Das Buch der Schatten 2
viele christliche Feiertage ihren Ursprung in Wicca-Feiertagen aus uralten Zeiten.«
Ich nickte. »Ich weiß. Aber tu mir einen Gefallen und erwähn das nicht gegenüber meinen Eltern«, sagte ich. »Egal, ich fahr wohl besser mal nach Hause.«
»Okay. Kann ich dich später anrufen?«
»Ja«, sagte ich und konnte nicht aufhören zu lächeln.
»Ich glaube, ich nehme aber das Telefon«, sagte er grinsend.
Dass er gekommen war, als ich meinen Vers aufgesagt hatte – ich staunte immer noch darüber, dass es funktioniert hatte.
Er stieg aus Das Boot in die kühle, frische Novemberluft, ging zu seinem Auto und fuhr los. Ich winkte ihm hinterher.
Meine Welt war sonnendurchflutet. Cal liebte mich.
4
MAEVE
7. Februar 1978
Vor zwei Nächten hat jemand »Hexe« auf die Mauern von Morag Sheehans Laden gesprüht. Wir haben unseren Kreis verlegt, um uns bei den Klippen zu treffen, ein Stück die Küste hinunter.
Gestern Abend gingen Mathair und ich noch spät zu Morag. Zum Glück war Neumond – kein Licht und eine gute Zeit für magische Sprüche.
Ritual zum Heilen, Schutz vor dem Bösen, Reinigen
Zieh einen Kreis um das herum, was du schützen möchtest. (Ich musste den Süßwarenladen vom alten Burdock mit einbeziehen, weil die beiden Gebäude aneinanderstehen.)
Reinige den Kreis mit Salz. Wir haben weder Kerzen noch Weihrauch benutzt, sondern nur Salz, Wasser und Erde.
Ruf die Göttin an. Ich trug meine Kupferarmbänder und hielt einen Klumpen Sulfur, einen Klumpen Marmor aus dem Garten, ein Stück versteinertes Holz und ein Stückchen Muschelschale in den Händen.
Dann sagten Ma und ich (leise): »Wo wir hier stehen, Göttin, hör uns an, um Schutz für dieses Fleckchen Erde bitten wir, denn Morag hat den Dienst dir immer treu getan, schütz sie vor denen, die ihr Böses wollen hier.« Dann riefen wir Göttin und Gott an und gingen dreimal um den Laden.
Niemand hat uns gesehen, da bin ich mir sicher. Ma und ich gingen nach Hause, fühlten uns stark. Das sollte helfen, Morag zu beschützen.
– Bradhadair
Ich fuhr langsam meine Straße hinauf und hielt im Näherkommen ängstlich Ausschau, ob meine Eltern womöglich immer noch auf dem Rasen vor unserem Haus standen. Doch Dads Auto war weg. Ich ging davon aus, dass sie in die Kirche gefahren waren.
Im Haus war alles still, obwohl ich das Gefühl hatte, die schockierten Vibrationen der morgendlichen Ereignisse lagen noch in der Luft – wie ein leichter Duft.
»Mom? Dad? Mary K.?«, rief ich. Keine Antwort. Langsam wanderte ich durchs Haus, sah das Frühstück unberührt auf dem Küchentisch stehen. Ich schaltete die Kaffeemaschine aus. Die Zeitung war noch ordentlich gefaltet, offensichtlich ungelesen. Ganz und gar kein normaler Sonntagmorgen.
Mir ging auf, dass das meine Chance war, und ich
eilte ins Büro. Doch die zerrissene Geburtsurkunde war fort, und der Aktenschrank meines Vaters war verschlossen, zum ersten Mal seit ich denken konnte.
Mit raschen Bewegungen, immer darauf lauschend, ob sie schon zurückkamen, durchsuchte ich den Rest des Büros. Ich fand nichts und hockte mich einen Augenblick auf die Fersen, um nachzudenken.
Das Zimmer meiner Eltern. Ich lief hinauf in ihren vollgestopften Schlafbereich. Als ich die Schubladen der Frisierkommode aufzog, kam ich mir vor wie ein Dieb. Schmuck, Manschettenknöpfe, Stifte, Lesezeichen, alte Geburtstagskarten – nichts Belastendes. Nichts, was mir irgendetwas von dem verriet, was ich wissen musste.
Ich tippte mit dem Finger an meine Lippen und sah mich um. Auf der Frisierkommode standen gerahmte Babyfotos von Mary K. und mir und ich sah sie mir genauer an. Auf einem Foto waren meine stolzen Eltern mit mir im Arm, der dicken, neun Monate alten Morgan; ich lächelte und patschte die Händchen zusammen. Auf einem anderen Bild war Mom in einem Krankenhausbett zu sehen, die neugeborene Mary K. im Arm, die aussah wie ein haarloser Affe. Mir wurde klar, dass ich nie ein Foto von mir als Neugeborenes gesehen hatte. Kein einziges Foto vom Krankenhaus oder eins, auf dem ich winzig aussah oder lernte zu sitzen. Es gab erst Fotos von mir, als ich ungefähr, was, acht Monate
alt war? Neun Monate? War ich so alt gewesen, als sie mich adoptiert hatten?
Adoptiert. Die Vorstellung war immer noch absolut bizarr und doch hatte ich mich auf unheimliche Weise schon daran gewöhnt. In gewissem Sinne erklärte es alles. Doch andererseits auch wieder nicht. Da warf es nur noch mehr Fragen auf.
Ich blätterte mein
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