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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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und sprach: »Der Herr beschütze deinen Eingang und deinen Ausgang«, und der Chor antwortete ihm dumpf: »Von nun an bis in Ewigkeit.«
    Dann gab Theodoricus den beiden Maurern das Zeichen, die Klause zu schließen. Sauber und ordentlich setzten die beiden Stein auf Stein. Akkurat fuhr die Kelle des Gesellen über die Ziegel und verteilte den Mörtel, und keiner hörte, wie er leise zu dem stummen Mann auf der harten Bank sagte: »›Nun aber bleiben Glaube, Liebe und Hoffnung, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen.‹«
    Todtraurige Augen blickten durch das winzige Fenster, als die letzten Steine eingefügt wurden.
    Die Maurer traten zurück, und der Abt besprengte die Klause mit Weihwasser und sprach laut und vernehmlich: »Ruhe in Frieden, Amen.«
    Dann wandte er sich ab und führte die Mönche zurück ins Kloster. Auch die Gemeinde verlief sich schweigend, die meisten erschüttert über das Schicksal, das der Sohn des wohledlen und hoch angesehenen Patriziers Gauwin vom Spiegel gewählt hatte. Die Gerüchte über seine Beteiligung an den Morden waren verstummt.
    Zumindest weitgehend.

20. Kapitel
    Theodoricus sah blass und erschöpft aus, Almut, nun wieder in ihrer grauen Beginentracht, nicht minder.
    »Ihr habt Eure Maria geopfert«, stellte der Abt leise fest.
    »Die Mutter der Gnade wird ihm in den nächsten Tagen mehr helfen als mir, ehrwürdiger Vater.«
    »Ihr Anblick wird ihn erinnern und quälen.«
    »Sicher. Das war meine Absicht.«
    »Ihr glaubt, dass ihn das am Leben erhält?«
    »Ich hoffe es.«
    »Ich auch. Alsdann, listenreiche Frau Almut, welches sind die nächsten Schritte, die Ihr plant?«
    »Euer Einverständnis vorausgesetzt, möchte ich mich mit Bertram über den Vergolder Thomas unterhalten. Es muss einen Zusammenhang geben zwischen ihm und dem Brevier, das bei der Leiche im Adler entdeckt wurde. Mein Bestreben ist es, denjenigen zu finden, der hinter diesen Verleumdungen steckt.«
    »Habt Ihr einen Verdacht?«
    »Ich habe einen, und dazu habe ich bereits Erkundigungen eingezogen. Ihr erinnert Euch an den Ritter Gero von Bachem?«
    »Nur zu gut, Frau Almut. Aber wie steckt er in diesem bösen Spiel?«
    »Ein undurchsichtiger Kumpan, der sich als Pferdeknecht ausgibt, hat Arbeit in Simons Schmiede gesucht, gleich nachdem der erzbischöfliche Kurier ermordet wurde. Er gibt an, in Herrn Geros Diensten gestanden zu haben, und hat Nachforschungen über Pater Ivo angestellt. Ich habe Nachricht an den Ritter gesandt, er möge mir von jenem Hardwin berichten.«
    »Klug, Frau Almut. Aber wenn Ihr ihn zur Rede stellt, tut es nicht alleine.«
    »Erst muss er wieder auftauchen, denn vorige Woche ist er mit dem besten Pferd aus dem Adler verschwunden.«
    »Schau an.«
    »Zudem geistert ein schwarzhaariger Mann umher, der ebenfalls immer wieder auftaucht, wenn es um Gerüchte über Ivo geht. Möglicherweise ist es Leon de Lambrays. Ein Weinhändler aus Burgund.«
    »Den Ihr kennt.«
    »Pater Ivos Sohn.«
    »Oh.«
    »Sie haben sich vergangenes Jahr gestritten.«
    »Wie unerwartet.«
    »Eine lange Geschichte, ehrwürdiger Vater. Aber ja, Ihr habt recht, sie scheinen sich sehr ähnlich zu sein. Ob der Streit so tief ging, dass der Sohn den Vater verdammt, weiß ich nicht.«
    »Ihr wollt es nicht glauben.«
    »Nein. Beide sind hartköpfig, und ihr Wille brennt wie eine lodernde Fackel, wenn man sie herausfordert, aber im Herzen sind beide gut. Nichtsdestotrotz muss ich Leon finden, denn vielleicht hat man ihn und seinen Zorn ohne sein Wissen benutzt.«
    »Ihr habt schon Beachtliches in die Wege geleitet. Mehr als ich. Aber ich werde noch einmal unseren Bruder Camerarius und den Bruder Bierbrauer ausführlich nach Herkunft und Verhalten des Vergolders befragen. Wir wollen unsere Erkenntnisse zusammenlegen, Frau Almut, wenn wir neue Bröckchen eingesammelt haben. Und nun widmet Euch dem jungen Schnitzer.«
    »Danke, Vater Abt.«
    »Die barmherzige Mutter sei mit Euch und lenke Eure Wege, Frau Begine.«
     
    Bertram saß in seiner Werkstatt, umgeben von duftenden Holzspänen, klobigen Scheitern, scharfen Messern und Sticheln, Feilen und Meißeln, betenden Aposteln, sich aufschwingenden Engeln, Ochs und Esel, einem schlafenden Hündchen, brüllenden Löwen und ein paar turtelnden Tauben. Letztere waren nicht aus Holz und flatterten auf, als Almut eintrat.
    »Ein wahrer Heiliger bist du geworden, Bertram. Inmitten wilder Tiere sitzt du hier wie Hieronymus im Gehäus.«
    Der Novize setzte das

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