Das Buch Der 1000 Wunder
sich mit diesem Punkt ohne Schwere liebevoll beschäftigt. Und das ist die einzige »Anziehung«, die er ausgeübt hat.
254. Bewohnte Himmelskörper
Quellen: Svante Arrhenius: »Das Werden der Welten«, aus dem Schwedischen übersetzt von L. Bamberger. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig, 1908. – Felix Linke: »Ist die Welt bewohnt?« Verlag von J. H. W. Dietz Nachf., Stuttgart, 1910.
Unter allen Fragen, die man an die Sterne richtet, steht wohl obenan die nach ihrem Bewohntsein. Gibt es auch auf andern Himmelskörpern Wesen wie 354 wir, die denken und sich umtreiben gleich uns? Gibt es andere Kulturzentren im Weltenraum, solche vielleicht, die schon weiter fortgeschritten sind als die Erde, sodaß sie nach hergestellter Verbindung uns mit einem Schlag alle Freuden einer tieferen Philosophie, alle Vorteile einer vollendeten Technik zuteil werden lassen könnten, um die wir uns sonst noch Jahrhunderte lang bemühen müßten? Welches unendliche Interesse müßte uns ein Stern einflößen, von dem wir wüßten, daß auf ihm Wesen wandeln, die wir und die uns zu verstehen vermöchten! Welche Mühe würde uns zu groß dünken, um eine Verständigung mit diesen Bewohnern anzubahnen?!
Doch leider hat noch kein astronomisches Fernrohr uns Leben oder die Begleitumstände von Leben auf andern Himmelskörpern enthüllt. Aber das ist kein Beweis gegen sein Vorhandensein. Denn mit ganz verschwindenden Ausnahmen sind ja alle Sterne so weit von uns entfernt, daß selbst unsere besten Fernrohre nicht imstande wären, uns Komplexe von dem Umfang unserer größten Städte und der Höhe unserer ragendsten Gebäude vor Augen zu führen. Einzig auf dem Mond, der uns nach kosmischem Maß ja so außerordentlich nahe steht, wäre das möglich. Aber von diesem wissen wir, daß er eine tote Welt ohne Luft und ohne Wasser mit furchtbaren Temperaturschwankungen ist. Auch Spuren früherer Kultur auf ihm, der doch einst wahrscheinlich Meere und eine Atmosphäre besessen hat, sind bisher nicht entdeckt worden.
Für die Behandlung unseres Themas ist es jedoch besser, wir fragen nicht, ob der andere Stern bewohnt, sondern ob er bewohnbar ist.
Von den Planeten unserer Sonne ist zunächst Merkur, der dem Muttergestirn am nächsten benachbart ist, für die Entwickelung von Leben nicht geeignet. Da er der nahen Sonne immer dieselbe Seite zukehrt, so hat, nach Berechnung von Arrhenius, der heißeste Punkt auf dieser Seite eine Temperatur von 397 Grad. Auf dem der Sonne abgekehrten Teil des Merkur aber herrscht ewige Nacht, nur matt erhellt von den Sternen, deren leuchtendste Venus und Erde sind. Dort muß es gerade so kalt sein wie im Weltenraum, das heißt, es muß dort eine Temperatur von beinahe -273 Grad herrschen. Denn Merkur hat, so wenig wie der Mond, eine schützende Atmosphäre. Man kann das mit dem Auge nicht feststellen, aber Überlegung zeigt, daß er keine haben kann. Denn alle Gase, die jemals auf ihm gewesen wären, würden längst durch Verdichtung auf die kalte Seite gezogen und dort niedergeschlagen, ja in feste Körper verwandelt worden sein. Ein Gestirn mit diesen Eigenschaften kann nicht Träger von Leben solcher Art sein, wie wir es einzig kennen und verstehen.
Weit günstiger liegen die Verhältnisse auf der Venus. Dieser prachtvoll funkelnde Abendstern erscheint uns in so herrlichem Glanz gerade deshalb, weil 355 er eine dichte, stark mit Wasserdampf durchsetzte Atmosphäre besitzt, die das auffallende Sonnenlicht kräftig zurückwirft. Arrhenius berechnet die mittlere Temperatur auf der Oberfläche der Venus, die unserem Zublick durch Wolkenschleier immer entzogen ist, auf etwa 40 Grad. Er meint, daß unter diesen Umständen die Annahme nicht töricht sei, ganz beträchtliche Teile der Venus wären dem organischen Leben günstig. Ob und in welcher Form es vorhanden ist, wissen wir nicht. Vermuten kann man, daß seine Entwicklung derjenigen auf der Erde vor ein paar Millionen Jahren entspricht, als die Durchschnitts-Temperatur auf der Oberfläche unseres Planeten, die heute 15 Grad beträgt, noch entsprechend höher war. Vielleicht sieht es auf der Venus heute so aus wie bei uns zur Zeit der Steinkohlenwälder, die in feuchtheißer Atmosphäre gediehen. Menschen aber auf diesem Stern zu vermuten, ist eine allzu kühne Hypothese; so weit ist sicherlich die Entwicklung dort noch nicht fortgeschritten.
Der blutrote Mars! Er ist doch sicher Träger menschenähnlichen Lebens, denkt der Leser, der viel
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