitere drei Namen erledigten sich ebenfalls sofort, da die Männer nach verbüßter Strafe aus Schweden ausgewiesen worden waren. Es blieben 23 Namen auf der Liste übrig. Die musste sie zusammen mit Jonny am nächsten Tag durchgehen.
Bevor Irene jedoch endgültig Feierabend machte, rief sie noch bei der Spurensicherung an und fragte, mit was für einer Plastikleine Alexandra erdrosselt worden war. Sie war erstaunt,
als sie die Auskunft erhielt, dass es sich um ein dünnes Computerkabel handle. Diese seien sehr gebräuchlich und würden dazu verwendet, die verschiedenen Hardware-Komponenten eines Computers miteinander zu verbinden. Der Mörder hatte das Kabel zu einer Schlinge geknotet und dann um den Hals des Mädchens festgezogen und ihr den Rest des Kabels anschließend ein weiteres Mal um den Hals geschlungen. Wie zur Versicherung, dass das Kabel nicht herunterrutschte. Das war auffällig.
Die drei aktuellen Mordfälle würden die Ressourcen ihres Dezernats noch weiter strapazieren, dachte Irene.
Efva Thylqvist musste zwischen Budgetkürzungen und zunehmender Arbeitsbelastung lavieren. Es blieb abzuwarten, ob ihr das einigermaßen elegant gelingen würde. Irene lächelte. Das war natürlich gemein, aber sie
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