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Das Buch der Schatten 2

Das Buch der Schatten 2

Titel: Das Buch der Schatten 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiernan Cate
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Geheimnisse vor mir zu wahren.
    Trotzdem, ich hatte sie sechzehn Jahre lang als meine Mutter betrachtet. So eine Gewohnheit war schwer abzulegen.
    »Er und seine Mutter sind im September hergezogen«, fügte ich hinzu.
    Mom lehnte sich an den Türpfosten. »Was hält er von Hexerei?«
    Ich blinzelte und schaltete den Fernseher aus. »Ähm … er findet sie gut«, sagte ich steif.
    Mom nickte.
    »Warum habt ihr mir nie erzählt, dass ich adoptiert bin?«, fragte ich. Es platzte jetzt, da ich die Gelegenheit hatte, einfach aus mir heraus.
    Sie schluckte, während sie nach einer Antwort suchte. »Es gab einige sehr gute Gründe«, sagte sie schließlich. Die Stille im Haus schien ihre Worte noch zu unterstreichen.
    »Überall heißt es, man soll offen damit umgehen«, sagte ich. Ich spürte schon, wie sich mir die Kehle zuschnürte,
und plötzlich fühlten sich meine Nerven an wie Dornen.
    »Ich weiß«, sagte Mom leise. »Ich weiß, dass du Antworten willst … und brauchst.«
    »Ich verdiene Antworten!«, sagte ich und hob die Stimme. »Du und Dad habt mich sechzehn Jahre lang angelogen! Ihr habt Mary K. angelogen! Und alle rundherum wussten Bescheid!«
    Sie schüttelte den Kopf, machte ein seltsames Gesicht. »Niemand kennt die ganze Wahrheit«, sagte sie. »Nicht einmal dein Vater und ich.«
    »Was soll das heißen?« Ich verschränkte die Arme über der Brust und versuchte, mich an meiner Wut festzuhalten, um nicht in Tränen auszubrechen.
    »Dein Vater und ich haben uns unterhalten«, sagte sie. »Uns ist klar, dass du es wissen willst. Und wir werden es dir sagen. Bald.«
    »Wann?«, fragte ich schroff.
    Mom lächelte seltsam, als wäre es ein privater Witz. Sie war so ruhig und wirkte doch so zerbrechlich, dass es mir schwerfiel, zornig zu bleiben. Sie setzte mir nichts entgegen, wogegen ich kämpfen konnte, und das ärgerte mich noch mehr.
    »Es sind sechzehn Jahre«, sagte sie leise. »Gib uns noch ein paar Tage. Ich brauche Zeit, um nachzudenken. «
    Ich starrte sie ungläubig an, doch sie strich mir mit
demselben seltsamen Lächeln auf den Lippen sanft mit der Hand über die Wange und verließ das Zimmer.
    Aus irgendeinem Grund ging mir die Erinnerung durch den Kopf, wie ich, als ich klein gewesen war, immer ins Bett meiner Eltern geschlichen kam. Ich war zwischen sie gekrabbelt und sofort eingeschlafen. Nie wieder hatte ich mich so sicher und beschützt gefühlt. Jetzt kam mir das ganz seltsam vor. Meine Kindheitserinnerungen wurden jeden Tag revidiert.
    Das Telefon klingelte und ich griff danach wie nach einer Rettungsleine. Ich wusste, dass es Cal war.
    »Hi«, sagte Cal, bevor ich etwas sagen konnte, und ein warmes, tröstliches Gefühl überkam mich. »Ich hab Sehnsucht nach dir. Kann ich vorbeikommen?«
    In einer Sekunde ging ich von tiefer Verzweiflung zu höchste Freude. »Könnte ich auch zu dir kommen?«
    »Das macht dir nichts aus?«
    »O Gott, nein. Ich bin schon unterwegs, okay?«
    »Toll.«
    Ich floh aus dem Haus, konnte nicht schnell genug zu meinem Glück eilen.
     
    Cal kam mir an der Haustür entgegen. Es war schon fast dunkel, und die Luft war schwer und feucht, als könnte es dieses Jahr früh schneien.
    »Ich kann aber nicht lange bleiben«, sagte ich und keuchte ein wenig.

    »Danke, dass du gekommen bist«, sagte er und führte mich ins Haus. »Ich hätte auch zu dir kommen können.«
    Ich schüttelte den Kopf und zog meinen Mantel aus. »Du hast hier mehr Privatsphäre«, sagte ich. »Ist deine Mutter zu Hause?«
    »Nein.« Wir gingen die Treppe hinauf. »Sie ist mit jemandem aus ihrem Hexenzirkel im Krankenhaus. Ich muss später auch dorthin und ihr helfen.« Ich begriff, dass wir beide allein im Haus waren. Ein leises erwartungsvolles Zittern durchfuhr mich.
    »Ich habe vergessen, Robbie heute zu fragen«, sagte Cal und öffnete die Dachbodentür zu seinem Zimmer. »Bekommt er eine neue Brille?«
    »Keine Ahnung. Sie wollen noch ein paar Tests machen.« Ich rieb meine Arme, als wir in Cals Zimmer traten, obwohl es darin gemütlich warm war. Ich fühlte mich wohl hier mit Cal. Der Rest meines Lebens mochte ein einziges Durcheinander sein, aber hier wusste ich, dass ich stark war. Ich wusste, dass Cal mich verstand. Und das vermittelte mir ein wunderbares Gefühl der Erleichterung.
    Ich sah mich in Cals Zimmer um und dachte an den Abend, an dem wir hier ein Kreisritual gemacht hatten, bei dem ich die Aura der anderen hatte sehen können. Es war so verlockend gewesen, von der Magie

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