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Das Buch aus Blut und Schatten

Das Buch aus Blut und Schatten

Titel: Das Buch aus Blut und Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Wasserman
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Wellnesshotel machen, aber ich gebe zu, dass das Essen keine fünf Sterne verdient hat.« Soweit sie sich erinnern konnte, hatte sie abgesehen von ihren Eltern keine Besucher gehabt. Sobald sie aus ihrer Starre so weit erwacht war, dass sie ihre Umgebung wahrnahm, hatte sie sie gebeten, dafür zu sorgen, dass ich wegblieb, genau wie alle anderen, bis es ihr wieder richtig gut ging. Adriane konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass jemand sie so sah, und daher erklärte sie mir, dass wir ab jetzt einfach so taten, als hätte sie auch niemand so gesehen, was typisch für sie war. Sie fragte nicht, wie es mir ging, und sie erwähnte auch keine sonderbaren Besucher, die sich als ihr toter Freund ausgegeben hatten. Das unzusammenhängende Geplapper, die spitzen Schreie, begleitet von »Oh mein Gott, ich hab mir solche Sorgen gemacht« und »Hast du mich in den Abendnachrichten gesehen?«, der spöttische Gesichtsausdruck, mit dem sie über alle wohlmeinenden Botschaften von wohlmeinenden Nicht-Freunden hinwegging, all das war kein Problem für mich. Und als sie sich mühelos im Spagat auf den Boden sinken ließ und ihr Gesicht auf das Knie drückte, mit diesem leisen, wohligen Seufzen, das sie bei ihren Dehnübungen immer von sich gab, hätte ich um ein Haar wieder zu weinen angefangen.
    Sie war wieder da.
    Â»Und? Fragst du mich?«, sagte sie, das Gesicht auf dem Bein und verborgen von einem Vorhang aus Haaren.
    Ich wollte nicht. Nicht nach dem, was das letzte Mal passiert war.
    Â»Was ist?« Sie sah mich an.
    Ich schüttelte den Kopf. Das war alles zu schön, um wahr zu sein. Ein Tagtraum, ein Aufschub und daher zwangsläufig nicht für immer. Ich wollte nichts tun, das uns beide aufwachen ließ.
    Â»Jetzt frag schon.«
    Sie war wirklich wieder da. Wenn Adriane einen Befehl gab, konnte man sich nur schwer darüber hinwegsetzen. Vor allem, wenn es ein Befehl war, den ich nur zu gern befolgen wollte.
    Â»Kannst du dich an etwas erinnern?«, fragte ich.
    Sie zuckte weder zusammen, noch begann sie zu schreien. Als sie den Kopf hob, lag ein leichtes, gekünsteltes Lächeln auf ihrem Gesicht.
    Â»Nein. An absolut gar nichts.« Das Lächeln wurde starr. »Ich hatte wohl mehr Glück als du.«
    Ich widersprach ihr nicht, obwohl ich es vielleicht hätte tun sollen, da sie schließlich diejenige von uns beiden war, die eine Narbe auf der Wange trug, die war, die hier schlief, mit Neonbeleuchtung, Krankenhausbettwäsche, abgesperrten Türen und Schreien von irgendwoher, während ich nach Hause gegangen war und mich in meinem eigenen Bett zusammengerollt hatte, die war, die den Rest ihres Lebens mit Chris hatte verbringen wollen und in einer Lache seines Blutes gesessen und ihn hatte sterben sehen, auch wenn diese Bilder jetzt in irgendeiner unerreichbaren Ecke ihres Gehirns vergraben waren. Es war das einzige Mal, dass wir darüber sprachen, was ich durchgemacht hatte; dass ich überhaupt etwas durchgemacht hatte. Für Adriane war das verdammt viel.
    Â»Jetzt bin ich dran«, sagte sie. »Hast du etwas von Max gehört?«
    Â»Er hat mir eine Nachricht geschickt.« Es war merkwürdig, das zu sagen. Ich hatte fast schon vergessen, wie es war, wenn man jemandem vertrauen konnte. »Ich glaube, er will, dass ich ihm helfe, aber…«
    Â»Gott sei Dank. Ich wusste, dass er es nicht – du weißt schon.«
    Â»Sie glauben, dass er es war«, sagte ich, obwohl ich eigentlich sagen wollte: Glaubst du, dass er es war?
    Â»War ja klar. Was erwartest du von Chapmans Gesetzeshütern? Kompetenz?«
    Â»Dann glaubst du es also nicht? Du hältst ihn für unschuldig?«
    Â»Musst du das überhaupt fragen?«
    Â»Ich weiß, was du von ihm hältst und…«
    Â»Nora, jetzt mach mal halblang. Er ist eine Maus. Kein Killer.« Adriane lachte, dann wurde sie unvermittelt ernst. »Moment mal. Du glaubst doch wohl nicht, dass er es war? Oder doch?«
    Ich hatte mir einzureden versucht, dass ich völlig von seiner Unschuld überzeugt war. Aber wenn es tatsächlich so war, warum war ich dann plötzlich so erleichtert? Adriane war dort gewesen. Selbst wenn sie sich an nichts erinnern konnte, ein Teil von ihr würde es wissen. Ob Max etwas getan hatte.
    Natürlich hatte er nichts getan.
    Sie drückte meine Hand. »Er wäre nicht gegangen, wenn er eine andere Wahl gehabt hätte.«
    Â»Das

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