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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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unser Ufer zu beleuchten, glimmten nur noch. Jetzt, so hoffte ich, würde die Aufmerksamkeit der Dänen nachlassen. Sie würden sich zu ihren Frauen legen, während wir in der Finsternis standen und warteten, unsere Finger über Waffen und Amulette gleiten ließen und auf das Plätschern des Wassers lauschten, mit dem die Ebbe das Wasser aus dem weiten Marschenland zog. Weohstan war draußen in dem mit Büschelgras bewachsenen Sumpf, und ich hatte ihm befohlen, mit seinen Männern gut sichtbar im Westen der Festung umherzureiten. Ich hoffte, das würde einige der Verteidiger vom eigentlichen Ort des Kampfes weglocken. Weitere zweihundert Männer hatte ich im Osten, sie hielten sich zum Angriff auf die Schiffe bereit, die am anderen Ende des Wasserlaufs ans Ufer gezogen worden waren. Diese Männer befehligte Finan. Ich verzichtete ungern auf ihn als meinen Nebenmann im Schildwall, doch ich brauchte einen echten Krieger, der den dänischen Fluchtweg absperrte, und es gab keinen Mann, der so erbittert und mit so klarem Kopf kämpfte wie er.
    Aber weder Weohstan noch Finan durften sich vor der Morgendämmerung zeigen. Nichts durfte vor der Morgendämmerung geschehen. Ein kalter Westwind trieb leichten Nieselregen heran. Priester beteten. Osferths Männer, deren Aufgabe es war, die aufgerollten Segel zu tragen, kauerten sich am Rand des Dorfes zwischen hohe Nesseln, kaum hundert Schritte vom Ufer des Grabens entfernt. Ich wartete mit Osferth einige Schritte von Edward entfernt. Er hielt schweigend das Goldkreuz umklammert, das um seinen Hals hing. Dann kam auch noch Steapa zu uns und    stellte sich an die Seite des Æthelings. Mein Helm lag mir kalt an Ohren und Hals, und mein Kettenhemd fühlte sich klamm an.
    Ich hörte die Dänen reden. Sie hatten nach jedem unserer Scheinangriffe Männer geschickt, um ihre Speere wieder einzusammeln, und ich vermutete, dass sie das im spärlichen Licht der ausgehenden Fackeln auch jetzt taten. Dann sah ich sie, gerade nur als Schatten unter Schatten, und ich wusste, dass jeden Augenblick die Morgendämmerung einsetzen würde, und dann breitete sich hinter uns auch schon das graue Licht des Todes wie ein Fleck auf dem Weltenrand aus. Ich wandte mich an Edward. «Jetzt, Herr», sagte ich.
    Er straffte sich, ein junger Mann vor der Schlacht. Einen Herzschlag lang blieb ihm die Stimme weg, dann zog er sein langes Schwert. «Für Gott und für Wessex!», rief er. «Folgt mir!»
    Und so begann der Kampf um Beamfleot.
     
Vierzehn
     
    Einen Moment lang ist alles, wie du es dir vorgestellt hast, und dann verändert es sich, und Einzelheiten treten in überdeutlicher Schärfe hervor. Unwichtige Einzelheiten. Vielleicht ist es das Wissen, dass diese kleinen Dinge möglicherweise das Letzte sind, was du in diesem Leben erblicken wirst, das dazu führt, dass sie sich so tief ins Gedächtnis einbrennen. Ich erinnere mich an einen Stern zwischen den Wolken am Westhimmel, der wie eine Kerze flackerte, an das Klappern von Pfeilen im hölzernen Köcher eines dahineilenden Bogenschützen, an den Schimmer des fahlen Dämmerlichts südlich auf der Temes, an die bleichen Befiederungen all der Pfeile, die in der Holzpalisade der Festung steckten, und an die losen Glieder, die am Saum von Steapas Kettenhemd tanzten, während er zu Edwards Rechten voranstürmte. Ich erinnere mich auch an einen schwarz-weißen Hund, der mit uns rannte, und an den ausgefransten Strick, der um seinen Hals geknotet war. In meiner Erinnerung sind wir in vollkommener Stille vorgerückt, aber es kann nicht still gewesen sein, denn achthundert Männer jagten auf die Festung zu. Die Sonne versilberte den Rand der Welt.
    «Bogenschützen!», rief Beornoth. «Bogenschützen! Zu mir!»
    Einige wenige Dänen sammelten immer noch Speere ein. Einer von ihnen starrte uns ungläubig entgegen, die Arme um ein Bündel Eschenschäfte geschlungen, dann packte ihn der Schrecken, und er ließ die Waffen fallen und rannte. Hinter der Brustwehr wurde ein Horn geblasen.
    Wir hatten unsere Männer in Gruppen aufgeteilt. Jede hatte eine Aufgabe und einen eigenen Anführer. Beornoth befehligte die Bogenschützen, die sich kurz vor den Brückenpfeilern, die aus dem Morast ragten, auf unserer linken Flanke sammelten. Sie sollten den Dänen auf dem Wall zusetzen und einen Pfeilregen auf sie niedergehen lassen, damit sie sich ducken mussten, wenn sie uns mit Speeren, Äxten und Schwertern abzuwehren versuchten. Osferth führte die fünfzig Männer, die

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