Das Buch aus Blut und Schatten
zugegeben, dass es ihr Fehler war, deshalb hat Daddy ja auch gesagt, dass der Bau des Ella-Weston-Flügels wie geplant fortgesetzt wird.«
»So bringt er die Leute dazu, das zu tun, was er will«, erklärte Eli dem Mönch. »Er schüttet sie mit Geld zu. Ich hab ihm gesagt, dass sich Kirchenbeamte nicht bestechen lassen, aberâ¦Â«
»Daddy sagt, dass jeder Mensch seinen Preis hat«, kam von mir.
»Willst du ihm auch erzählen, wann er das das letzte Mal gesagt hat?«, schlug Eli vor.
»Dafür hat er sich entschuldigt.«
»Er hat versucht, mich zu bestechen«, empörte sich Eli. »Er wollte mir zehntausend Dollar geben, wenn ich die Verlobung löse. Es war einfach widerlich.«
»Das war ein Test , Liebling. Keine Sorge, du hast ihn bestanden.« Ich wandte mich an den Mönch. »Mein Daddy will doch nur das Beste für mich.«
»Er will, dass du jemanden heiratest, der standesgemäà ist«, giftete Eli. »Er will dich verkuppeln, als wärst du eine rossige Zuchtstute â Entschuldigung, Bruder.«
Der Mönch, dessen Glatze sich von rosa zu einem kräftigen Rot verfärbt hatte, wand sich verzweifelt. »Vielleicht könnte die junge Dame ihrem Vater sagen, dass er den Abt anrufen soll«, schlug er vor.
»Uns wird wohl nichts anderes übrig bleiben«, erwiderte ich. »Ich will diese blöden Bücher sowieso nicht sehen. Wissen Sie, diese Reise war ja seine Idee. Ich habe nur zugestimmt, weil ich höflich sein wollte.«
»Du hast gesagt, dass du die Idee gut findest!«
»Das nennt man höflich. Jetzt komm, wir rufen Daddy vom Hotel aus an undâ¦Â«
»Nein!« Eli wühlte in meinem Rucksack, zog ein kleines Buch mit tschechischen Redewendungen heraus und blätterte hektisch darin. Dann packte er den Mönch an den Schultern und rief in stockendem Tschechisch: »Pos à lá m Ä otec Hájek. Hrajte dál.«
Der Mönch zog die Augenbrauen hoch. »Ihr Tschechisch ist grauenhaft«, sagte er. »Aber Ihre Worte sind überzeugend. Kommen Sie.«
Er führte uns den Flur hinunter und eine schmale Treppe hoch. Wir fielen ein paar Schritte zurück. »Was hast du zu ihm gesagt?«, flüsterte ich. Das Tschechische war nicht geplant gewesen.
»âºBitte, im Namen der Liebe, helfen Sie mir, ein Mann zu seinâ¹Â«, erwiderte Eli.
»Das ist jetzt nicht dein Ernst.«
»Es hat funktioniert, oder?« Dann redete er lauter, damit der Mönch ihn hören konnte. »Ich hab dir doch gesagt, dass ich das mache. Willst du dich nicht bedanken?«
»Danke, Schatz.«
»Ich dachte da eher an einen Kuss.«
Der Mönch drehte sich mit einem aufmunternden Lächeln zu uns um, als wäre er gespannt darauf, junge Liebe in Aktion zu sehen. Allerdings war schwer zu glauben, dass unsere kleine Show eben etwas anders in ihm hervorgerufen hatte als den dringenden Wunsch, sofort sein Keuschheitsgelübde zu erneuern.
»Wir sind in einem Kloster«, sagte ich zu Eli, mit so viel Ella-Weston-Eis wie möglich in der Stimme. »Etwas mehr Respekt vor dem Herrn, bitte.«
34 In die Bibliothek ging es durch eine Halle mit Gewölbedecke, in der links und rechts Glasvitrinen mit sehr unterschiedlichen Exponaten standen: Muscheln, aufgespieÃte Insekten nach Spezies geordnet, immer zwei nebeneinander, glänzende Pfeilspitzen, tote Schmetterlinge, violinespielende Stoffpuppen, ausgestopfte Aale, Haie und Hummer, eine riesige Schildkröte mit dem Kopf eines Pterodaktylus, ein Kettenhemd, das über ein groÃes Kreuz drapiert war. AuÃerdem fiel mir eine Eselspeitsche aus dem modernen Kabul auf, bei der die Jahreszahl 2007 auf dem Schildchen darauf schlieÃen lieÃ, dass jemand aus dem Kloster den Aktenvermerk über Entwicklungsländer, politische Korrektheit und die Tatsache, dass das Leben in der Wüste eine Person oder deren Besitz nicht automatisch für die Mitgliedschaft in einer gefällig arrangierten Freakshow qualifizierte, nicht gelesen hatte.
»Kunstkammer«, murmelte ich. Der Mönch drehte sich um und sah mich überrascht an. Er nickte.
»Wir sammeln«, meinte er. »Schon immer.«
Die ausgestopften Meerestiere starrten mich an, bei den Insekten konnte ich mir lebhaft vorstellen, dass sie gleich loskrabbeln würden, und den Stoffpuppen mit ihren Knopfaugen misstraute ich genauso wie dem Rest ihrer Kollegen.
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