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Das brennende Land

Das brennende Land

Titel: Das brennende Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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eine halbe Meile hinter der Stelle, an der die Fahrrinne in das Innenmeer mündete. Ich schätzte, dass die Mannschaft aus etwa zwanzig Männern bestand, die die Wasserläufe beobachteten, ständig bereit, über jedes auftauchende Schiff herzufallen. Beim Anblick des
Seolferwulfs
hielten sich die Männer jedoch zurück. Ich vermutete, dass sie das hereinkommende Händlerschiff sonst abgefangen hätten, doch jetzt verharrte das Schiff bewegungslos auf seinem Beobachtungsposten. Der Steuermann des Handelsfahrers deutete auf das wartende Schiff. «Ich muss ihn bezahlen, Herr.»
    «Skirnir?», fragte ich.
    «Das ist eines seiner Schiffe, Herr.»
    «Also bezahlt ihn!» Ich sprach Englisch, weil die Sprache der Friesen unserer so ähnlich ist.
    «Er wird mich nach Euch fragen, Herr.» Ich verstand seine Angst. Auf dem wartenden Schiff wollte man erfahren, wer wir waren, und sie würden die Antwort auf diese    Frage vom Schiffsführer des Handelsschiffes verlangen, und wenn er keine ausreichende Erklärung abgab, dann konnten sie sehr wohl in Versuchung kommen, die Auskünfte aus ihm herauszuprügeln.
    «Sagt ihnen, wir sind Dänen auf dem Nachhauseweg. Mein Name ist Lief Thorrson, und wenn sie Geld wollen, müssen sie zu mir kommen und danach fragen.»
    «Sie werden Euch nicht fragen, Herr», sagte der Mann. «Eine Ratte bittet einen Wolf nicht um ihr Nachtmahl.»
    Ich lächelte über seine Bemerkung. «Ihr könnt der Ratte sagen, dass wir keine Gefahr sind, wir sind einfach auf dem Nachhauseweg, und wir haben uns von Euch nur durch das Fahrwasser leiten lassen, mehr nicht.» Ich warf ihm eine Münze zu. Es war eine mit den eingeprägten Worten
Christiane- Religio.
Das bedeutete, dass sie aus dem Frankenreich stammte. Ich wollte nicht verraten, dass wir aus Britannien kamen.
    Ich beobachtete, wie der Handelsfahrer zu Skirnirs Schiff gerudert wurde. Skade hatte in dem kleinen Raum unter der Steuerplattform ausgeharrt, doch nun trat sie an meine Seite. «Das ist der
See-Rabe»,
sagte sie und wies mit einer Bewegung ihres Kinns auf Skirnirs Schiff. «Sein Schiffsmeister heißt Haakon. Er ist ein Cousin meines Gemahls.»
    «Also würde er dich wiedererkennen?»
    «Gewiss.»
    «Dann sollte er dich besser nicht sehen.»
    Sie erstarrte bei dieser unverhohlenen Aufforderung. «Er wird nicht näher kommen», sagte sie. «Nein?»
    «Skirnir greift keine Kampfschiffe an, es sei denn, er hat vier- oder fünfmal mehr Kämpfer an Bord als der Gegner.»
    Ich sah zum
See-Raben
hinüber. «Du sagst, er hat sechzehn Schiffe von dieser Größe?»
    «Vor zwei Jahren hatte er sechzehn Schiffe wie dieses und noch zwei größere.»
    «Das war vor zwei Jahren», erwiderte ich grimmig. Hier in Skirnirs Schlupfwinkel mussten wir seinen Männern zahlenmäßig weit unterlegen sein, aber ich vermutete, dass Skirnir dennoch vorsichtig bleiben würde. Er würde erfahren, dass ein Wikingerschiff in seinen Gewässern war, und er würde befürchten, dass ein Angriff auf uns weitere Wikinger anziehen würde, die Rache für den Angriff nehmen wollten. Würde es ihm in den Sinn kommen, dass Uhtred von Bebbanburg eine Winterfahrt gewagt haben könnte? In jedem Fall wäre er sicherlich neugierig, wer dieser Lief Thorrson wohl sein mochte, und er würde keine Ruhe haben, bis diese Neugierde befriedigt war.
    Ich befahl, den Wolfskopf vom Bug zu nehmen, und steuerte den
Seolferwulf in
Richtung Festlandufer. Der
See-Rabe
unternahm nichts, um uns daran zu hindern, doch er folgte uns. Als ich aber das Rudern einstellen ließ, damit das Schiff zu uns aufholen konnte, wich der
See-Rabe
aus. Wir ruderten weiter, und bald war er außer Sicht.
    Ich suchte ein Versteck, doch in diesem Gebiet waren einfach zu viele Schiffe auf dem Wasser. Wo immer wir Unterschlupf suchen würden, überall würde man uns von einem heimischen Boot aus sehen, und die Nachricht von unserer Anwesenheit würde von Schiff zu Schiff weitergegeben, bis sie schließlich Skirnir erreichte. Wenn wir tatsächlich ein dänisches Schiff auf der Durchfahrt wären, würden sie erwarten, dass wir diese Gewässer in drei Tagen wieder verlassen hätten. Je länger wir uns also hier aufhielten, desto größer würde Skirnirs Misstrauen. Hier, in den    tückischen Untiefen des Innenmeeres, waren wir die Ratte, und Skirnir war der Wolf.
    Wir ruderten den ganzen Tag nach Nordwesten und bewegten uns mit Bedacht vorwärts. Skirnir würde hören, dass wir uns seinen Erwartungen gemäß verhielten, und

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