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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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niedrige Erdschwelle in den Marschen beim Wasserlauf endete. Es war Ebbe. Man konnte die trügerischen Sandbänke erkennen, dort, wo der Wasserlauf in die Marschen überging. Ich sah, dass Haesten seine neue Festung auf den letzten Zipfel festeren Grunds gebaut hatte, um dann noch einen breiten Graben    anzulegen, der ihre östliche Seite vor einem Angriff von vorn schützte. Auf diese Weise stand die Festung auf einer Insel, die etwa dreimal so lang wie breit war. Die südliche Palisade zog sich am Wasserlauf entlang und war durch das tiefe Flussbett geschützt, die westliche und nördliche Palisade erhoben sich über weite, überflutete Einbuchtungen und endlose Gezeitenmarschen, während die kurze östliche Palisade, die uns gegenüberlag und in der sich das Haupttor befand, durch den neuausgehobenen Graben gesichert war. Eine Holzbrücke hatte den Graben überspannt, doch nun, da die letzten Flüchtenden die Brücke überquert hatten, wurde sie zerlegt und ihre breiten Planken in die Festung getragen. Einige der Männer arbeiteten inmitten des Grabens, dessen Wasser ihnen nur bis zur Hüfte reichte. Also konnte er bei Ebbe durchquert werden. Das war ein schwacher Trost, denn der Unterschied des Wasserstandes zwischen Ebbe und Flut betrug hier wenigstens zweimal die Größe eines hochgewachsenen Mannes. Selbst wenn bei Ebbe der Graben durchquert werden konnte, war das jenseitige Ufer eine steile Schräge aus zähem und schlüpfrigem Morast.
    Im Inneren der Festung drängten sich die Gebäude. Einige hatten Plankendächer, andere Dächer bestanden aus Segeltuch. Strohgedeckte Häuser gab es nicht. Damit schützte sich Haesten gegen einen Angriff mit Brandpfeilen. Ich vermutete, dass viele der Balken und Pfosten, aus denen die Gebäude errichtet worden waren, aus dem Dorf stammten, dessen verkohlte Überbleibsel östlich der neuen Festung aufragten, dort, wo der flachere Abschnitt des Hügels am breitesten war. Dutzende von Dänen hausten in der langgestreckten Festung, doch noch mehr lebten offenbar an Bord der Schiffe. Mehr als zweihundert Kriegsschiffe    mit dem hohen dänischen Bug waren am anderen Ufer des Wasserlaufs weit auf den Strand hinaufgezogen worden. Die meisten waren entmastet, und auf einigen waren Planen über die in den Halterungen liegenden Masten gespannt. Wäschestücke trockneten auf ihnen, und im Schatten der Schiffe spielten Kinder im Sand oder gafften zu uns herauf. Ich zählte außerdem dreiundzwanzig verankerte Schiffe, deren Masten nicht abgebaut und deren Segel an der Rah eingerollt waren. Auf diesen Schiffen waren Männer, die jeden Augenblick auf See gehen konnten. Ich hatte darüber nachgedacht, ob ich Schiffe aus Lundene kommen lassen sollte, doch angesichts dieser Übermacht wäre jede kleine Flotte, die wir aufbieten konnten, schnell ausgeschaltet.
    Dann kam Steapa zu uns. Sein Gesicht, das durch die gespannte Haut und seinen düsteren Blick so furchterregend wirkte, hatte mit einem Mal einen beinahe ängstlichen Ausdruck. Er ließ sich vor Æthelflæd auf ein Knie nieder und zog sich den Helm vom Kopf. Sein Haar hing wirr herab. «Herrin», sagte er blinzelnd.
    «Steh auf, Steapa», sagte sie.
    Dieser Mann konnte es mit einem Dutzend Dänen aufnehmen, und sein Schwert war in drei Königreichen gefürchtet, doch vor Æthelflæd hatte er Angst. Sie war von königlichem Blut, und er war ein Sklavensohn. «Die Herrin Æthelflæd will, dass du den Hügel hinabsteigst, den Graben durchquerst, die Festungstore zertrümmerst und die Dänen verjagst», sagte ich gebieterisch.
    Einen Augenblick lang sah er mich erschrocken an, dann runzelte er die Stirn, aber er wusste nicht, was er sagen sollte.
    «Ich danke dir, Steapa», sagte Æthelflæd warmherzig    und rettete Steapa so aus seiner Verwirrung. «Du hast einen glänzenden Sieg errungen! Ich werde dafür sorgen, dass mein Vater von deinem Triumph erfährt.»
    Bei diesen Worten heiterte sich seine Miene auf, dennoch konnte er nur stammeln: «Wir hatten Glück, Herrin.»
    «Wir scheinen immer Glück zu haben, wenn du kämpfst. Wie ergeht es Hedda?»
    «Ihr geht es gut, Herrin!» Er strahlte Æthelflæd an, überrascht, dass sie sich zu einer solchen Frage herabließ. Ich vergaß den Namen von Steapas Frau, einem winzigen Geschöpf, immer wieder, doch Æthelflæd kannte ihn, und sie kannte sogar den Namen seines Sohnes. «Ist mein Bruder in der Nähe?», fragte sie.
    «Er hat mit uns gekämpft», sagte Steapa, «also wird er

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