Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)
unterschied man dabei noch deutlich zwischen dem Mutterland und seinen Kolonien, zwischen England und The English Empire in America, wie der Titel eines Pamphlets aus dem Jahre 1695 lautete,[ 15 ] wobei lediglich die aus der Autorität des Monarchen fließenden Herrschaftsrechte als das staatsrechtliche Bindeglied verstanden wurden. Erst gegen Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es zunehmend gebräuchlich, Großbritanniens überseeische Besitzungen als zwar abhängige und keineswegs gleichberechtigte, aber dennoch integrale Bestandteile eines Ganzen, nämlich des British Empire, zu begreifen und zu definieren.
Die Anfangsphase des Empire, speziell die Entstehung der amerikanischen Kolonien, hatte deutlich gezeigt, daß bis zur Zeit des Bürgerkrieges allenfalls ein sporadisches Interesse der englischen Krone an überseeischer Expansion existierte. Zu Beginn spielte der Staat lediglich eine sekundäre Rolle. Zwar kann als erstes Anzeichen für ein wachsendes Interesse an den Kolonien die Einberufung einer Commission for Plantations im Jahre 1634 gelten, deren Nachfolgeorganisation dann im Jahre 1649 durch das Revolutionsparlament den Auftrag erhielt, «… darüber zu befinden, wie die Kolonien am besten zum Nutzen dieses Landes verwaltet werden können», und in den folgenden Jahren setzten die Navigation Act, eine neue Charter für die East India Company, sowie die Eroberung Jamaikas 1655 deutliche Zeichen für die Anfänge einer systematischen Reichspolitik unter Cromwell. Doch erst nach 1670 begann man mit dem kontinuierlichen Aufbau einer Reichsverwaltung für das sich formierende Empire mit der Maßgabe, für die Einhaltung der Handelsgesetze und Zollbestimmungen zu sorgen.
Diese Aufgabe fiel in die Kompetenz der königlichen Regierung. Obwohl seit den Revolutionen von 1642 und 1688 keine Gesetzgebung ohne das Parlament stattfinden konnte und dieses nicht nur die einschlägigen Handelsgesetze erließ, sondern nominell auch für die Kolonien oberstes Organ der Legislative war, mischte es sich bis 1765 de facto kaum einmal in deren Verwaltung ein. Sie blieb die Domäne der Krone, die als Spitze der staatlichen Exekutive ohnehin mit der Durchführung der Gesetze betraut war. Der Privy Council bildete als oberster Rat des Monarchen das Zentralorgan der Regierung. Seine Mitglieder waren in der Regel Vertreter des Adels, z.T. zugleich Inhaber hoher Staatsämter. Diesem Rat unterstanden verschiedene Behörden, wie z.B. als deren wichtigste das Schatzamt (Treasury), doch erst 1675 wurde mit den Lords of Trade (bis 1696) bzw. der Nachfolgeorganisation Board of Trade (bis 1782) ein ständiger Ausschuß für die Überwachung des Handels und der Kolonien geschaffen. Zuvor waren zu diesem Zweck eine Vielzahl rasch wechselnder Kommittees ins Leben gerufen worden, die allerdings in der Regel kaum effiziente Arbeit geleistet hatten. Nun wurde das neue Amt für mehr als ein Jahrhundert zur Schaltstelle zwischen dem Staatsrat – dem Privy Council – und den Kolonien, von denen es Berichte anforderte und für deren Verwaltung es entsprechende Instruktionen erließ. Fortan herrschte hier die von Regierungswechseln unabhängige Kontinuität einer Handelspolitik, die – an den Grundsätzen des strengen Merkantilismus orientiert – die Kolonien nahezu ausnahmslos in den Dienst der ökonomischen Interessen des Mutterlandes zu stellen suchte, wobei die Behörde durchaus ein offenes Ohr für die Forderungen britischer Kaufleute und sonstiger wirtschaftlicher Interessengruppen hatte.
Neben dem Board of Trade war auch das Schatzamt, die Treasury, mit kolonialen Aufgaben befaßt, da die Abwicklung finanzieller Transaktionen zwischen dem Mutterland und den überseeischen Besitzungen sowie die Erhebung der Handelszölle in ihre Kompetenz als oberster Steuerbehörde fielen. Und während Handels- und Schatzamt für die Profite zuständig waren, welche die Metropole aus der Peripherie des Reiches zog, war es die Aufgabe der Marine, d.h. des Board of Admiralty, für den militärischen Schutz des Handels und der Kolonien zu sorgen. Schließlich war, wenn es im Rahmen der großen Politik um die Kolonien ging, für sie der Secretary of State, Southern Department (Staatssekretär für die südliche Hemisphäre), zuständig, ein Amt, in dem z.B. William Pitt d. Ä. durch seine Außenpolitik das ältere Empire auf den Gipfel seiner Weltmachtstellung im 18. Jahrhundert führte.
Wenn auf diese Weise seit der Mitte des 17. Jahrhunderts mit der
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