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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ihn jedoch bei seiner Jagd beobachtet, und mit einem rauen Krächzen verständigten sie sich miteinander. Ihre schwarzen Schwingen trugen sie empor, und von zwei Seiten aus attackierten sie den heimfliegenden Falken. Der, sich seiner Widersacher aus vorherigen Kämpfen um seine Beute durchaus bewusst, versuchte ihnen mit einem wilden Schwenk auszuweichen. Wieder stürzten sich die zwei Angreifer auf ihn, und um ihren hackenden Schnäbeln zu entkommen, entließ er, wie sie es beabsichtigt hatten, die kleine Katze aus seinen Krallen, noch bevor er seinen heimischen Turm erreichte. Das Tierchen fiel aus großer Höhe hinab und schlug hart auf einer Mauer auf. Hier hauchte es sein kurzes Leben aus.
    Doch auch die Raben waren Verlierer in diesem Kampf. Denn jemand hatte das Schauspiel beobachtet und nahm sich mit einer heimlichen Bewegung des kleinen, weichen Leichnams an.

14. Kapitel
    »Ich könnte Euch ein hübsches Zimmerchen vermieten, Almut, dann müsstet Ihr Euch nicht immer vom Konvent hierherbemühen«, feixte Franziska, als Almut nach dem Sextläuten in die Küche des Adlers trat. Doch als sie das ernste Gesicht der Begine bemerkte, schwand auch das Lächeln der Wirtin.
    »Die Angelegenheiten um den Toten in Eurem Braukessel entwickeln sich zu einer unangenehmen Sache, Franziska«, sagte Almut, ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten. »Nicht nur mich, sondern auch Euch ist es bestimmt nicht angenehm, dass man nun von Mord spricht.«
    Die Adlerwirtin nickte. »Wie wahr. Allerdings zieht es viele Kunden an, und alle wollen mein Bier probieren.«
    »Manche Menschen sind roh und gefühllos. Mit ihrem hirnlosen Geschwätz malen sie immer größere Teufel an die Wand. Dabei muss es sich um ein Missverständnis handeln, Franziska. Ihr kennt Pater Ivo und wisst, dass er kein Mörder ist.«
    Die Adlerwirtin bemühte sich, ein teilnehmendes Gesicht zu zeigen, während sie unermüdlich den langen Spieß über dem Feuer drehte, auf dem sechs Hühner knusprig brieten. Aber Almut vermutete, dass sie sich an den Spekulationen der Gäste und Schankmädchen kräftig beteiligt und die Verdächtigungen nicht ganz von der Hand gewiesen hatte. Ivo vom Spiegel konnte auf einfache Gemüter verheerend wirken. Bedrohlich, streng, sogar unheimlich konnte er auftreten, und die Ängstlichen fanden Vergnügen daran, ihn nun gänzlich schwarzzumalen und sich an ihrem eigenen Grauen zu ergötzen.
    »Ihr habt bestimmt recht, Almut. Ihr kennt den Pater ja gut. Aber es heißt, er habe den Thomas halb zu Tode geprügelt. Und das ist einem Mönch nicht angemessen.«
    Almut beschloss, nicht darauf einzugehen, sondern sich auf ihre Fragen zu konzentrieren.
    »Jener schwarzhaarige Herr, der Freund des Vergolders, der das Brevier gefunden hat, hat er seinen Namen genannt?«
    »Ja, das hat er, aber ich erinnere mich nicht mehr genau. Es übernachten so viele Durchreisende bei uns, da kann ich mir nicht alle merken.«
    Almut spitzte die Ohren. »Er hat sogar bei Euch übernachtet?«
    »Ach ja, vor Ostern einige Tage. Deswegen habe ich mich auch ein bisschen gewundert, dass er noch einmal hier erschienen ist. Ich dachte, er sei schon lange weitergereist.« Wieder grinste die kleine Wirtin. »Ein schönes Mannsbild, daran erinnert man sich gerne. Wenn ich nicht meinen Simon hätte, wär er mir auch noch mehr als einen zweiten Blick wert gewesen.«
    »War sein Name vielleicht Leon de Lambrays?«
    Franziska dachte nach, so intensiv, dass sich eine tiefe Falte über ihrer Nase bildete, und vergaß dabei, den Spieß weiter zu drehen. Zischend tropfte das Fett in die Glut, und kleine Stichflammen schossen auf. Erschrocken kehrte sie aus der gedanklichen Anstrengung zurück und schüttelte den Kopf. »Kann sein, kann auch nicht sein. Ich hab’s einfach nicht behalten. Aber ich werde Simon fragen, ob er sich erinnert.«
    Sie huschte, bevor Almut ihr Einhalt gebieten konnte, zur Tür hinaus. Kopfschüttelnd griff sie zu dem Spieß und rettete das Geflügel davor, auf einer Seite zu verkohlen, indem sie ihn langsam weiterdrehte. Zehn Runden später erschien die nachlässige Köchin wieder und schlug entsetzt die Hand vor den Mund. »Heilige Sankte Marthe bei ihrem Kochlöffel, da hätte ich fast das Hühnervolk dem Scheiterhaufen überlassen. Danke, Ihr habt mit Eurem Eingreifen das Mittagsmahl gerettet.«
    Rasch übernahm sie wieder die Dreharbeit und berichtete, dass auch der Schmied so gut wie nichts mit dem Mann zu tun gehabt hatte und nicht weiterhelfen

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