Das Brandhaus - Roman
Alexandra gesehen haben, nachdem sie kurz nach sechs am Vorabend des 1. Mai verschwunden ist?«
»Nein«, antwortete Irene schnell, noch ehe Jonny den Mund öffnen konnte.
Ohne Irene anzusehen, sagte die Kommissarin mit neutraler Stimme:
»Jonny ist für die Alexandra-Ermittlung verantwortlich.«
Dann wandte sie sich rasch an Hannu Rauhala:
»Was wissen wir bislang über das andere Mädchen?«
»Sie konnte ebenfalls mit Hilfe des Zahnstatus identifiziert werden. Moa Olsson. Geboren am 2. September 1992. Fünfzehn Jahre alt«, antwortete Hannu.
Alexandra Hallwiin ist fast genau ein Jahr jünger gewesen als Moa, dachte Irene.
»Sie wohnte nicht sonderlich weit vom Fundplatz entfernt. Luftlinie sind es nur zweieinhalb Kilometer. Sie wohnte in der Salviagatan. Ihre Leiche fand man in dem Wäldchen am Gårdstensbergen. Diesem Naherholungsgebiet mit Fitnessparcours. Aber an dem 1.-Mai-Wochenende war es kalt und regnerisch. Deswegen waren dort also nicht sonderlich viele Leute unterwegs. Laut ihrer Mutter ist Moa schon am Wochenende
zuvor von zu Hause verschwunden. Wahrscheinlich am Sonntag, den 28. April. Die Mutter heißt Kicki Olsson und bezieht Frührente. Psychische Probleme und Alkoholmissbrauch. Sie ist am Sonntagmorgen um neun Uhr nach Hause gekommen und erinnert sich nicht, ob Moa zu Hause war, glaubt es jedoch.«
»Wann wurde sie vermisst gemeldet?«
»Am Dienstag.«
»Dann war sie also … sieben oder acht Tage lang verschwunden«, meinte die Kommissarin und dachte einige Augenblicke lang nach.
»Wer hat sie vermisst gemeldet?«, fragte sie dann.
»Ihre Mutter. Sie war zu diesem Zeitpunkt wieder einigermaßen nüchtern«, antwortete Hannu sachlich.
»Also ernste Alkoholprobleme«, konstatierte die Kommissarin.
»Ja. Es gab auch einen älteren Bruder, der sich vor drei Jahren zu Tode gefahren hat. Mit siebzehn, ohne Führerschein und betrunken. Eine Viertelstunde bevor es knallte hatte er das Auto am Angereds Torg gestohlen. Anschließend war Kicki Olsson arbeitsunfähig.«
»Was für eine Arbeit hatte sie vorher?«
»Putzfrau bei IKEA in Bäckebol.«
Die Kommissarin sah ihn nachdenklich an.
»Gibt es in der Familie auch einen Vater?«
»Keiner, der dort gemeldet ist. Die Kinder hatten verschiedene Väter.«
»Hm. Wir müssen die Väter überprüfen. Beide. Außerdem müssen wir die Frage klären, ob die Mutter einen neuen Mann hatte. Diesen müssten wir dann auch überprüfen. Was haben die Gerichtsmediziner über die Todesursache herausgefunden?«
»Sie können noch nichts mit Sicherheit sagen. Die Verwesung hatte bereits eingesetzt. Tiere hatten sich an der Leiche zu schaffen gemacht. Sie haben entomologische Proben entnommen. Nach Einschätzung der Ärzte hat sie wahrscheinlich
mindestens eine Woche dort gelegen. Auch gibt es Anzeichen für sexuelle Gewalt. Gewisse Verletzungen deuten darauf hin. Sie war vollkommen nackt. Der Hund, der die Leiche fand, kam mit ihrem Slip in der Schnauze angelaufen. Er war offenbar runtergefallen, als der Mörder die Leiche den Berg hochgeschleppt hat, um sie in der Felsspalte zu verstecken.«
»Berg? Ist er mit der Leiche einen Berg hochgeklettert?«, fragte Jonny entgeistert.
»Eine felsige Anhöhe. Ein schmaler Pfad führt hinauf«, erwiderte Hannu.
»Kann man mit dem Auto bis zu dieser Anhöhe heranfahren?«, wollte Tommy Persson wissen.
»Ja. Etwa hundert Meter vom Fundort entfernt gibt es einen Parkplatz. Von dort führt ein Weg bis zu dem Hügel. Ein Kiesweg, der jedoch mühelos befahrbar ist. Die Kriminaltechniker haben einige Reifenabdrücke gesichert. Das Problem ist allerdings, dass es nach ihrem Verschwinden so viel geregnet hat.«
Die Kommissarin nickte. Dann zuckte sie zusammen, als sich Irene erneut zu Wort meldete.
»Irgendwie ist es im Augenblick alles etwas viel. Die laufenden Ermittlungen türmen sich, und ständig kommen neue dazu … Ich würde gerne wissen, wann wir eine Vertretung für Birgitta bekommen?«, fragte sie ruhig.
»Für diese Diskussion haben wir jetzt keine Zeit«, fertigte sie die Kommissarin ab.
»Aber ich glaube, dass wir alle gerne wissen würden, ob die Möglichkeit besteht, Verstärkung zu bekommen«, fuhr Irene fort.
»Robert Backman wurde uns für drei Monate zugeteilt«, antwortete Efva Thylqvist schroff.
»Ja. Aber das war vor Weihnachten. Anschließend hatten wir dann keinen Ersatz mehr für Birgitta.«
Du sparst Geld, dachte Irene und bemühte sich um eine unergründliche Miene. Man sah Efva
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