Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
durch die Luft wirbelten und ich mich vor ihm fürchtete. Ich wollte ihn fragen, warum er meiner Mutter diese Verletzungen zugefügt hatte, aber ich wagte es nicht, weil ich dachte, dann würde er mich auch schlagen. Aber er erzählte es von sich aus. Er sagte, er wollte mich mit seinem besten Freund verheiraten und dass meine Mutter dagegen war. Ich selbst wollte diese Heirat ebenfalls nicht, aber er sagte, ich müsste den Mann trotzdem heiraten.»
    «Soll ich etwa Mitleid mit dir haben?», fragte ich herablassend.
    «Also habe ich ihn über einen Felsvorsprung gestoßen», fuhr sie ungerührt fort, «und ich weiß noch, wie er durch die Schneeflocken hinabgestürzt ist, und ich habe beobachtet, wie er auf die Felsen prallte, und ich habe gehört, wie er schrie. Sein Rücken war gebrochen.» Sie lächelte. «Ich habe ihn dort liegen lassen. Er lebte noch, als ich die Herde herunterbrachte. Da bin ich über die Felsen geklettert und habe ihm ins Gesicht gepisst, bevor er starb.» Sie sah mich ruhig an. «Das war mein erster Fluch, Herr Uhtred, aber nicht mein letzter. Ich werde den Fluch erst von Euch nehmen, wenn Ihr mich gehen lasst.»
    «Glaubst du wirklich, du kannst mir so große Angst einjagen, dass ich dich Harald zurückgebe?»
    «Ihr werdet es tun», sagte sie zuversichtlich. «Ihr werdet es tun.»
    «Bringt sie weg», befahl ich. Ich war ihrer überdrüssig.
    Harald kam um die Mittagszeit. Einer von Steapas Männern berichtete es mir, und ich stieg erneut auf den Befestigungswall, von dem aus ich Harald Bluthaar sah, der mit fünfzig Getreuen in Kettenrüstung auf der gegenüberliegenden Seite des Flusses Stellung bezogen hatte. Sein Banner zeigte eine Axtklinge, und die Stange des Banners krönte ein rotbemalter Wolfsschädel.
    Er war ein gewaltiger Mann. Auch sein Pferd war ein gewaltiges Tier, und dennoch wirkte es mit Harald Bluthaar auf dem Rücken klein. Er war zu weit entfernt, als dass ich ihn genau hätte erkennen können, doch sein gelbliches Haar, lang, dick und ohne Blut, war deutlich zu sehen, ebenso wie sein mächtiger Bart. Er starrte den Wall von Æscengum an, dann löste er seinen Schwertgürtel, gab die Waffe einem seiner Männer und trieb sein Pferd in den Fluss. Es war ein warmer Tag, dennoch trug er über der Kettenrüstung einen massigen Umhang aus schwarzem Bärenfell, der ihn riesig wie ein Ungeheuer wirken ließ. Gold schimmerte an seinen Handgelenken und seinem Hals, und mit noch mehr Gold war das Zaumzeug seines Hengstes verziert. Er ließ das Tier bis in die Mitte des Flusses gehen, wo das Wasser bis über seine Stiefelschäfte strudelte. Jeder der Bogenschützen auf dem Wall von Æscengum hätte einen Pfeil auf ihn schießen können, doch er hatte für alle sichtbar seine Waffe abgelegt, und das bedeutete, dass er reden wollte. Ich hatte den Befehl gegeben, ihn nicht anzugreifen. Er nahm seinen Helm ab und ließ den Blick über die Männer hinter der Brustwehr schweifen, bis er Osferth mit seinem Reif entdeckte. Harald hatte Alfred noch nie   gesehen und verwechselte den Bastard mit dem Vater. «Alfred!», rief er.
    «Der König redet nicht mit hinterhältigen Räubern», schrie ich zurück.
    Harald grinste. Sein Gesicht war eckig wie eine Schaufel, seine Hakennase schief, sein Mund breit und sein Blick so wild wie der eines Wolfes. «Bist du etwa Uhtred Scheißhaufen?», grüßte er mich.
    «Ich weiß jedenfalls, dass du Harald der Weichling bist.»
    Er sah mich an. Jetzt, da er näher herangekommen war, konnte ich erkennen, dass sein gelbliches Haar und der Bart verdreckt, verfilzt und schmierig waren, genau wie das Haar einer Leiche, die man im Mist vergraben hat. Das Flusswasser spritzte an seinem Hengst empor. «Sag deinem König», rief mir Harald zu, «dass er sich viel Ärger ersparen kann, wenn er mir seinen Thron freiwillig überlässt.»
    «Er lädt dich ein, zu kommen und ihn dir zu holen», sagte ich.
    Er beugte sich vor und tätschelte seinem Pferd den Hals. «Aber als Erstes wirst du mir zurückgeben, was mir gehört.»
    «Wir haben nichts von dir.»
    «Skade», sagte er ohne weitere Umschweife.
    «Sie gehört dir?», fragte ich, Überraschung heuchelnd. «Jeder weiß doch, dass eine Hure jedem gehört, der sie bezahlen kann.»
    Er sah mich hasserfüllt an und deutete mit seinem behandschuhten Zeigefinger auf mich. «Wenn du sie berührt hast oder wenn irgendeiner deiner Männer sie berührt hat, dann, das schwöre ich beim Schwanz von Thor, lasse ich euch so

Weitere Kostenlose Bücher