Das Buch der Schatten 2
und eine weibliche Hexe können keine Kinder miteinander zeugen«, erklärte Cal. »Eine männliche Hexe kann eine gewöhnliche Frau schwängern, aber nur ganz bewusst. Und ihr Baby hätte allenfalls schwache magische Kräfte, womöglich auch gar keine. Nicht so wie du.«
Ich hatte das Gefühl, als hätte ich etwas vollbracht: Ich war eine mächtige Hexe.
»Okay«, sagte Cal. »Und warum waren deine Bücher auf der Veranda? Hattest du sie versteckt?«
»Ja«, antwortete ich bitter. »Bei Bree zu Hause. Und sie hat sie heute Morgen bei uns auf der Veranda abgelegt. Weil wir uns letzte Nacht geküsst haben.«
»Was?« fragte Cal, und ein dunkler Schatten zog über sein Gesicht.
Ich zuckte die Achseln. »Bree hat dich … hat dich wirklich gewollt. Will dich. Und als du mich gestern Abend geküsst hast … Ich weiß, dass sie das Gefühl hat, ich hätte sie hintergangen.« Ich schluckte und blickte aus dem Fenster. »Ich habe sie hintergangen«, sagte ich leise. »Ich habe gewusst, was sie für dich empfindet.«
Cal senkte den Blick. Er nahm eine lange Strähne meines Haars und wickelte sie sich immer wieder um die Hand. »Was empfindest du denn für mich?«, fragte er nach einem Augenblick.
In der vergangenen Nacht hatte er gesagt, er liebe mich. Ich sah ihn an, blickte dann an ihm vorbei nach draußen, wo die blasse Novembersonne den Nebel vertrieb. Ich atmete tief durch und versuchte, das plötzliche schnelle Schlagen meines Herzschlags zu beruhigen. »Ich liebe dich«, sagte ich. Meine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
Cal schaute auf und begegnete meinem Blick. Seine
Augen strahlten. »Ich liebe dich auch. Es tut mir leid, dass Bree gekränkt ist, aber dass sie Gefühle für mich hat, bedeutet nicht, dass wir nicht zusammen sein können. «
Hat es dich daran gehindert, mit ihr zu schlafen?, hätte ich ihn beinahe gefragt, doch ich brachte es einfach nicht über mich. Ich war mir immer noch nicht sicher, ob ich es wirklich wissen wollte.
»Und es tut mir leid, dass Bree es an dir auslässt«, sagte er. Er machte eine Pause. »Dann hat deine Mutter also die Bücher gefunden und war aufgebracht deswegen. Du dachtest, sie würde leugnen, dass sie selbst auch eine Hexe ist, richtig?«
»Ja. Nicht nur sie, sondern auch mein Vater und meine Schwester«, sagte ich. »Aber als ich das gesagt habe, sind meine Eltern völlig durchgedreht. Ich habe sie noch nie so außer sich erlebt. Und da habe ich gesagt : ›Also, was dann? Bin ich etwa adoptiert? ‹ Und sie haben diesen schrecklichen Gesichtsausdruck bekommen. Sie wollten mir nicht antworten. Und plötzlich musste ich es einfach wissen. Also bin ich die Treppe runtergelaufen und habe meine Geburtsurkunde rausgesucht. «
»Und auf der stand ein anderer Name.«
»Ja. Maeve Riordan.«
Cal richtete sich alarmiert auf. »Ehrlich?«
Ich starrte ihn an. »Wie? Sagt dir der Name etwas?«
»Er kommt mir irgendwie bekannt vor.« Er sah aus dem Fenster und überlegte, runzelte die Stirn und schüttelte dann den Kopf. »Nein, vielleicht auch nicht. Ich weiß nicht, wo ich ihn einordnen soll. «
»Oh.« Ich schluckte meine Enttäuschung herunter.
»Was hast du jetzt vor? Willst du mit zu mir nach Hause kommen?« Er lächelte. »Wir könnten schwimmen gehen.«
»Nein, danke«, sagte ich und dachte daran, wie die Mitglieder des Kreises sich nackt in seinen Pool gestürzt hatten. Ich war die Einzige gewesen, die die Kleider anbehalten hatte.
Cal lachte. »Ich war ganz schön enttäuscht in der Nacht, weißt du«, sagte er und sah mich an.
»Warst du nicht«, erwiderte ich und verschränkte die Arme über der Brust. Er kicherte leise.
»Ernsthaft, willst du mit zu mir kommen? Oder soll ich mit zu dir nach Hause fahren und dir helfen, mit deinen Eltern zu reden?«
»Danke«, sagte ich, gerührt über sein Angebot. »Aber ich glaube, ich sollte allein nach Hause fahren. Mit ein bisschen Glück sind sie eh in der Kirche. Es ist Allerheiligen. «
»Was ist das?«, fragte Cal.
Ich erinnerte mich, dass er nicht katholisch war – und auch keiner anderen christlichen Religion angehörte. »Allerheiligen«, sagte ich, »ist der Tag nach Halloween.
Für Katholiken ist das ein besonderer Feiertag. Da gehen wir auf den Friedhof und kümmern uns um unsere Familiengräber. Schneiden das Gras, pflanzen frische Blumen.«
»Cool«, sagte Cal. »Eine schöne Tradition. Witzig, dass es ausgerechnet der Tag nach Samhain ist. Andererseits scheint es, als hätten
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