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Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1

Titel: Das Buch der Gaben - Tommy Garcia ; Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Blick schweifte in die Runde und blieb an einer unglaublich dicken Frau hängen, die bedächtig einen Löffel nach dem anderen von ihrem Spaghetti-Eis in sich reinschaufelte. Ich sah auch, dass schon ein leerer Eisbecher auf ihrem Tisch stand und außerdem noch eine halbleere Tasse Eisschokolade. Es war mir vollkommen unbegreiflich, wie man so viel auf einmal essen konnte. Ich stieß Tommy an und deutete unauffällig auf die Dicke.
    »Kannst du mal sehen, was die gerade denkt?«
    Tommy schaute nachdenklich zum anderen Tisch hinüber und nickte dann langsam. »Warum nicht. Sehr unglücklich sieht sie nicht gerade aus. Ich denke, das können wir riskieren.«
    Dann griff er vorsichtig unter sein T-Shirt und berührte das Buch der Gaben. Sein Blick konzentrierte sich auf die dickeFrau, und fast gleichzeitig machte er ein verblüfftes Gesicht. Wir sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Und, was denkt sie?«, fragte Sanne gespannt.
    »Sie denkt: Ich muss sofort aufhören zu essen!«, sagte Tommy erstaunt. »Dabei ist die so dick, da ist es doch eh egal.«
    Und dann machte er ein nachdenkliches Gesicht.
    »Und sie denkt:Wie oft wollte ich schon aufhören, aber ich schaff es ja doch nicht! Wozu auch und für wen? Wenn man allein ist, kann man ruhig dick sein.«
    Janine ließ ihren Eislöffel sinken und sah die Frau plötzlich mit ganz anderen Augen.
    »Vielleicht hat sie sich so dick gefuttert, weil sie niemanden mehr hat, mit dem sie reden kann«, sagte sie leise.
    Auf einmal bekam Tommy einen Schreck.
    »Seht besser in eine andere Richtung! Sie denkt gerade: Was starren die Kinder mich so an!«
    Wir taten so, als hätten wir nur zufällig rübergeschaut. Ich wusste mit einem Mal, wie jemandem zumute sein musste, der so dick war und den alle Leute anstarrten.
    Janine legte ihre Hand auf Tommys Arm.
    »Ich möchte nicht, dass du weiter in den Gedanken anderer Leute liest. Ich finde, dass es uns ganz und gar nichts angeht, wie jemand sich fühlt. Mir tut die Frau leid. Ich wünschte, sie könnte alles essen, was sie wollte, und würde trotzdem nicht dick werden! Dann wäre sie vielleicht auch nicht mehr lange alleine.«
    Tommy nickte verständnisvoll und sagte: »Ich habe auch genug vom Gedankenlesen. Immer, wenn ich es bei jemandem versuche, sehe ich Dinge, die nicht für mich bestimmt sind. Ich finde, wir sollten jetzt aufessen und gehen. Joe, du musst unbedingt rausfinden, wann die Mondphase endet, in der wir uns gerade befinden.«
    Ich kam nicht mehr zum antworten, denn vom Nebentisch ertönte ein greller Schrei. Unsere Köpfe fuhren herum. Und was wir sahen, konnten wir nicht glauben. Unfassbares war geschehen!
    Die eben noch so furchtbar dicke Frau saß zwar noch da. Jedenfalls musste sie es sein, denn sie hatte zweifellos dieselben Klamotten an wie vorher. Doch jetzt schlabberte der Pullover wie fünf Nummern zu groß an ihr herum, und ihr Bauch steckte in einer Hose, die unglaublich weit war. Völlig fassungslos hielt die Dame den Hosenbund fest, damit man ihre Unterwäsche nicht sah und stammelte ständig so was wie: »Das glaub ich nicht … das glaub ich nicht!« Wenn wir sie nicht eine Minute vorher noch in ihren aus allen Nähten platzenden Sachen gesehen hätten, ich hätte gedacht, da sitzt eine Zaubererin! Das konnte doch einfach nicht sein. Jetzt war es eine vollkommen schlanke und eigentlich recht hübsch aussehende Frau!
    So langsam kam mir ein Verdacht. Und nicht nur mir. Auch Sanne und Tommy starrten Janine an.
    »Hast du etwa… ?«, flüsterte Sanne.
    »Ich hab doch nur gesagt … ich meine … «, stotterte Janineund schaute mit weit aufgerissenen Augen zum Nachbartisch.
    »… dass sie alles essen soll, was sie will und dass sie trotzdem nicht dick wird!«, ergänzte Tommy. »Na, das hast du ja fein hingekriegt! Schau mal nach deinen Wunschkugeln!«
    Janine kramte in ihrer Jeans und holte die Kugeln hervor. Als wir sahen, wie viele in ihrer Hand lagen, war die Sache klar. Fünf Kugeln und etwas feiner weißer Staub!
    »Siehst du«, blaffte Sanne, »jetzt hast du dich auch verwünscht!«
    Janine schaute ganz unglücklich von den Kugeln zu der Frau und wieder zurück.
    »Was soll ich denn jetzt machen?«, jammerte sie. »Soll ich sie mir wieder dick wünschen?«
    Tommy sah nachdenklich zu der Frau hinüber, die jetzt nicht mehr herumstammelte, sondern nur noch still an sich hinunterblickte. In ihrem Gesicht schien ein glückliches Lächeln zu liegen.
    Tommy beruhigte Janine. »Ich werde ihre Gedanken nicht

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