Das Bronze-Bataillon
Diese war von minderer Qualität, sonst würde D'Net Deltan noch leben.«
Der Schamane trat vor und zog mit langsamen, vorsichtigen Bewegungen eine Speerspitze aus seinem Umhang hervor. Dann reichte er sie dem König, der sie sorgsam begutachtete. Oberflächlich schien sie aus gutem Eisen geschmiedet; doch nachdem der Monarch damit nur einmal kurz auf die Armlehne des Thrones geklopft hatte, waren deutlich die Verfärbungen schlecht verhütteten Materials zu erkennen. Xyia Kans Miene wurde grimmig, als er die Speerspitze ablegte und Cord mit einer Handbewegung fortzufahren aufforderte.
»Das geht über das erträgliche Maße hinaus.« Entschieden klatschte der Schamane in die Hände. »Es gibt jetzt eine Blutschuld.« Mit ernster Miene verkrampfte er die Hände und richtete den Blick starr auf den Boden des Thronsaals.
»Ich bin jetzt … Asi dieses jungen Prinzen. Ich begleite ihn auf seiner Suche, das Ferne Voitan zu erreichen, und die sagenumwobenen Länder dahinter. Ich werde nicht hier sein, um miterleben zu können, was geschieht, wenn diese Frage nicht schnell und eindeutig geklärt wird.« Nun blickte er wieder auf und klapperte vor Zorn mit den Zähnen. »Aber ich denke wahrlich, dass wenn wir zur Antwort wieder nur abgedroschene Gemeinplätze und leere Versprechungen erhalten, es tatsächlich Krieg bis aufs Messer geben wird.
Und die Flammen des brennenden Q'Nkok werden zum Himmel aufsteigen und sich mit denen des gefallenen Voitan vereinen!«
Kapitel 26
Xyia Kan betrat das Audienzsaal und bestieg seinen Thron. Auf sein Betreiben hin war sofort eine Ratssitzung einberufen worden. Und der traditionell bewaffnete Gefolgsmann eines jeden Ratsmitglieds musste, ebenfalls auf das Betreiben des Königs hin, vor der Tür zum Audienzsaal warten. Die einzigen Mardukaner, die in diesem Raum offen Waffen trugen, waren die Wachen seiner Majestät, die zu beiden Seiten des Raumes aufgereiht standen und auf eine einzige Geste von ihm hin die Intrigen und Ränkespiele, die ihn plagten, für alle Zeiten im Keim zu ersticken bereit waren.
Und das Ende seiner Dynastie zu besiegeln.
Als er sich auf dem Thron niedergelassen hatte, blieb er einfach reglos sitzen und schaute sie an. Saß einfach nur da. Er ließ Sekunden verstreichen, dann eine ganze Minute. Zwei Minuten. Selbst die abgehärtetsten seiner Ratsmitglieder wandten unter dem schmerzhaften Gewicht seines anklagenden Blickes den Kopf, waren verwirrt und bestürzt oder verwirrt und zornig – das hing von ihrer jeweiligen Persönlichkeit ab und davon, wie sehr sie begriffen hatten, was für sie alles auf dem Spiel stand. Der König spürte ihre Anspannung – sie ließ fast die Luft erzittern. Er machte indes keinerlei Anstalten, diese Anspannung zu lösen, bis schließlich, und es war zu erwarten gewesen, W'hild Doma vor Zorn regelrecht explodierte.
»Xyia Kan, ich habe mich um ein Haus zu kümmern!«, fauchte er.
»Ich habe keine Zeit für Spielchen! Was hat das hier zu bedeuten?«
Da Kan auf das Haus W'hild besonders zornig war, hätte er beinahe selbst die Beherrschung verloren. Er war nicht wütend, weil der Vorstand des Hauses gute Waffen aus dem Tribut gegen schlechte ausgetauscht hatte. Unter anderem war sich der Monarch recht sicher, dass, falls das tatsächlich im Haus W'hild geschehen sein sollte, Doma davon nichts gewusst hatte. Nein, er war zornig, weil Doma, den er stets für fähig und loyal gehalten hatte, es hatte geschehen lassen, dass irgendjemand sein Haus so sehr schwächen konnte.
Doch es gelang dem König, noch nicht einmal für einen Augenblick das Gesicht zu verziehen; er schaute einfach nur den wetternden W'hild an und blickte ihm so lange geradewegs in die Augen, bis sein Gegenüber den Blick abwendete. Doma war wirklich niemand, der sich ängstlich in eine Ecke kauerte; doch selbst seine zornerfüllten Augen ergaben sich irgendwann dem unnachgiebigen, schweren Blick von Xyia Kan, und dann herrschte wieder bleiernes Schweigen, bis der König es beendete.
Er lehnte sich zur Seite und spuckte auf den Fußboden des Audienzsaals.
» Frauen! «, stieß er dann hervor. Die Ratsmitglieder, allesamt gleichermaßen verunsichert und wütend, blickten einander verwirrt an, und der König spuckte erneut auf den Boden.
»Frauen«, wiederholte er. »Ich sehe hier vor mir nur dumme Frauen!«
Diesmal gab es keine Verwirrung mehr. Der Zorn angesichts dieser sorgsam überlegten Beleidigung übertünchte jedes andere Gefühl, und drei oder vier
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