Das Bronze-Bataillon
denen könnte man ja eine ganze Familie ernähren!«
Als diese Worte fielen, blieb Roger abrupt stehen. Er war noch gar nicht auf die Idee gekommen, dass die Mardukaner, obwohl sie ebenso wenig kannibalistisch zu sein schienen wie Menschen, Menschen vielleicht nicht in die gleiche Kategorie einordnen würden wie das ›Eine Volk‹. Er hatte eigentlich beabsichtigt, nach Cord selbst einige Worte an die Stadtwachen zu richten; aber die letzte Bemerkung ließ diese Idee … weniger attraktiv erscheinen.
»Ich bin Asi ihres Anführers«, erklärte Cord entschieden. »Also sind sie mit meinem Stamm verbunden, und ihnen sollten die gleichen Privilegien zugestanden werden wie dem Einen Volk.«
»Ach, ich weiß nicht«, wandte der Kommandant der Stadtwache ein. »Die sehen mir doch aus wie normale Besucher, also sollten sie auch unter die normalen Gesetze für Händler fallen. Außerdem dürfen sich niemals mehr als zehn von euch Barbaren gleichzeitig in der Stadt aufhalten.«
»Hey«, warf eine anderen Wache ein, »nicht so hastig, Banalk!
Wenn du sie jetzt als ›Händler‹ einstufst – heißt das, wir dürfen sie dann doch nicht essen?«
Ein Witz – hoffentlich , dachte Roger, doch Pahner hatte das ganze Gespräch über eine Datenverbindung von Sergeant Despreaux aus mitverfolgt und kam zu dem Schluss, dass es Zeit wurde, diesem Thema den Nährboden ein für alle Mal zu entziehen. Er blickte sich um, suchte nach irgendetwas, das relativ nutzlos war, und fand es recht bald. Die Hügel, auf denen die Stadt errichtet war, bestanden aus Eruptiv-Basolith – uralten Granit-Extrusionen aus einer tiefen Magma-Rift. Das umliegende Erdreich war nach und nach fortgespült worden, bis die Erosion letztendlich auch das zu Tage getretene Gestein erreicht hatte. Aber obwohl dieser hitzebeständige Granit der Erosion besser standhielt als das umliegende Erdreich, entstanden auch in ihm mit der Zeit Risse und Spalten. Große Felsbrocken hatten sich vom Fels selbst abgespalten und sich am Fuße des Hügels angesammelt. Die Stadtbewohner hatten jeden dieser Felsbrocken fortschleppen müssen, damit sie die Palisaden hatten errichten können. Einer dieser Felsbrocken lag in weniger als hundert Metern Entfernung zur Straße, sodass die Wachen und die wenigen Zuschauer, die noch außerhalb der Stadtmauern geblieben waren, ihn gut erkennen konnten.
»Despreaux.« Pahner projizierte einen Zielpunkt auf den Felsbrocken. »Plasmagewehr.«
»Roger«, bestätigte die Truppführerin, entdeckte den Zielpunkt auf dem HUD ihres Visors und wedelte dann mit den Armen, um die Aufmerksamkeit der immer noch streitenden Gruppe auf sich zu ziehen.
»Entschuldigung«, meinte sie dann mit ihrer sehr angenehmen Sopranstimme. »Wir sind der Ansicht, dieses Gespräch ist jetzt weit genug gegangen.«
Sie hatte den Zielpunkt bereits an Lance Corporal Kane weitergegeben, und nun hob die zierliche Blondine ihr Plasmagewehr und gab einen einzelnen Schuss ab.
Der keilförmige Thermo-Impuls zog eine versengte Spur durch das grüne Getreide auf dem Feld – doch das war gar nichts im Vergleich zu dem, was er mit dem Felsbrocken anstellte. Mit einem explosiven Peitschenknall traf er sein Ziel: Die übertragene Hitze bewirkte im Inneren des Felsbrockens von eineinhalb Metern Durchmesser eine Diffusionsexpansion, die ihn bersten ließ wie eine Eierschale. Bruchstücke wurden in alle Richtungen geschleudert, von kopfgroßen Trümmern bis zu relativ feinem Kies, der teilweise sogar die Straße erreichte, auf der er dann zu Boden prasselte.
Als das letzte Echo verklungen und das letzte Stückchen Kies aufgeprallt war, drehte sich Sergeant Nimashet Despreaux, Dritter Zug, Bravo-Kompanie wieder zu der plötzlich reg- und sprachlosen Gruppe der Stadtwachen um und lächelte.
»Es ist uns egal, ob ihr uns wie Leute von dem Einen Volk oder wie Händler behandelt, aber ihr werdet nicht genug Einzelteile für eine Beerdigung vom demjenigen finden, der als Nächster vorschlägt, uns zu verspeisen.«
Kapitel 24
Der Hauptsaal der königlichen Burg besaß ein Tonnengewölbe und lag innerhalb der Torbastion der äußeren Stadtmauer. Anders als ein Großteil der restlichen Gebäude innerhalb der Stadt war die Zitadelle des Königs aus dem hier üblichen Granit und Kalkstein errichtet. Die Mauerbasis wies die dunkelgraue Färbung des Granits auf, darüber ragte der hellere Kalkstein sich in die Höhe, was der Zitadelle insgesamt durch die zwei Farben ein attraktives
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