Das brennende Gewand
konnte.
»Die Edle von Bilk«, flüsterte er und versuchte, seinen Kopf fortzudrehen.
»Und was sollten die Grußworte künden?«
»Das... das Haus der maurischen Hure. Es ist abgebrannt.«
»Diese fromme Nachricht konntest du ihm gestern natürlich nicht zukommen lassen. Da hast du selbst auf dem Dachboden gesessen und gezündelt, stimmt’s?«
In dem Gesicht zuckte es, und leise stöhnte der Gefangene: »Nehmt es fort.«
»Das glühende Eisen? Ja? Was glaubst du, wie die Maurin sich gefühlt hat, als die brennenden Balken über ihr zusammenbrachen?«
Das Metall streifte seine Stirn, und Derich heulte auf.
»Sie hat es befohlen. Ich musste es tun!«
Hardwin hob den Schürhaken ein Stückchen an.
»Ihr musstet wohl auch die Kanalratten mit Feuer schrecken, was?«
»Sie hat es befohlen.«
»Sie hat dir viel zu befehlen, die edle Frau. Warum, Derich?«
Wieder wand er sich vor Unbehagen und Angst.
»Hat ihr Bruder dir auch zu befehlen?«
»Ist mein Herr.«
»Aha. Er bezahlt dich. Sie auch?«
Heftiges Nicken.
»Wofür, Derich?«, peitschte Leons Frage durch den Keller. »Für die Drecksarbeit? Um tote Kinder zu besorgen, Boten zu ermorden, falsche Münzen zu verteilen, gestohlene Pferde zu verkaufen?«
»Sie haben’s befohlen!«, kreischte der Mann. »Aber ich bin kein Mörder! Ich hab ihn nicht umgebracht!«
Wieder tauschten Hardwin und Leon einen Blick.
»Der Vogt wird es anders sehen, die Schöffen auch.«
»Herr Ramon hat ihn ersäuft. Wie den Vergolder auch. Und den Bilk.«
»Die Magd?«
»Das war die Herrin selbst.«
»Du armes, unschuldiges Lamm. Du hast nur gefälscht, betrogen, bespitzelt und Brände gelegt.«
»Weil sie’s gewollt haben.«
»Du gibst es also zu.«
»Nicht den Mord. Nicht den Mord.«
»Schön, also nicht den Mord. Aus welchem Kloster bist du geflohen?«
Jetzt zitterte Derich am ganzen Leib, und es begann unangenehm nach Fäkalien zu riechen.
Das glühende Eisen tat seine Wirkung, und stückchenweise bekamen sie seine Geschichte aus ihm heraus. Er war vor fünf Jahren aus dem Franziskanerkloster in Nürnberg entwichen, wo er sich verkrochen hatte, weil er von den Obrigkeiten wegen verschiedener Gaunereien verfolgt wurde. Er stammte aus einer Gauklersippe und verfügte über ein nicht unbeträchtliches Talent für Verstellungen und Lügengeschichten. Das karge Leben der Minderbrüder bot ihm zwar für einige Jahre Schutz, gefiel ihm aber überhaupt nicht. Er entfloh dem Kloster und wollte sich nach Süden durchschlagen, begegnete dann auf dem Weg dorthin den aus Venedig kommenden Geschwistern Ramon und Almodis. Die Edle von Bilk, zu jener Zeit schon verwitwet, durchschaute ihn, als er versuchte, sie um ihre Reisekasse zu erleichtern. Seine schauspielerischen Talente allerdings nahmen das betrügerische Pärchen für ihn ein. Da auch sie in Nürnberg Halt machten, waren ihnen seine Ortskenntnisse von Gewinn. Er brachte sie mit dem Schlitzohr Thomas zusammen, und gemeinsam bauten sie das Geschäft des Münzfälschens auf. Dass die beiden auch vor gewalttätigen Verbrechen nicht zurückscheuten, entdeckte Derich erst nach und nach. Beispielsweise brüstete sich Ramon einst im Rausch, dass er tätig dazu beigetragen hatte, den Ritter von Bilk vom Leben zum Tode zu befördern. Auf Wunsch seiner Schwester natürlich. Derich war gewissenlos genug, sich davon nicht sonderlich abschrecken zu lassen. Ihm gefielen die Rollen, die er übernehmen sollte, die Tricksereien und Täuschungen, in denen er immer vollkommener wurde. Besonders gern gab er sich als Mönch aus und hatte großen Erfolg damit, da er das Klosterleben gut genug kannte, um sich überall anzupassen. Immer sicherer und dreister war er geworden. Auf diese Weise hatte er sich auch Zugang zum Hofstaat des Erzbischofs verschafft, um dort herauszufinden, ob und wann der Dispens für Pater Ivo erteilt wurde. Er gab zu, die Aufgabe, den Herrn vom Spiegel zu bespitzeln, habe ihm große Freude bereitet. Er hasste Kleriker, schwarze Benediktinerpater insbesondere.
Jetzt hatte er Angst.
Er versuchte, sie vor seinen Peinigern zu verbergen, aber das kalte Lächeln in Hardwins Gesicht und die schwarze Wut in den Augen von Leon de Lambrays weckten lange nicht mehr gehegte Gefühle. Todesfurcht war eines davon.
Almodis und Ramon mochten skrupellos und gefährlich sein, gemein, hinterhältig und verschlagen. Aber er kannte auch ihre Schwächen, ihre Habgier, ihren Machthunger, ihre Rachegedanken, ihre Wollust.
Seine beiden
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