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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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vielleicht irren?«
    Â»Sie hat dich verdorben.«
    Â»Es liegt nicht an ihr«, erwiderte Eli wütend. Seine Hände auf meinen Schultern verkrampften sich. »Es liegt an mir. An dem hier. An allem.«
    Â»Gott verlangt Glaube, mein Sohn. Es gibt Wissen, nach dem wir nicht fragen sollten. Gott will, dass wir seine Heiligkeit bewahren.«
    Â»Dann hat sie recht. Gott soll sie töten«, meinte Eli. »Das ist nicht unsere Aufgabe.«
    Â»Du bist jung, was man berücksichtigen muss«, sagte der Priester. Dann wurde seine Stimme kalt. »Aber vergiss deinen Eid nicht. Halt sie fest.«
    Pater Hájek kniete sich vor mich und zog ein kleines Fläschchen aus seinem Gewand. Dann goss er eine klare Flüssigkeit in seine Hand und fuhr mir mit zwei nassen Fingern über die Stirn. »Per istam sanctam unctionem et suam piissimam misericordiam indulgeat tibi Dominus, quidquid deliquisti per visum.«
    Durch diese heilige Salbung und durch seine mildreiche Barmherzigkeit vergebe dir der Herr, was du gesündigt hast durch Sehen.
    Seine mit Öl benetzten Finger berührten mein Ohr. »Per istam sanctam unctionem et suam piissimam misericordiam indulgeat tibi Dominus, quidquid deliquisti per auditum.«
    Durch diese heilige Salbung und durch seine mildreiche Barmherzigkeit vergebe dir der Herr, was du gesündigt hast durch Hören.
    Die letzte Ölung.
    Eli beugte sich zu mir hinunter. Ich wehrte mich und wollte seine Hände abschütteln. Wenn es schon passieren musste, dann nicht, während ich hilflos auf dem Boden lag und mir seine lächerlichen Entschuldigungen anhören musste. Sein Griff wurde stärker. Der Priester betete weiter.
    Â»Per istam sanctam unctionem et suam piissimam misericordiam indulgeat tibi Dominus, quidquid deliquisti per odoratum. Per istam sanctam unctionem et suam piissimam misericordiam indulgeat tibi Dominus, quidquid deliquisti per gustum.«
    Ich würde tatsächlich sterben.
    Â»Mach dich bereit«, flüsterte Eli.
    Ich würde nicht einfach so liegen bleiben. Ich würde meine Augen nicht schließen.
    Bitte . Meine Lippen formten das Wort, doch ich sprach es nicht aus. Ich würde nicht um mein Leben betteln.
    Gleich war das Sakrament zu Ende.
    Â»Jetzt«, flüsterte Eli.
    Ich hielt die Luft an. Er ließ mich los.
    Und warf sich auf den Priester.
    Und riss ihn zu Boden.
    Und dann krachte ein Schuss.
    Ich sprang auf und rannte los, die Treppe hinauf, zur Tür hinaus, die Gasse hinunter, weg, nur weg, unverletzt, lebend, frei.
    Der Schuss dröhnte mir immer noch in den Ohren. Ich fragte mich, was passiert war.
    Ich drehte mich nicht um.
    17 Ich musste in das Hostel zurück.
    Ich konnte nicht in das Hostel zurück.
    Ich musste Adriane warnen.
    Ich durfte sie nicht zu Adriane führen.
    Ich rang mit mir, rannte aber weiter, und als ich stehen blieb, fand ich mich vor dem Goldenen Löwen wieder, weil es keine andere Möglichkeit gab.
    Das Zimmer war leer.
    Ich hätte bei ihr bleiben sollen, dachte ich. Aus einer Million Gründen hätte ich bleiben sollen.
    Ich hätte nicht so tun sollen, als wäre ich allein.
    Denn jetzt war ich es.
    18 »Das andere Mädchen hat das für dich dagelassen«, sagte der Typ mit der Vokuhila-Frisur an der Rezeption, während er mit der einen Hand an seinem Nasenring rumspielte und mir mit der anderen einen Zettel hinhielt. »Sie sagte, ich soll ihn nur dir geben, sonst niemandem.«
    Dann hatte sie also doch ihr Glück mit ihm versucht.
    Sie war in Sicherheit.
    Sie haben nach dir gesucht. Ich hab mich versteckt. Wir treffen uns um 9 am letzten Ort, an dem wir wir waren. Komm ohne Eli. Pass auf dich auf. A
    Der letzte Ort, an dem wir wir waren: Das war in einem anderen Land, in einem anderen Leben gewesen. Doch ich wusste, was sie meinte, und sie wusste, dass ich die Einzige war, die das wissen konnte. Das Restaurant, in dem wir zu Abend gegessen hatten, in dem wir unseren letzten Abend mit Max verbracht hatten. Vielleicht hatte sie es ausgesucht, weil es ihr als erstes eingefallen war und sie leicht eine Anspielung darauf machen konnte, aber vielleicht musste sie noch einmal dorthin zurück – um sich zu erinnern, ein letztes Mal, wie es war, wir zu sein, oder um die Geister zu vertreiben –, bevor wir zum Flughafen fuhren und alles hinter uns ließen. Vielleicht mussten wir es beide tun.
    Aber bis einundzwanzig Uhr waren es noch ein paar Stunden.

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