Das brennende Gewand
Ich muss alles durchsieben!«, zeterte Franziska.
»Dann komm das nächste Mal mit und handle du mit dem Müller«, murrte der Schmied. »Ich hab Besseres zu tun, als deine Einkäufe zu erledigen.«
»Besseres?«, keifte die kleine Wirtin. »Besseres, als für deinen ungeborenen Sohn zu sorgen? Mit schmutzigen Bauern mein Bier saufen, das ist besser? Mit den Holzköpfen aus dem Wik würfeln? Das ist besser?«
Fidgin untermalte das Gezeter mit einem Kreischen, denn der Esel hatte sein Ziel erreicht und herzhaft zugekniffen.
Almut trat entschlossen zu den Streithähnen.
»Ich grüße Euch, Wirtsleute. Beendet Euren Disput und gewährt mir eine Bitte.«
»Frau Almut!« Franziska wandte sich mit hochrotem Kopf zu ihr um. »Ach ja, Ihr wollt schon wieder in meinen Ecken nach Staub und Mäusen stöbern. Genau wie der vornehme Herr Knappe, was? Meine Gäste aushorchen und Unruhe stiften.«
»Nein, ich möchte, dass Ihr, Simon, die Anklage gegen Hardwin, den Pferdeknecht, zurückzieht, damit man ihn aus dem Turm entlässt.«
»Kommt überhaupt nicht in Frage«, kreischte die Wirtin aufgebracht. »Der hat unser Pferd gestohlen. Und der hat mich mit seinen bösen Blicken behelligt. Der ist ein Dieb und ein Wüstling!«
»Beruhigt Euch, Franziska. Und besinnt Euch auf Euren Witz. Würde ein Dieb seine Beute zurückbringen?«
»Er hat’s aber mitgenommen. Ohne ein Wort zu sagen. Und seine Arbeit hat er auch nicht getan.«
»Ihr werdet ihm dafür den Lohn vorenthalten, und für das entliehene Reittier wird er Euch eine Miete zahlen.«
»Pah, das glaubt Ihr. Solches Gesindel macht hohle Versprechen. Nichts da, es bleibt bei der Anklage. Und ich werde ihn auch noch der Hexerei zeihen, so wie der immer geguckt hat!«
»Frau Franziska, Hardwin war der Reitknecht des Herrn Gero von Bachem und mir ein guter Lehrer. Er ist ein ehrenwerter Mann und...«
»Er ist ein Beutelschneider und Schurke. Und ich bin sicher, er hat noch mehr auf dem Kerbholz als nur Pferdediebstahl. Er hat genauso rumgeschnüffelt und heimlich getan wie Ihr, und bestimmt hat er auch den Mann in meinem Bier ersäuft.«
»Es langt, Franziska. Beschuldigungen dieser Art bringen Euch nur ins Unglück. ›Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft; und wer frech Lügen redet, wird nicht entrinnen.‹ So steht es geschrieben.«
»Wer ist denn hier der falsche Zeuge?«, geiferte die Wirtin weiter, die Hände auftrumpfend in die Hüften gestemmt, und der Esel wieherte zustimmend.
»Werdet Ihr jetzt endlich den Mund halten, damit wir mit Eurem Mann reden können? Denn er, nicht Ihr, wird über die Anklage entscheiden.«
»Ach, dem Trottel soll ich eine Entscheidung überlassen? Der kann ja noch nicht mal einen faulen Kohlkopf von einem frischen unterscheiden. Der hat den Halunken doch eingestellt.«
»Ruhe, Weib!«, donnerte Almut die aufgeplusterte Wirtin mit der Lautstärke an, die sie auf den lärmenden Baustellen ihren Vaters gelernt hatte. Verdutzt schloss die Wirtin ihren Mund, und in die Stille fragte Leon: »Schmied, wie viel verlangt Ihr als Miete für das Pferd und den Schaden, den die Abwesenheit des Knechtes verursacht hat?«
»Nichts«, grummelte Simon. »Ist ja kein Schaden entstanden. Das Ross ist gut gepflegt und der Besitzer hat’s nicht bemerkt.«
»Dennoch hattet Ihr Unannehmlichkeiten. Nehmt dies dafür.« Er händigte dem Schmied ein paar Münzen aus, und der nahm sie mit einem kurzen Nicken an. »Werd gleich im Turm vorsprechen.«
»Du lässt dich bestechen?«, kreischte Franziska und wollte nach den Geldstücken greifen. Doch nun wachte auch der phlegmatische Schmied aus seiner Ruhe auf und donnerte sie ebenfalls an: »Ruhe, Weib! In die Küche mit dir!«
»Du auch? Du?« Die kleine Wirtin schluchzte plötzlich auf und hielt sich die Hand vor den Mund. Dann rannte sie ins Haus. Simon sackten die Schultern nach unten, und er sah Almut entschuldigend an.
»Es ist wegen dem Kind. Ihr geht’s manchmal nicht so gut, und dann wird sie ein bisschen zänkisch. Ich kümmere mich um den Hardwin. Aber erst um sie.«
»Schon gut, Simon. Ich verlasse mich auf Euch.«
Sie drehte sich zu Fidgin um, die begeistert dem Wortwechsel zugehört hatte, und gab ihr den guten Rat, sich schleunigst an ihre Arbeit zu machen. Dann strebte sie dem Hoftor zu, während die beiden Männer ihr folgten.
»Sie ist eine Kratzbürste, mit oder ohne Kind«, murmelte Fredegar. »Wie hält der Schmied es nur mit ihr aus?«
»Er hat ein dickes Fell, das
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