Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
umgehen?«
Ich begegnete Brees Blick im Rückspiegel. Über ihr Gesicht zog augenblicklich ein Lächeln; sie wusste genau, dass ich die beiden nur auf den Arm nahm. Es war einfach toll, mit ihr irgendwo hinzufahren. Die letzten drei Monate ohne sie waren trostlos gewesen. Wir hatten noch einen langen Weg vor uns, um unsere Freundschaft wieder zu festigen, aber wir machten Fortschritte, und das war wirklich toll.
» Du verstehst nicht, was der Rat…«, fuhr Hunter fort, der sich immer mehr aufregte.
» Entspann dich, Hunter«, sagte ich, denn allmählich hatte ich Mitleid mit ihm. » Ich hab nur Spaß gemacht. Ich weiß nicht mal, wie man Wettermagie wirkt.«
» Wa…was?«, stotterte er.
» Ich weiß nicht mal, wie man Wettermagie wirkt«, wiederholte ich. » Und meine Lektion über den missbräuchlichen Gebrauch von Magie habe ich wahrlich gelernt. Ja, Sir. Bei so was wirst du mich nicht mehr erwischen.« Und dann trank ich einen kräftigen, befriedigenden Schluck Cola light.
Hunter trommelte mit den Fingern auf den Türgriff und schaute aus dem Fenster. Nach einem Augenblick breitete sich zögerlich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus und ich platzte innerlich fast vor Freude.
» Ach, übrigens«, sagte er ein paar Minuten später, » ich war in Selenes Haus und habe nachgesehen, ob ich was über die Kerze in Erfahrung bringen konnte, die du gesehen hast. Ich habe keine Spuren gefunden, weder von einer Person noch von irgendwelcher Magie.«
» Was für eine Kerze?«, fragte Robbie.
» Ich habe neulich gedacht, ich hätte in einem Fenster in Cals Haus jemanden gesehen, der eine flackernde Kerze hielt«, erklärte ich.
Robbie erschrak. » O Mann!«
» Du hast also keine Fußabdrücke gefunden oder so was?«, fragte ich Hunter.
» Nein. Im Haus ist es schon ziemlich staubig, aber alles war unberührt«, sagte Hunter. » Ich wollte noch mal einen Versuch starten, in Selenes verborgene Bibliothek zu gelangen, aber auch diesmal habe ich die Tür nicht gefunden.« Frustriert schüttelte er den Kopf. » Sie besitzt unglaublich starke magische Kräfte, das muss ich ihr lassen.«
» Hmm«, meinte ich nachdenklich. Ich war nur einmal in dieser Bibliothek gewesen– und zwar durch reinen Zufall. Ich fragte mich, ob ich wieder hineingelangen konnte. Der Internationale Rat der Hexen wollte sicher wissen, ob in diesem Raum etwas zurückgeblieben war, und wenn ja, was. Doch ich ertrug den Gedanken nicht. Ich wollte dieses Haus nie wieder betreten. Ich hätte Hunter gern unterstützt, aber ich konnte mich nicht überwinden, ihm dabei meine Hilfe anzubieten.
» Hey, Bree, die nächste Ausfahrt musst du raus«, sagte Robbie, der den Lotsen spielte.
» Okay«, meinte Bree.
Danach sprachen wir nicht mehr viel über Magie. Meine Gedanken wanderten zu dem Kreisritual, das ich am Vortag mit Sky und Alyce gemacht hatte. Ich wusste, dass ich noch mehr über mein Erbe und meine leiblichen Eltern erfahren musste, aber ich hatte keine Ahnung, wo ich anfangen sollte. Sie waren vor mehr als fünfzehn Jahren ums Leben gekommen, und soweit ich wusste, hatten sie keine guten Freunde in Amerika gehabt.
Als ich herausgefunden hatte, dass ich adoptiert worden war, hatte ich sämtliche Zeitungsartikel gelesen, die ich finden konnte, in denen etwas über den Brand stand, bei dem meine leiblichen Eltern ums Leben gekommen waren. Ich hatte auch Maeves Buch der Schatten gefunden, versteckt in Selenes Bibliothek (das hätte mir eigentlich einen Hinweis geben müssen, dass Selene nicht so offen und freigiebig war, wie sie sich gab), und hatte es in den letzten Wochen von vorn bis hinten gelesen. Ich hatte sogar geheime Passagen gefunden, in denen es um Maeves leidenschaftliche und tragische Affäre mit einem anderen Mann ging, nicht mit Angus, meinem leiblichen Vater. Und ich war im Besitz von Maeves magischen Werkzeugen– sie hatte mir in einer Vision geholfen, sie zu finden.
Doch das reichte mir nicht. Dieses Wissen füllte nicht die klaffende Lücke in meinem Verständnis für Maeve und Angus als Menschen und als Woodbane-Hexen.
Während ich grübelte, flog die Landschaft nur so vorbei, und plötzlich waren wir in Greenport, und Robbie meinte, er könne jetzt was zu essen vertragen.
Es war ein glücklicher, sorgloser Tag. Wir spazierten herum, aßen zu Mittag, kauften ein paar Sachen und lachten viel. In einem Laden für Kunsthandwerk fand ich eine wunderschöne Halskette aus Glasperlen, die ich für Bree als Weihnachtsgeschenk
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