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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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britische Linienschiff mit drei 52,5 Meter langen übereinander liegenden Kanonendecks vom Stapel, das mit insgesamt 100 Geschützen bestückt war. Und die Handelsschiffe wurden größer, als mit dem wachsenden Überseegeschäft das finanzielle Risiko einer zu geringen Befrachtung wegen mangelnder Nachfrage schwand. Im 18. Jahrhundert besaß ein mittelgroßes Handelsschiff ein Ladevolumen zwischen zweihundert und vierhundert Tonnen, das eines Ostindienseglers, der noch eine Zwitterstellung zwischen Handels- und Kriegsschiff einnahm, über sechshundert Tonnen.
    Außer der zunehmenden Ausrichtung der einzelnen Schiffstypen auf bestimmte Funktionen trug auch die geographische Distanz zwischen den Schwerpunkten merkantiler und kriegerischer Aktivitäten zur Trennung von Handels- und Kriegsflotte bei. Denn letztere konzentrierte ihre Aktionen angesichts der wachsenden Zahl von Seekriegen auf die europäischen, speziell die britischen Küstengewässer, während die Handelsschiffe zunehmend auf den großen Ozeanen segelten. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts war dann die endgültige Ausdifferenzierung der beiden Flottentypen vollzogen. Während 1625 an der Unternehmung der englischen Flotte gegen das spanische Cadiz neben 14 königlichen noch 30 Schiffe privater Eigentümer beteiligt waren, wurden nach 1660 in den Seeschlachten gegen die Holländer ausschließlich Schiffe der Royal Navy eingesetzt. Und diese Flotte wuchs, wenn auch nicht kontinuierlich, sondern vor allem in Kriegszeiten; auf dem Höhepunkt des Siebenjährigen Krieges dienten in ihr über 80.000 Seeleute und zur Zeit der Französischen Revolution betrug ihre Gesamttonnage mehr als 450.000 Tonnen (zum Vergleich: 1815 verfügte England insgesamt über 2,5 Mio. Tonnen Schiffsraum). Nach dem Ende der Kriege gegen das napoleonische Frankreich besaß die britische Marine schließlich ebenso viele Schiffe wie die Seestreitkräfte der übrigen Nationen zusammengenommen. Fortan bildete die maritime Hegemonie die Basis für das britische Weltreich.

 
    4. POLITISCHE ORGANISATION
    Ebenso wie der Aufstieg Großbritanniens zur führenden Seemacht in erster Linie als Funktion des weltweit expandierenden britischen Handels verstanden werden kann, gilt das Gleiche nicht nur für die Entstehung, sondern mehr noch für die allgemeine Struktur des älteren Empire sowie dessen Geschichte überhaupt. Es war als ökonomisches Beziehungsgeflecht, als Handelsreich organisiert, dessen politische Organisation ganz in den Dienst eines für England profitablen Geschäfts gestellt wurde. Entsprechende Rahmenbedingungen waren in den Schiffahrts- und Handelsgesetzen des 17. Jahrhunderts fixiert.
    Am Anfang standen die sog. Navigation Acts, deren erste 1651 von der englischen Republik erlassen worden war und die dann sofort nach der Restauration der Monarchie von dieser in leicht verbesserter Form übernommen wurde und fortan so etwas wie das ‹Grundgesetz› des älteren Empire bildete. Es diente dem Ziel, den gesamten Warenverkehr von und nach den englischen Kolonien mit englischen Schiffen bzw. Schiffen aus den Kolonien abzuwickeln. Zugleich mußten der Kapitän sowie mindestens drei Viertel der Besatzung eines jeden Schiffes Engländer sein. Bestimmte Produkte der Kolonien wie Zucker, Baumwolle, Tabak und Farbstoffe (sog. Enumerated goods, d.h. in den Gesetzen ausdrücklich angeführte Waren) durften nur nach England bzw. in dessen Kolonien exportiert und Erzeugnisse der Mittelmeerländer sowie Schiffsbaumaterialien aus dem Ostseeraum nur durch englische Schiffe bzw. Schiffe der Erzeugerländer importiert werden. Als generelles Ziel dieser Maßnahme nannte die erste Navigation Act die Förderung des nationalen Schiffbaus und der nationalen Seefahrt als unerläßliche Voraussetzung für die Sicherheit und den Wohlstand des Landes. In der Praxis war dieses Gesetz vor allem gegen den bis dahin überlegenen holländischen Zwischenhandel gerichtet, und tatsächlich führte dessen Verkündung unmittelbar zum Ausbruch des ersten englischholländischen Seekrieges (1652–1654). Und wenn auch die Navigation Acts ihrer ursprünglichen Intention zufolge den Ausbau der nationalen Handelsflotte zum Ziel hatten, so galten sie schon bald in den Kolonien als Acts of Trade, als Gesetze zur Regulierung und Lenkung des kolonialen Handels.
    Ergänzt wurden diese Maßnahmen 1663 einerseits durch die Staple Act, derzufolge Importe der Kolonien aus Europa ausschließlich über England als Stapelplatz

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