Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
Grauzone. Sollte ich Hunter was schenken? Für das, was unsere Beziehung war, kam es mir fast zu persönlich vor– doch andererseits hatte er mir den wunderschönen Quilt gekauft. Und Bree? Würden wir uns dieses Jahr was schenken oder nicht? Ich seufzte. Warum musste immer alles so kompliziert sein?
Eine tröstliche Stimme störte mich in meinen Gedanken. » Du siehst aus, als würde es dir gut tun, wenn man dich ein bisschen von deinen Problemen ablenkte. Komm mit rauf und sieh dir meine neue Wohnung an«, schlug Alyce vor. Nach Davids Fortgang war sie in eine der Wohnungen über dem Laden gezogen. Es war die Wohnung von Davids Tante Rosaline gewesen. David hatte den Laden– und Rosalines beträchtliche Schulden– geerbt, als sie vor Kurzem gestorben war. Um einen Ausweg aus den Schulden zu finden, hatte er sich den verhängnisvollen Experimenten mit schwarzer Magie zugewandt. Jetzt, da Alyce die Besitzerin des Ladens war, zahlte sie Rosalines Schulden in einem langfristigen Tilgungsplan ab.
Alyce sagte Finn Bescheid, was wir vorhatten, und dann gingen wir durch das Hinterzimmer direkt in den Hausflur. » Da ich den Laden jetzt führe, ist es gar nicht schlecht, in der Nähe zu wohnen. Und ich spare die Miete«, erklärte Alyce und wir stiegen eine steile, enge Holztreppe hinauf.
Oben lagen zwei kleine, enge Wohnungen. Alyce führte mich durch die Tür zur Linken. Das Wohnzimmer war klein und schmucklos, aber frisch gestrichen in einem warmen Cremeton. Auf einer überraschend modernen Couch saß Sky und las in einem ledergebundenen Buch.
» Hey«, sagte ich. Ich hatte sie seit dem Kreisritual am Samstag nicht gesehen.
» Hi«, antwortete sie und erforschte neugierig mein Gesicht. Ob Hunter ihr von unserer Vision von seinem Vater und der dunklen Welle erzählt hatte?
» Sky und ich arbeiten zusammen«, erklärte Alyce und trat in die winzige, fensterlose Küche, um Tee zu machen. Ich setzte mich auf ein großes Kissen am Boden.
» Als du eben reingekommen bist, kam mir die Idee, wir drei könnten vielleicht ein Kreisritual machen«, fuhr Alyce fort und holte Tassen und Untertassen raus. » Es könnte dir helfen, dich zu zentrieren, Morgan. Und du und Sky arbeitet beide an unbeantworteten Fragen, auch dabei könnte es hilfreich sein.«
Ich dachte an die beiden Kreisrituale, an denen ich vor Kurzem teilgenommen hatte. Beide Male hatte ich keinen Zugang zu meiner Magie gefunden, und es graute mir davor, so etwas noch einmal zu empfinden.
» Ja, gute Idee«, sagte ich und nahm die Teetasse, die Alyce mir reichte.
Unser Kreis war klein– nur wir drei– und irgendwie sehr durch Alyce geprägt: offen, empfänglich, nährend, stark und sehr weiblich.
Wir stellten uns mitten im Wohnzimmer auf und fassten einander an den Händen, während die blasse Wintersonne durch die Fenster schien. Dann schlossen wir die Augen und intonierten unsere persönlichen Kraftlieder.
» An di allaigh, ne ullah«, begann ich.
Sky und Alyce sangen leise ihre Lieder: Alyce sang auf Englisch, während Skys Lied mehr wie meines klang, keltisch, alt, unverständlich. Drei Mal gingen wir im Uhrzeigersinn um die Kerze, die in der Mitte stand. Beim dritten Mal spürte ich, wie die magische Kraft von Skys Hand in meine floss und von meiner Hand in Alyce’. Sie besaß eine ausgeprägte und andere Qualität: immerwährend, lebensfördernd.
Dann rief Alyce die vier Elemente sowie Göttin und Gott an und sagte: » Herrin und Herr, wir drei sind auf einer persönlichen Suche. Bitte helft uns, offen zu sein für die Antworten, die das Universum uns gibt. Bitte helft uns, unseren Geist zu öffnen für die Weisheit der Welt.«
Nach einer kurzen Pause fuhr Alyce fort: » Meine Suche betrifft mich als Leiterin von Starlocket. Helft mir, mein Bewusstsein zu öffnen, um die Weisheit zu empfangen, die ich brauche, um die Frauen und Männer des Hexenzirkels anzuleiten. Helft mir zu verstehen, warum ich als Leiterin erwählt wurde. Helft mir, meine Pflichten voller Liebe zu erfüllen.«
Dann richtete sie ihre blauvioletten Augen auf Sky und nickte. Sky wirkte nachdenklich, dann sagte sie: » Meine Suche betrifft die Frage… ob ich dem Erbe meiner Eltern gerecht werde. Ob meine Magie so stark und rein sein wird wie die ihre.«
Ich sah sie an, überrascht, dass sie an ihrer magischen Kraft und an ihren Fähigkeiten zweifelte. Sie war mir immer recht arrogant, ja übertrieben selbstbewusst erschienen, und ich wusste, dass sie sehr viel mehr Wissen
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