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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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tot.«
    »Tot?«, fragten die beiden Mädchen fast gleichzeitig und guckten Tommy entgeistert an. »Du meinst, da drinnen könnte ein Toter liegen? Vielleicht schon völlig verfault? Und da willst du rein?«
    Tommy drehte sich zu mir um. »Wie lange kennst du das Haus schon in diesem Zustand?«
    Ich überlegte. »So lange, wie ich hier wohne. Es war nieanders. Wir sind hier rausgezogen, da war ich sechs. Also vor sechs Jahren.«
    »Tja, Leute«, sagte Tommy. »Dann ist er nicht nur verfault, dann liegen höchstens noch ein paar Knochen rum. Aber ich denke eigentlich nicht, dass eine Leiche dadrin liegt. Selbst wenn jemand keine Verwandten mehr hat, kommt doch irgendwann irgendein Amt dahinter, dass einer nicht mehr lebt, und lässt Nachforschungen anstellen. Jeder hat doch irgendwelche Rechnungen zu bezahlen und so.«
    »Vielleicht ist es auch ein Erbstreit. So was zieht sich manchmal über Jahre«, grübelte Janine.
    »Das wäre dann die dritte Möglichkeit«, sagte Sanne und schaute mich triumphierend an. »Siehst du, Tommy weiß doch nicht alles!«
    Tommy lachte. »Hat er das gesagt? Na, da kann ich euch beruhigen. Ich merk mir nur viel von dem, was ich mal gehört oder gelesen habe. Muss so was wie ein fotografisches Gedächtnis sein. Aber … «, sagte er dann und tippte sich dabei an den Kopf, »… ein bisschen Denken gehört immer noch dazu! Janine hat recht. Das mit dem Erbstreit ist kein schlechter Gedanke. Aber wollen wir nun rein oder nicht? Joe, du bist doch mit deinem Freund schon oft hier gewesen und es ist nie was passiert, stimmt’s?«
    »Ja«, sagte ich. Und meine Antwort schien die Mädchen zu beruhigen. »Andi und ich sind immer vom Wald aus reingegangen. Da gibt es ein Loch im Zaun. Ich glaube, da sind auch ab und zu mal Wildschweine durch.«
    »Na, dann mal los«, sagte Tommy entschlossen, und ich marschierte flott voran, um den anderen den Weg zu zeigen.
    Ich fand das Loch auf Anhieb und es war wider Erwarten nicht sonderlich schwer, durch die wild wuchernde Buchsbaumhecke zu steigen. Schnell waren wir durch und standen inmitten dieses unglaublich wilden und abenteuerlich anmutenden Gartens.
    Allerdings hatten unsere beiden Hunde hier noch weniger Bedenken als ihre zweibeinigen Begleiter. Jever tobte über die hohe Wiese und Lazy erschnüffelte sich die wilde neue Welt mit der ihm eigenen Vorsicht, sprich: Langsamkeit. Die beiden schienen sich richtig wohlzufühlen, und irgendwie hatte in diesem Moment auch von uns keiner mehr ein mulmiges Gefühl.
    Langsam schlichen wir um das Haus herum. Ab und zu schlug Tommy uns den Weg ein Stück mit der Machete frei. Aber im Großen und Ganzen schien mir, dass rund um das Haus weit weniger stachlige Brombeerhecken oder sonstiges Unkraut wucherte, als ich das von früher in Erinnerung hatte.
    »Achtet auf einen Eingang!«, rief ich den Mädchen zu. Ich wusste zwar, dass ich bisher nie einen gesehen hatte, aber ich wollte, dass sie spürten, sie gehörten zu uns. Und vielleicht fanden wir ja gemeinsam tatsächlich eine Tür oder so was.
    Das Haus war graubraun verputzt, so wie viele in der Gegend. Soweit ich von meinem Vater wusste, mussten diese Häuser in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhundertserbaut worden sein, kurz vor dem Zweiten Weltkrieg also. Es waren stabile Bauten mit Kellern, die man noch Keller nennen konnte. Allerdings, so meinte mein Vater, waren sie nicht isoliert und wenn man so eins kaufte, musste man erst gegen den Schimmel und die Mäuse ankämpfen.
    Eigentlich war es ein recht kleines Haus, es bestand nur aus dem Erdgeschoss und einer ersten Etage, die schon gleich das Dach trug. Die Fenster waren etwa anderthalb Meter über dem Erdboden, und die Dachfenster in den Gauben waren für uns sowieso unerreichbar. Stellenweise wuchs Wein und Efeu am Putz empor, und außerdem mussten Vögel im Gestrüpp nisten, denn ein Flattern und Piepsen war in unregelmäßigen Abständen zu vernehmen.
    Langsam umrundeten wir das Haus, und nichts, aber auch gar nichts, deutete auf einen Eingang hin. Als wir wieder an unserem Ausgangspunkt angelangt waren, fühlte ich Resignation in mir aufsteigen, obwohl es doch eigentlich keinen Grund für so ein Gefühl gab, schließlich ließ sich auf diesem Grundstück doch einiges anstellen.
    Tommy zerstreute meine Gedanken.
    »Gut. Das wäre der erste Schritt. Machen wir den zweiten.«
    Wir schauten ihn gespannt an.
    »Jeder von uns nimmt sich in Ruhe eine Seite des Hauses ganz genau vor, und wenn euch

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