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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ein seltsames, übles Gefühl, und ich duckte mich unwillkürlich.
    Mit angehaltenem Atem verfolgten wir, wie der Sturz des Springers von dem Seil abgefangen wurde und wie der Kerl etwa fünf Meter über dem Betonboden wieder nach oben schnellte. Was dann folgte, war naturgemäß weniger aufregend. Der Bungee-Springer pendelte aus.
    »Hallo, ich bin Janine«, sagte Sannes Freundin und streckte mir ihre Hand hin. Ich dachte, oh Mann, noch so eine, gab ihr dann aber doch die Hand und grinste.
    »Hi, ich bin Joe, und ich habe gehört, dass du als Nächste springen willst?«
    Sie zuckte zurück und schaute mich richtig entsetzt an.
    »Wer hat dir denn das erzählt? Niemals würde ich da freiwillig raufgehen!«
    Sanne boxte mich in die Seite und lachte.
    »Lass dir nichts erzählen! Das ist mein Bruder, den brauchst du nicht ernst zu nehmen. Und das hier … «, sie zeigte auf Tommy, »… ist Tommy. Er ist gerade bei uns im Haus eingezogen, und wir dachten, wir nehmen ihn mit, und zeigen ihm ein wenig von der großen Stadt.«
    Tommy und ich schauten uns an. Wir verstanden uns blind. Toll, wie meine Schwester das so ausdrückte, wir nehmen ihn mit! Dabei war es ja wohl eher so, dass wir Sanne mitgenommen hatten. Aber so sind Frauen nun mal. Ich betrachtete Janine verstohlen von der Seite und musste zugeben, soganz und gar unsympathisch sah sie gar nicht aus. Ihre Haare fielen ihr bis auf die Schulter, sie hatte eine süße Nase und trug Delfin-Ohrringe.
    »Und, was machen wir jetzt?«, fragte Sanne. »Erst Kino oder erst Eis?«
    »Kino wäre nicht schlecht«, sagte Tommy. »Doch zuerst will ich springen.«
    Wir starrten ihn mit großen Augen an und dachten, die Worte hätte ein Außerirdischer gesprochen. Wollte Tommy tatsächlich springen? Mir wurde heiß und kalt. Was, wenn er auf die Idee kam, dass wir danach alle springen sollten, oder wenn die Mädchen der Meinung wären, wenn Tommy springt, könne ich doch auch …
    Aber schon einen Moment später wusste ich, dass meine Befürchtungen falsch waren. Tommy würde mich und uns niemals unter Druck setzen und auch Sanne würde nicht so gemein sein, mich zu hänseln, wenn ich nicht springen würde, obwohl sie manchmal ziemlich fies sein konnte. Und von ihrer neuen Freundin konnte ich mir das auch nicht vorstellen. Und obwohl ich Tommys Art ja nun bereits kannte, haute es mich wieder mal um, was er da jetzt von sich gab.
    »Freunde«, sagte er, »das Bungee-Jumping ist eine uralte Sache. Erfunden wurde es von einem Volk auf Vanuatu, einem Inselstaat im Pazifik, und es gibt die Legende, dass eine Frau auf der Flucht vor ihrem gewalttätigen Mann auf einen hohen Baum geklettert war. Der Mann folgte ihr, und in ihrer Panik sprang sie hinunter. Der Mann dachte, was siekann, kann ich auch und sprang hinterher. Doch sie hatte sich mit einer Liane gesichert und wurde kurz vor dem Boden abgefangen, während er zu Tode stürzte.«
    Er lächelte und schaute von einem zum anderen.
    »Dieser Legende huldigt man dort bis heute mit einem jährlichen Fest. Die jungen Männer stürzen sich von einem hohen Gerüst bis zu dreißig Meter in die Tiefe. Dabei kommt es manchmal sogar darauf an, dass die Springer mit dem Kopf leicht den Boden berühren, ohne sich zu verletzen! Eigentlich unglaublich, oder?«
    Wir sahen ihn völlig verblüfft an. Das konnte ich mir wirklich nicht vorstellen. Erst recht nicht, woher Tommy das alles wusste.
    »Und jetzt vergleicht das mal mit dem Hightech-Zeug hier! Da wird alles genau berechnet, das Spezialseil wird genau für die Größe und das Gewicht des Springers ausgewählt, und die Sicherungen sind absolut sicher. Hier kann man sich voll auf die Technik verlassen. Ein Springer auf Vanuatu dagegen vertraut auf die Macht der Götter! Was also ist gefährlicher?«
    Er sagte das so, als ob mein Lehrer Schulz mir was vom Brutverhalten des Stichlings erzählen wollte. Ich kam mir richtig klein vor im Vergleich zu Tommy. Er wusste so Vieles und hatte dabei sogar die Gabe, es nicht so erscheinen zu lassen, dass man dachte, man wäre blöd.
    Sanne und Janine sahen ihn halb ehrfurchtsvoll, halb bewundernd an. Das gab mir einen kleinen Stich ins Herz,aber dann sagte Sanne etwas, das mir wieder guttat. Sie nahm meinen Arm und blickte Tommy fest an.
    »Du kannst gerne springen, aber ich will nicht, dass Joe springt.«
    Tommy lächelte sie an und beruhigte sie.
    »Wenn du mich erst näher kennst, wirst du merken, dass ich es niemals zulassen würde, dass irgendeiner

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