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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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anzumaßen. Das war ein Zeichen für Alfreds Dominanz im sächsischen Mercien, eine Dominanz, die Æthelred heimlich verabscheute. Er konnte Alfreds Tod kaum erwarten, um seinen Reif endlich in eine echte Krone zu verwandeln, doch er war auch auf die Unterstützung angewiesen, die Wessex ihm bot. Bischof Asser, durchtrieben und scharfzüngig, war zweifellos hier, um Alfreds Anweisungen weiterzuleiten, doch nun stand er auf und zeigte mit seinem knochigen Finger auf mich. «Ihr!», sagte er. Ein paar Hunde waren auf Æthelflæd zugestürmt, um sie zu begrüßen. Sie beruhigte sie. Gemurmel hatte sich erhoben, doch Bischof Asser übertönte es. «Ihr seid zum Geächteten erklärt worden», kläffte er.
    Ich befahl ihm, er solle schweigen, doch er empörte sich und zeterte so lange, bis Pater Pyrlig ihn auf Walisisch ansprach. Ich habe keine Ahnung, was Pyrlig sagte, doch es brachte Asser zum Verstummen. Ich vermute, Pater Pyrlig hatte ihm enthüllt, dass Alfred selbst für meine Rückkehr gesorgt hatte - ein schwacher Trost für den Bischof, der mich als Kreatur des Satans betrachtete. Satan, so nennen sie den Dämon ihrer Religion. Jedenfalls blieb er still, als Æthelflæd auf das Podest trat und mit einem Fingerschnippen dafür sorgte, dass ihr ein Diener einen Stuhl brachte.    Sie beugte sich zu Æthelred hinunter und küsste ihn in aller Öffentlichkeit auf die Wange, doch sie flüsterte ihm auch etwas ins Ohr, und ich sah, wie ihm das Blut ins Gesicht schoss. Dann setzte sie sich neben ihn und griff nach seiner Hand. «Setzt Euch, Bischof», sagte sie zu Asser. Dann sah sie mit ernster Miene die versammelten Herren an. «Ich bringe schlechte Neuigkeiten. Die Dänen haben den Konvent von Lecelad zerstört. Die guten Schwestern sind ausnahmslos umgekommen, ebenso wie mein lieber Herr Aldhelm. Ich bete für ihre Seelen.» «Amen», dröhnte Pater Pyrlig.
    «Und wie ist der Herr Aldhelm zu Tode gekommen?», fragte Bischof Asser.
    «Die Zeit für traurige Geschichten wird kommen, wenn wir die drängendsten Entscheidungen gefällt haben», sagte Æthelflæd, ohne Asser auch nur eines Blickes zu würdigen. «Im Augenblick wünsche ich zu wissen, wie wir Jarl Haesten besiegen können.»
    In den folgenden Momenten herrschte allgemeine Verwirrung. Die Wahrheit war, dass keiner der versammelten Herren wusste, welches Ausmaß Haestens Überfälle bereits angenommen hatten. Mindestens ein Dutzend Boten waren über Nacht nach Gleawecestre gekommen, und sie alle hatten Berichte von wilden Überraschungsangriffen dänischer Reiter gebracht, und als ich den unterschiedlichen Schilderungen zuhörte, wurde mir klar, dass es Haesten darauf anlegte, die Mercier zu verunsichern. Er musste zweitausend oder dreitausend Männer haben, und diese Männer hatte er in kleinere Gruppen aufgeteilt, damit sie im nördlichen Mercien brandschatzten, plünderten und zerstörten. Es war unmöglich zu sagen, wo die Dänen waren. Sie schienen überall zu sein. «Was wollen sie?», fragte Æthelred klagend.
    «Er will da sitzen, wo du jetzt sitzt», antwortete ich.
    «Ihr habt hier nichts zu sagen», knurrte Bischof Asser.
    «Bischof», bemerkte Æthelflæd kühl, «wenn Ihr etwas Nützliches beizutragen habt, dann fühlt Euch bitte frei, es zu tun. Wenn Ihr Euch aber nur zum Ärgernis machen wollt, dann geht in die Kirche und tragt Gott Eure Beschwerden vor.» Im Saal herrschte erschrockenes Schweigen. Æthelflæd hatte Bischof Asser öffentlich herabgesetzt, und ihm gehörte die eigentliche Autorität im Saal, weil er Alfreds Gesandter war. Gelassen begegnete sie seinem entrüsteten Blick, bis er wegsah. Dann wandte sie sich wieder an die Herren. «Die Fragen, die wir beantworten müssen, sind einfach: Wie viele Dänen sind es? Worin besteht ihr Ziel? Wie viele Männer können wir aufbringen, um uns gegen sie zu stellen? Woher nehmen wir diese Männer?»
    Æthelred war immer noch bestürzt über die Rückkehr seiner Frau. Jeder der Herren im Palas musste von ihrer Entfremdung gewusst haben, doch hier war sie, hielt ruhig die Hand ihres Mannes, und niemand wagte es, ihre Anwesenheit in Frage zu stellen. Æthelred selbst war so fassungslos, dass er nichts unternahm, um ihre Ratsführung zu unterbrechen. Und sie machte ihre Sache gut. In Æthelflæds Aussehen lag eine süße Zartheit, doch diese Zartheit verbarg einen ebenso umsichtigen Verstand, wie ihr Vater ihn besaß, und einen ebenso starken Willen, wie er ihrer Mutter eigen war. «Sprecht

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