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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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die Tür und schloss sie leise hinter ihr.
    »Euer Majordomus wird uns ein Essen bringen. Er meinte... er glaubt, es würde Euch behagen, mit mir zu speisen.«
    »Erstaunlich viele Leute glauben in der letzten Zeit, beurteilen zu können, was mir behagt und was nicht.«
    »Und das behagt Euch nicht?«
    Mit einem brummigen Herrn umzugehen, fiel Almut weitaus leichter als mit dem Mann, dessen Berührungen und Küsse sie zum Schwanken gebracht hatten.
    »Nein. Aber setzt Euch. Ihr habt, scheint’s, schmutzige Arbeit getan.«
    »So kann man sagen.«
    »Das sind Brandlöcher am Saum Eures Kleides. Ihr habt Eurer Schwester geholfen? Wie geht es der Maurin?«
    »Sie wird sich wieder erholen, aber der Verlust all ihrer Habe hat sie tief getroffen.«
    »Wenn dies alles vorbei ist, wird man sehen, wie ihr zu helfen ist.«
    »Dies alles, Herr, ist fast vorbei. Ich habe...«
    Almut kam nicht zu ihrem Geständnis, denn Frau Nelda brachte Schüsseln, Brot und einen Krug Wein. Als sie gegangen war, reichte Ivo vom Spiegel ihr den Pokal mit dem Burgunder und lächelte zum ersten Mal.
    »Bisher habt immer Ihr mir Essen gereicht, meist um mein Wohlwollen durch einen gut gefüllten Bauch zu erzwingen.«
    »Es ist mir das eine oder andere Mal gelungen, nicht wahr?«
    »Ja, Ihr habt mich selbst bei unserem ersten Zusammentreffen zu besänftigen gewusst.«
    »Eine Tatsache, die Ihr gut verborgen habt.«
    Er nahm von dem gesottenen Lamm und tunkte sein Brot in die dunkle Sauce. Almut tat es ihm nach, obwohl sie keinen besonderen Appetit hatte. Was sie zu berichten hatte, lag ihr wie ein Stein im Magen. Aber auch ihr Gastgeber schob nach wenigen Bissen die Schüssel beiseite und nahm einen Schluck von dem roten Wein.
    »Und was haltet Ihr vor mir verborgen?«, fragte er und sah sie durchdringend an.
    »Ich...« Sie nestelte den Beutel an ihrem Gürtel auf und zog die Marienstatue hervor. Dann das zerknautschte Stück Pergament.
    »Dies!«, sagte sie und legte es auf den Tisch neben die goldene Figur.
    Ivo vom Spiegel nahm das Dokument, faltete es auseinander.
    Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht, während er es las.
    Einmal, dann glattstrich.
    Dann noch einmal las.
    Aufsah.
    Ein drittes Mal las.
    Dann sah er sie an.
    »Woher habt Ihr das?«
    »Aus den Händen der Verräterin. Sie liegt in Banden in Meister Krudeners Gebeinekeller, bis Ihr entscheidet, was mit ihr geschehen soll.«
    Almut wartete bänglich auf seine Antwort, aber die ließ auf sich warten.
    »Was, im Namen des Allmächtigen, ist vorgefallen?«, stieß er dann endlich hervor. »Begine, Ihr habt Euch in Gefahr begeben!«
    »Nur schmutzige Arbeit geleistet, Herr.« Sie stand auf und hob trotzig das Kinn. »Ich habe den Sieg davongetragen, und mir ist nichts geschehen.«
    Er sprang ebenfalls auf und ergriff ihre Arme.
    »Sie ist eine hinterhältige Viper. Sie scheut vor Gift und Feuer nicht zurück.«
    »Nein. Aber...«
    »Wer hat sie überwältigt?«
    »Nun...«
    »Krudener gewiss nicht.«
    »Nein, ich...«
    »Leon war bei mir.«
    »Es war Maria, wisst Ihr.«
    Fassungslos starrte er sie an.
    »Was soll das heißen?«
    »Sie war plötzlich in meiner Hand. Ich wollte es gar nicht. Es ist schändlich. Es ist gotteslästerlich, was ich getan habe. Aber es ist geschehen. Herr, ich habe sie mit der Statue niedergeschlagen, die Ihr selbst geweiht habt.«
    Sein Griff um ihre Arme löste sich, er machte einen Schritt rückwärts und ließ sich in den Sessel fallen.
    »Es gibt einen Gott«, sagte er und begann lauthals zu lachen.
    Verdutzt, dann aber erleichtert beobachtete Almut ihn, und ganz plötzlich erschloss sich auch ihr die Ironie, die er in ihrem Handeln erkannte.
    »Wenn sie herausfindet, was geschehen ist, wird ihr die Vorstellung, von der Heiligen Jungfrau erschlagen worden zu sein, auch nicht behagen«, murmelte sie.
    »Gewiss nicht.« Noch immer lachend schüttelte Ivo vom Spiegel den Kopf. »Reicht mir die streitbare Mutter.«
    Sie legte die kleine Figur in seine Hände, und er betrachtete sie lange. Die letzten Sonnenstrahlen lagen auf ihrem Gesicht, der Knabe auf ihrem Knie schmiegte sich an ihre Brust und das seltsam geformte Kreuz in ihrer Hand schimmerte sanft.
    »Ich habe Trost und Heilung in ihr gefunden. In den tiefsten Tälern der Verlorenheit, in den dunkelsten Stunden meines Lebens, in der schmerzlichsten Not und Einsamkeit war sie bei mir. Und in Ihr Euer Geist.«
    »Ja, Herr?«
    »Ja. Ihr habt viel Ähnlichkeit mit der barmherzigen Mutter.«
    In seinen Augen

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