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Das brennende Gewand

Das brennende Gewand

Titel: Das brennende Gewand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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blaues Wams aus gutem Tuch trug und einen kupferbeschlagenen Gürtel. Die Wirtin entsinnt sich, blonde Haare bemerkt zu haben, die ihm unter der Gugel über die Stirn gefallen seien.«
    »Eine einfache und wirkungsvolle Verwandlung. Vor allem, wenn man ein nichtssagendes Gesicht sein Eigen nennt. Wenn es stimmt, was ich mir ausgerechnet habe, hat Roderich oder sein Diener Derich den Kurier umgebracht und das Pferd mitgenommen. Derich war an dem Tag später im Kloster als Mönch verkleidet und hat miterlebt, wie Pater Ivo den Vergolder verprügelt hat. Vermutlich hat er ebenfalls gehört, dass er ein Pferd kaufen wollte. So wird ein stimmiges Bild daraus.«
    »Ja, Frau Almut. So könnte es gewesen sein. Hardwin, Frau Almut, könnte uns bestimmt sogar noch Weiteres dazu beitragen, denn er war zu der besagten Zeit in der Schmiede. Deswegen glauben die Wirtsleute auch, dass er irgendwie daran beteiligt war. Aber das stimmt nicht.«
    »Dann wollen wir ihn nachher eingehend befragen. Entweder er steckt mit diesen Schurken unter einer Decke, oder er weiß etwas über sie, das uns von Nutzen sein kann.«
    Die Glocken läuteten zur Sext, und nach und nach fanden sich die Beginen im Refektorium ein. Almut sah Fredegar warnend an, als der zu einer Antwort ansetzte.
    »Es ist Zeit für das Mittagsmahl. Möchtest du mit uns speisen, Fredegar?«
    »Wird es Euch auch nicht zu viele Mühen bereiten?«
    Sie lächelte ihn an.
    »Wenn du zu schweigen weißt, sicher nicht.«
    Als Magda eintrat, erhob sie sich und fragte die Meisterin um Erlaubnis, einen Gast bewirten zu dürfen. Fredegars ehrerbietige Verbeugung und seine höflichen Worte verfehlten auch hier ihre Wirkung nicht, und gnädig nickte sie.
    »Auch ich habe einen Besucher, der unser karges Mahl teilen wird. Der Herr de Lambrays traf soeben ein und bat, mit dir sprechen zu dürfen, Almut.«
    Hinter ihr tauchte Leon auf, und zusammen mit Fredegar wurde die einfache Bohnensuppe für die zwölf Beginen ein wahrer Sonntagsbraten.
     
    Flankiert von zwei stattlichen Begleitern stand Almut am frühen Nachmittag am Eigelsteintor, dessen Turm den Wachen als Gefängnis diente. Der Turmvogt gab sich unwillig, zwei Stadtfremden und einer grauen Begine zu erlauben, den Gefangenen, einen gefährlichen Verbrecher und Pferdedieb, zu sprechen. Doch mit heimlichem Vergnügen lauschte Almut, wie der Sohn seines Vaters mit lässiger Arroganz den armen Hauptmann zügig zu einem ausgefransten Stück Pergament zusammenfaltete und ihr junger Gefolgsmann mit ausgesuchter Höflichkeit ein ritterliches Hoheitssiegel daraufdrückte. Sie musste nicht einmal Maria um Beistand für ihre spitze Zunge anrufen, beide Herren führten ein sauber geschliffenes Schwert, und kurz darauf wurden sie zu der kargen Zelle geführt, in der Hardwin zusammengesackt auf einer gemauerten Bank saß.
    Er sah hoch, als die drei eintraten, und wieder konnte die Begine das sprachlose Erstaunen im Blick eines Mannes erleben, der einem Geist aus der Vergangenheit begegnete.
    »Herr Ivo!«, keuchte der Pferdeknecht und fiel auf die Knie.
    »Nicht der Herr vom Spiegel, Mann. Lambrays ist mein Name. Aber wie wir hörten, hast du dich nach dem Herrn erkundigt. Und ihm hinterherspioniert.«
    »Oh Gott. Heiliger Mauritius, steh mir bei. Ich schwöre, Herr. Ich schwöre, Frau Begine, nie habe ich meinem Herrn hinterherspioniert. Ich schwöre, Jung-Fredegar, Eurem und des Ritters Freund habe ich nie Böses gewollt.«
    Almut betrachtete den Mann zu ihren Füßen. Die Spuren, die das harte Zusammentreffen mit den Schmiedefäusten hinterlassen hatte, zeichneten sich in seinem Gesicht ab. Die geschwollene Wange und die aufgeplatzte Lippe mussten ihm wehtun, aber seine Augen sahen bittend und ehrlich zu ihr hoch. Sie leuchteten grün aus einem braungebrannten Gesicht, das wie verwittertes Holz wirkte, und der graubraune Pelz, aus dem sein Wams gefertigt war, wiederholte sich in seinen kurzen, struppigen Haaren. Es flog sie kurz der Gedanke an, dass Bertram hingerissen sein müsste, dieses Gesicht schnitzen zu können. Das Leben hatte es beschrieben, und es waren Härte, starker Wille, Trauer und nun Angst darin zu lesen. Keine Verschlagenheit, keine Tücke.
    »Du weißt, wer ich bin, Hardwin?«, fragte sie und gab ihrer Stimme einen nüchternen Klang.
    »Frau Almut seid Ihr. Und mein Herr, so heißt es, ist Euch zugetan.«
    »Du bist neu in der Stadt, woher weißt du das?«
    »Ich bin so neu nicht, nur lange fort gewesen. Es gibt noch

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