Das brennende Land
rotem Futter, und an ihrer Seite hing ein Schwert in einer weißen Scheide. Ein angeschlagener alter Helm mit Wangenstücken baumelte am Knauf ihres Sattels. Bestimmt hatte sie diesen Helm getragen, um ihr Gesicht zu verbergen, als wir von Æscengum losgeritten waren. Sie war so vorsichtig gewesen, ihren auffälligen Umhang und ihr Kettenhemd mit einem alten, schwarzen Cape zu verdecken. Sie schleuderte es in den Weggraben, als sie mit mir gleichauf war. Sie lächelte breit, sah dabei so glücklich aus wie vor ihrer Hochzeit und nickte dann in die Richtung des schwankenden Wagens. «Ist das mein Halbbruder?»
«Ja. Ihr habt ihn doch sicher schon einmal gesehen.»
«Nicht oft. Sieht er nicht genau aus wie sein Vater?»
«Das tut er», sagte ich, «und Ihr nicht, worüber ich übrigens sehr froh bin.»
Sie lachte. «Wie seid Ihr an das Kettenhemd gekommen?», fragte ich.
«Es gefällt Æthelred, wenn ich es trage», sagte sie. «Er hat es im Frankenreich für mich machen lassen.»
«Mit silbernen Ringen?», fragte ich. «Dieses Kettenhemd könnte ich mit einem dürren Zweiglein durchbohren!»
«Ich glaube nicht, dass mein Gemahl will, dass ich kämpfe», sagte sie trocken, «er will mich einfach nur zur Schau stellen.» Und das war nur zu verständlich. Æthelflæd hatte sich zu einer Frau von großem Liebreiz entwickelt, wenn ihre Schönheit nicht gerade von Traurigkeit überschattet wurde. Sie hatte klare Augen, reine Haut, volle Lippen und goldfarbenes Haar. Sie war so klug wie ihr Vater und ein gutes Stück klüger als ihr Gemahl, und sie war nur aus einem einzigen Grund verheiratet worden, nämlich um Mercien an Alfreds Wessex zu binden, und in dieser Hinsicht, wenn auch in keiner anderen, war diese Ehe ein Erfolg gewesen.
«Erzählt mir von Aldhelm», sagte ich.
«Du kennst ihn doch selbst», gab sie zurück.
«Ich weiß jedenfalls, dass er mich nicht mag.»
Sie grinste. «Wer tut das schon?» Sie zügelte leicht ihr Pferd, das zu dicht an den langsam dahinrollenden Wagen herangekommen war. Sie trug Handschuhe aus weichem Kalbsleder, über denen sechs goldene Ringe mit seltenen Edelsteinen funkelten. «Aldhelm», sagte sie dann leise, «ist der Berater meines Gemahls, und er hat Æthelred von zwei Dingen überzeugt. Das erste ist, dass Mercien einen König braucht.»
«Das wird Euer Vater nicht zulassen», sagte ich. Alfred zog es vor, dass sich Mercien nach seiner königlichen Autorität in Wessex richtete.
«Mein Vater wird nicht ewig leben», sagte sie. «Außerdem hat Aldhelm meinen Gemahl davon überzeugt, dass ein König einen Thronfolger braucht.» Sie sah, dass ich das Gesicht verzog, und lachte. Dann schauderte sie. «Nicht von mir! Ælfwynn hat mir genügt! Ich wusste nicht, dass man solche Schmerzen überleben kann. Davon abgesehen verabscheut mein geschätzter Gemahl Wessex. Er verabscheut seine Abhängigkeit. Er hasst die Hand, die ihn füttert. Nein, ihm ist ein Erbe von einem hübschen mercischen Mädchen viel lieber.»
«Ihr meint...»
«Er wird mich nicht töten», unterbrach sie mich gelassen, «aber er würde sich nur allzu gern von mir scheiden lassen.» «Das würde Euer Vater niemals erlauben!»
«Er würde - falls man mich beim Ehebruch überraschte», äußerte sie bemerkenswert gleichmütig. Ich starrte sie an und konnte nicht glauben, was sie mir gerade gesagt hatte. Sie lächelte spöttisch über meine Fassungslosigkeit. «Nun», sagte sie, «du hast mich nach Aldhelm gefragt.»
«Æthelred will, dass Ihr ...»
«Ja», sagte sie, «dann kann er mich dazu verdammen, in ein Kloster zu gehen, und vergessen, dass es mich je gegeben hat.»
«Und Aldhelm ermutigt ihn bei diesem Vorhaben?»
«Gewiss tut er das.» Sie lächelte, als habe ich eine dumme Frage gestellt. «Glücklicherweise habe ich westsächsische Bedienstete, die mich schützen. Aber wenn mein Vater tot ist?» Sie zuckte mit den Achseln.
«Habt Ihr Eurem Vater davon erzählt?»
«Es wurde ihm zugetragen, aber ich vermute, er glaubt es nicht. Woran er freilich glaubt, sind Gott und das Gebet. Also hat er mir einen Kamm geschenkt, der einst Sankt Milburga gehörte, und gesagt, dieser Kamm würde mich stärken.»
«Warum glaubt er Euch nicht?»
«Er denkt, ich neige zu schlechten Träumen. Zudem lebt er in der Überzeugung, dass Æthelred ihm treu ergeben ist. Und meine Mutter betet Æthelred geradezu an.»
«Das überrascht mich nicht», sagte ich mürrisch. Alfreds Frau Ælswith war ein Sauertopf
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