Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
noch keine hundert Jahre alt. Doch hier ist die Magie alt und kraftvoll, deshalb wollten wir sie ja auch.
Ich darf weder das Ereignis beschreiben, noch, was wir getan haben, um die Welle zu rufen. Doch ich kann sagen, dass es das angsteinflößendste und zugleich beglückendste Ereignis war, dem ich je beigewohnt habe. Der Anblick der riesigen, wilden Welle – lilaschwarz, so ähnlich wie ein blauer Fleck –, die über den versammelten Hexenzirkel fegte, zu spüren, wie ihr eisiger Wind sich die Seelen und die Macht der alten Hexen schnappt, zu spüren, wie ihre Energie in mich eindringt wie ein Blitz –, das hat mich verändert, als Frau wie als Hexe. Ich bin eine Tochter von Amyranth und allein diese Tatsache verleiht meinem Leben Bedeutung und Freude.
Jetzt gehören das Wissen und die Magie des Wyndenkell-Hexenzirkels uns. Genau wie es sein sollte.
– SB
» Na, das ist doch mal ein schönes Auto«, sagte Hunter und ließ die Hand über die Ledersitze von Breezy gleiten. » Deutsche Ingenieurskunst, sparsam im Verbrauch.«
Ich kniff die Augen zusammen. War das etwa ein Hieb gegen Das Boot? War ja nicht die Schuld meines Autos, dass es gebaut worden war, bevor ökonomischer Spritverbrauch in Mode kam. Ich wollte ihn böse anstarren, doch ich konnte ihm einfach nichts nachtragen. Dazu war der Freitag viel zu schön– sonnig, vollkommen klar und vier Grad über Null. Eine kleine Pause von diesem frostigen Winter, das war wirklich schön.
» Ja, ich mag es auch«, sagte Bree vom Fahrersitz. Schwungvoll nahm sie die Auffahrt, und dann waren wir auf dem Highway und fuhren in Richtung Greenport, einer nahegelegenen Stadt. In der Innenstadt gab es viele süße Geschäfte und Gaststätten und Bree hatte Robbie und mich zu einem Ausflug überredet. Danach hatte ich mir ein Herz gefasst und Hunter angerufen, um ihn auch dazu einzuladen. Es war nicht unbedingt eine Verabredung, aber es fühlte sich doch immer mehr an, als wären wir ein Paar.
» Hast du mit dem Rat darüber gesprochen, was wir beim Wahrsagen in dem Stein gesehen haben?«, fragte ich Hunter leise.
Er nickte. » Ich habe meinem Mentor Kenneth Muir davon berichtet. Er hat versprochen, dass der Rat sich der Sache annimmt. Er hat mich gewarnt, nicht noch einmal wahrzusagen, denn es würde die dunkle Welle nur auf meine Eltern lenken. Ich weiß, dass er recht hat, aber…« Er verstummte. Ich hatte die Ungeduld und die Enttäuschung in seiner Stimme gehört, und wusste genau, wie er sich fühlte. Selbst zu wissen, dass sie tot waren, wäre in gewisser Hinsicht besser als dieses andauernde In-der-Luft-Hängen. Ich nahm seine Hand.
Er wandte sich mir zu und wir sahen einander in die Augen. Mir war, als würde meine Seele dahinschmelzen. Wann war ich je so mit jemandem im Einklang gewesen?
» Ich weiß«, flüsterte er, und ich verstand, dass er mir sagen wollte, dass er meine Gefühle teilte. Mein Herz wurde ganz leicht, und der heitere Tag war plötzlich fast zu strahlend, um ihn auszuhalten.
Robbie drehte sich um und sah Hunter und mich an. » Chips?«, fragte er und hielt uns die Tüte hin.
Es war erst halb elf am Vormittag, aber ich nahm eine Handvoll Chips mit Barbecue-Geschmack und aß sie geräuschvoll. Hunter lehnte mit einem besonders englischen Blick ab. Ich verkniff mir ein Lächeln.
» Kann ich auch was haben?«, fragte Bree.
Robbie steckte ihr einen in den Mund und beobachtete sie mit einer zärtlichen Mischung aus Bewunderung und Lust.
Ich aß noch eine Handvoll Chips und machte mir eine Cola light auf. Hunter sah mich unverwandt an, und ich musste mich arg zusammenreißen, um nicht daran zu denken, wie ich auf dem Fußboden in meinem Zimmer mit ihm rumgemacht hatte. » Das perfekte Getränk der Natur«, sagte ich und hielt die Dose hoch. Er verzog das Gesicht und wandte den Blick ab.
» Was für ein toller Tag«, sagte Bree und reckte sich auf ihrem Sitz.
» Dank mir und meines Wetterzaubers«, sagte ich leichthin.
Robbie und Hunter sahen mich erschrocken an.
» Nein«, sagte Robbie.
» Nein«, sagte Hunter.
Das machte mir Spaß. » Vielleicht, vielleicht auch nicht.«
Hunter war empört. » Das kann nicht dein Ernst sein!«
Kann nicht sein, dachte ich. Kann doch sein.
» Hast du denn gar nichts gelernt in den letzten paar Wochen?«, fragte er. » Das Wetter zu beeinflussen, das macht man nicht einfach so. Du hast doch keine Vorstellung, was das für Folgen haben kann. Wie kannst du nur so missbräuchlich mit Magie
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