Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
Iren nahm im Verlauf des 18. Jahrhunderts deutlich zu und betrug zwischen 1700 und 1780 dann 70 % aller britischen Einwanderer; bereits in seinen Anfängen war das Empire ein Britisches Empire. Die überwiegende Zahl der Engländer wiederum kam aus London und Umgebung, das seinerseits im Kontext der innerenglischen Migration wie ein Magnet wirkte, der zunächst einmal alle diejenigen anzog, die auf der Suche nach Arbeit ihre ursprüngliche ländliche Heimat verließen. Schließlich beschränkte sich der Zustrom der Einwanderer in die amerikanischen Kolonien nicht nur auf britische Staatsbürger. Im 18. Jahrhundert nahm vor allem die Zahl der deutschen Siedler zu, die sich schließlich auf ca. 100.000 belief. Die Eingliederung der nichtbritischen Einwanderer bereitete in der Regel keine Probleme, zumal die Plantation Act von 1745 festsetzte, daß die Voraussetzung für eine Naturalisation von Ausländern lediglich ein siebenjähriger Aufenthalt in einer britischen Kolonie sei; nur Katholiken blieben von dieser Regelung ausgenommen.
Vor allem im 17. Jahrhundert lieferte der ständige Zustrom von Einwanderern die demographische Basis für Stabilität und Wachstum der britischen Kolonien, deren Bevölkerung um 1700 mehr als 250.000 Einwohner europäischer Herkunft zählte. Doch nach der Überwindung der Schwierigkeiten der Anfangsjahre erfolgte das Wachstum auch weitgehend auf biologischem Wege. Nachdem die Neuenglandstaaten bereits zwischen 1660 und 1720 eine Art ‹Bevölkerungsexplosion› von insgesamt 600 % erlebt hatten, verdreifachte sich für die 13 Kolonien die Zahl der Weißen zwischen 1720 und 1750 auf ca. 1,25 Mio. Obwohl nach wie vor besonders in den südlichen Regionen ungünstige klimatische Bedingungen die Lebenserwartung für Europäer schmälerten, war die für das gesamte britische Amerika vermutete Geburtenrate doppelt so hoch wie die Sterberate, wobei die erstere zudem höher und die zweite niedriger lag als in England und dem übrigen Europa. Hauptursache für dieses spektakuläre Wachstum war vor allem die geringere Sterblichkeit von Kindern und Müttern, die wohl auf gesicherte und gesündere Lebensverhältnisse zurückzuführen war. So waren in der Neuen Welt die regelmäßig wiederkehrenden Hungersnöte des alten frühneuzeitlichen Europa unbekannt. Auch lag das durchschnittliche Heiratsalter niedriger als in Europa.
Trotz eines verspäteten Starts im Wettlauf um Beute und Landnahme in Übersee war es England im Laufe eines knappen Jahrhunderts gelungen, sich durch die erfolgreiche Besiedlung der östlichen Küstenregion Nordamerikas und die Inbesitznahme der äußeren karibischen Inseln, in der Reihe der europäischen Kolonialmächte eindrucksvoll zu etablieren. Und bis zum Ende des 18. Jahrhunderts sollten die amerikanischen Kolonien das Herzstück des neuen britischen Kolonialreiches bilden. Doch zugleich war das Britische Empire bereits in seinen Anfängen stets mehr als nur ein Kolonialreich – es war auch, wenn nicht sogar in erster Linie, ein merkantiles Empire, d.h. nicht so sehr auf überseeische Besitzungen als vielmehr auf weltumspannenden Handel gegründet.
2. DER HANDEL
Von alters her war auch im Europa der Frühen Neuzeit mehr noch als die agrarische oder gewerbliche Produktion der Handel unter günstigen Voraussetzungen am ehesten die Quelle für den raschen Erwerb von beträchtlichem Reichtum. Die Verteilung der Güter erwies sich als der profitabelste ökonomische Sektor jener Zeit; hier hat der moderne Kapitalismus seine Ursprünge. Wie in Italien, Deutschland und den Niederlanden bildeten auch in England die erfolgreichen Großkaufleute die Vorhut im gesellschaftlichen Aufstieg des Bürgertums. Sie waren es, die unternehmerische Phantasie und Wagemut bewiesen, wie sie im Bereich des Handels, vor allem im besonders gewinnträchtigen Fernhandel mit Luxusgütern und daraus erwachsenden internationalen Geldgeschäften gefragt waren.
Fernhandel bedeutet seit dem ausgehenden Mittelalter in zunehmendem Maße Seehandel, erst recht für die britischen Inselbewohner, und besonders seit der Erschließung der globalen Seewege im Zeitalter der Entdeckungen. Seehandel wiederum verspricht zwar hohen Profit, impliziert aber auch erhöhtes Risiko, eine bühnenwirksame Binsenweisheit, wie Shakespeare im Kaufmann von Venedig demonstriert. Und da der einzelne den hohen Einsatz, der hier gefordert ist, selten allein aufbringen kann oder tragen will, erfolgte Seehandel in der
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