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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Safran gekostet, die knusprige Kruste ihres Schweinebratens mit Äpfeln und Rosinen genossen habt, werdet Ihr Euch Euer eigenes Urteil gebildet haben.«
    »Almut schmiert mir nur wieder Honig ums Maul, weil sie auf die süßen Wecken aus ist, die ich heute Morgen gebacken habe. Und die sind allemal besser als die von der Pastetenbäckerin«, schnaubte Gertrud und füllte kühlen Apfelwein in Becher.
    Vorsichtig legte Almut nun doch das kleine Kätzchen zu seiner Mutter in den Korb, wo es sofort kräftig an deren Bauch zu treteln begann. Die beiden anderen schlossen sich an, und kurz darauf schnurrte Teufelchen mit jenem beseligten Ausdruck einer glücklich säugenden Katze in ihrem Gesicht. Gertrud legte Almut die Hand auf die Schulter, und ihre Stimme war leise und gar nicht mehr unwirsch.
    »Wird für dich auch bald die Zeit kommen, Almut.« Sie straffte sich und bemühte sich, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen, um ihren Kummer der Fremden gegenüber nicht zu zeigen. Doch die hatte es bereits bemerkt und sagte mit sanfter Stimme: »Ihr habt ein Kind verloren. Ich weiß, wie das schmerzt, Frau Almut.«
    »Schon gut. Es ist lange her. Gertrud, wo sind die gepriesenen Wecken?«

9. Kapitel
    Die Hebamme war eine kundige Frau, und die Schwangeren und Gebärenden nahmen ihre tatkräftige Hilfe gerne in Anspruch. Sie lebte in einem der schmalen Häuschen hinter der alten Stadtmauer, hielt sich im hinteren Hof ein paar Hühner und ein Schwein, das gerne in den Abfällen der Gasse wühlte. Sie pflegte ihren Kräutergarten, hielt ihre schlichten Kleider reinlich und besuchte regelmäßig die Messe. Wann immer ein Bote zu ihr kam, ob bei Tag oder in der tiefsten Nacht, ob bei Regen oder in brütender Hitze, machte sie sich auf, um die lebenswilligen Neuankömmlinge in die Welt zu holen. Es war ihr gleichgültig, ob es sich bei den Müttern um Patrizierfrauen oder Handwerkerinnen handelte, sie nahm sich auch der Liebesdienerinnen vom Berlich an und der müden, ausgelaugten Frauen der Tagelöhner. Man entlohnte sie, so gut es eben ging, und sie hatte es zu einem gewissen Wohlstand gebracht, den sie aber nicht zur Schau trug.
    Was auch besser war, denn neben dem ehrenhaften Geschäft der Geburtshelferin führte sie ein zweites, weit weniger gut angesehenes, wenn auch notwendiges und gelegentlich erheblich einträglicheres. Diejenigen, die ihre Hilfe benötigten, wussten von ihren Kenntnissen, schwiegen aber aus guten Gründen einhellig darüber. Dennoch war es in den unergründlichen Kanälen der gewisperten und getuschelten Nachrichten bekannt, dass sie gewisse Kräuter einzusetzen pflegte, wenn die Frucht des Leibes nicht erwünscht war. Ihre Kundinnen besuchten sie im Schutz der Dunkelheit oder ließen sie heimlich zu sich kommen. Sie fragte nie, warum sich eine Frau des Pfands der Liebe oder der Gewalt zu entledigen wünschte - sie wusste viel zu gut um die Gründe. Armut, Scham, Seitensprung, Vergewaltigung brauchte man ihr nicht zu erklären. Sie kannte die genaue Dosierung von Mutterkorn und anderen Pflanzen, die mal die normale Geburt erleichterten, in anderer Menge jedoch den unerwünschten Segen des Leibes beseitigten. Auch in diesen Fällen stand sie ihren Kundinnen bei und kümmerte sich stillschweigend auch um die Beseitigung der kleinen Engel. Wie, darüber schwieg sie noch weit tiefer.
    Denn es gab noch eine Gruppe von Kunden, die sie bediente. Aber vor denen hatte sogar die weise Frau eine gut begründete Angst.
    Ihr Gold indes nahm sie.

10. Kapitel
    Es war lange hell an diesem sonnigen Maitag, und am Abend fand sich Almut in Claras Kammer ein. Die Begine wirkte noch immer ein wenig fiebrig, und die beständigen Schmerzen hatten feine Linien in die zarte Haut ihres Gesichts gezeichnet. Einige unbeschriebene Blätter lagen auf dem Boden verteilt, ein dicker Foliant ruhte zugeschlagen auf dem Lesepult. Das wirkte so ganz anderes als sonst, denn üblicherweise kratzte Claras Feder eifrig über das Pergament oder die kluge Frau war in gelehrte Texte vertieft. Um sie von ihrem Leid abzulenken, hatte Almut es sich zur Aufgabe gemacht, sie mit dem neuesten Klatsch zu versorgen, und erzählte ihr von der Edlen von Bilk, während sie ihr half, einen frischen Salbenumschlag anzulegen.
    »Sie ist eine umgängliche Frau, hilfsbereit und nicht aufdringlich!«
    »Also nicht die honigmäulige Heuchlerin, die uns Rigmundis angedroht hat.«
    »Ob sie irgendwas heuchelt, weiß ich nicht, aber sie schwatzt nicht viel. Auf jeden

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