Das Brandhaus - Roman
gönnte es dieser selbstbewussten Dame, dass sie ins Schwitzen geriet und in den Augen ihrer Untergebenen etwas weniger kompetent wirkte. Insbesondere, da gewisse Mitarbeiter nicht erkannt zu haben schienen, wie manipulativ sie in Wirklichkeit war. Hatte Irene dies wirklich als Einzige bemerkt?
Die Gerichtsmedizin untersucht die Mumie im Laufe des Tages. Einen vorläufigen Bericht bekommen wir frühestens in drei Tagen. Die Leiche befand sich auf einem Teppich, den die Kriminaltechniker gerade eingehender untersuchen. Unter diesem Teppich lag eine Pistole. Ob diese etwas mit seinem Tod zu tun hatte, weiß ich noch nicht«, teilte Efva Thylqvist mit.
Mit dieser Vorrede eröffnete sie die Morgenbesprechung. Alle nickten und stärkten sich mit Kaffee. Es würde ein harter Tag werden.
Die verschiedenen Ermittlergruppen referierten die Ereignisse des Vortags und informierten dann, wie sie weiter vorzugehen gedachten. Als sich alle schon erhoben, im Glauben, die Besprechung sei beendet, bat Hannu um das Wort.
»Ich habe die Unterwäsche der beiden Mädchen verglichen. Sie gehört zusammen. Der BH gehört zum Slip.«
In dem Moment, als Hannu die Worte aussprach, wusste Irene, dass er recht hatte. Der Spitzen-BH hatte sie von Anfang an irritiert. Dass er wahrscheinlich nicht Alexandra gehört hatte, war ihr bedeutungsvoll erschienen, obwohl ihr noch nicht klar gewesen war, weshalb.
»Bist du dir sicher?«, fragte die Kommissarin.
»Das Muster der Spitze und das Material sind identisch. Die Marke ebenso«, erwiderte Hannu.
Er schaute in sein Notizbuch und las vor.
»Sexy Thing.«
»Hast du versucht rauszukriegen, wer diese Marke vertreibt?«
Der Blick, den er seiner Chefin zuwarf, sprach Bände, aber er antwortete trotzdem mit lauter Stimme:
»Klar. Das ist eine recht gängige Marke, die vom Versandhandel und in Sex-Shops vertrieben wird. Es handelt sich um einen der größten Hersteller mit Zentrale in Hamburg. Die Kleider werden in Südostasien hergestellt.«
Im Raum wurde es still, während alle über die neuen Informationen nachdachten.
»Du meinst also, dass es sich um denselben Mörder handeln könnte«, stellte Efva Thylqvist schließlich fest.
»Ja, das wäre durchaus möglich.«
Die Kommissarin legte ihre Hände flach auf die Tischplatte und starrte auf ihre ringlosen Finger. Dann schlug sie mit zwei Fingern einen Trommelwirbel.
»Das verändert natürlich die Sachlage. Wir könnten es also mit einem Serienkiller zu tun haben, der es auf Mädchen, auf sehr junge Teens, abgesehen hat. Obwohl die Morde in verschiedenen Teilen der Stadt verübt worden sind, besteht die Möglichkeit, dass es sich um ein und denselben Täter handelt. Die Krux ist nur, dass wir das noch nicht mit Sicherheit sagen können. Die beiden Ermittlungen laufen also weiterhin für sich, aber wir sollten für alle Möglichkeiten offen sein und die Arbeit von jetzt an koordinieren. Es muss ein kontinuierlicher Informationsaustausch stattfinden. Informiert auch die Gerichtsmedizin von unserem Verdacht und bittet sie, alle Hinweise besonders ernst zu nehmen, die unsere These untermauern könnten.«
Sie verstummte und ließ ihren Blick über ihre Untergebenen wandern.
»Und kein Wort an die Zeitungen. Wir müssen herausfinden, wie er den Kontakt zu den Mädchen hergestellt hat. Und wir müssen ihn schnell finden! Denn sollte unser Verdacht zutreffen, dann wird er weitermorden. Falls er das nicht schon getan hat.«
»Internet«, sagte Fredrik Stridh.
Die anderen nickten. Das Internet war das gängigste Forum, um minderjährige Mädchen kennenzulernen.
»Wir hatten da ja auch letztes Jahr diesen Burschen aus Malmö. Er war Anfang dreißig. Im Internet gab er vor, eine Frau Mitte zwanzig zu sein, die junge Fotomodelle sucht. Er brachte die jungen Mädchen dazu, sich vor der Webkamera auszuziehen, und sogar, sich mit ihm zu treffen. Man hat ihm 56 Vergewaltigungen nachweisen können. Wahrscheinlich waren es noch mehr, aber die Mädchen haben sich nicht getraut, ihn anzuzeigen. Ausschließlich Teenager«, fuhr Fredrik fort.
»Es gibt mehrere ähnliche Fälle, bei denen Männer die Mädchen zu einem Treffen überredet und sie dann vergewaltigt haben. Einen Mord hatten wir aber bislang nicht«, meinte Tommy.
»Nicht in Schweden, aber im Ausland. In den USA ist das schon mehrfach vorgekommen«, sagte Hannu.
»Aber diese Mädchen sind auch zu naiv! Begreifen sie denn nicht, dass sie sich nicht mit jemandem verabreden könnten, der...
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