Das Buch der Schatten - Böse Mächte: Band 6 (German Edition)
irgendwo hinfahren?«, fragte er.
» Ähm… ich wollte gerade ein bisschen spazierenfahren«, murmelte ich. » Aber ich wusste nicht so genau, wohin.«
» Wie wäre es mit Red Kill?«, schlug er vor. » Ich bräuchte ein paar ätherische Öle von Practical Magick. Und du musst mit Alyce reden.«
Also stieg ich in seinen Wagen und wir fuhren los.
» Heute Morgen haben Sky und ich uns die Holzstützen der Veranda noch einmal genauer angesehen«, sagte Hunter unterwegs. » Sie wurden definitiv angesägt und ich konnte keine Spuren von Magie entdecken.«
» Und, was hältst du davon?«
» Ich weiß nicht«, sagte er und tippte mit den Fingern aufs Lenkrad.
Hatte Cal das getan?, überlegte ich. Hatte er versucht, Hunter und mich zusammen umzubringen? Hatte er auch Hunters Bremsleitungen durchtrennt? Aber warum sollte er dafür keine Magie verwenden? War ich die letzte Idiotin, weil ich Hunter nicht erzählte, dass ich Cal gesehen hatte? Ich war so was von durcheinander.
Alyce lud uns in ihre kleine Wohnung zum Mittagessen ein. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich Hunger hatte, bis mir der köstliche Schmortopfgeruch, der durch die Räume zog, in die Nase stieg. Hunter und ich stürzten uns darauf und Alyce sah uns lächelnd zu. Sie saß mit uns am Tisch, doch sie aß nichts, sondern trank nur einen Becher Tee.
» Ich habe über deine Bitte, tàth meànma brach mit dir zu machen, nachgedacht«, sagte sie, als ich mir eine zweite Scheibe Brot nahm. » Das ist eine ernste Sache und ich habe es mir gründlich durch den Kopf gehen lassen.«
Ich nickte, bei ihrem ernsten Tonfall verließ mich der Mut. Sie würde Nein sagen. Ich sah, dass sie und Hunter einen Blick tauschten, und mein Appetit war dahin.
» Du weißt, dass es sehr schwierig sein kann«, fuhr Alyce fort. » Es wäre sehr kräftezehrend, körperlich wie emotional, für uns beide.«
Ich nickte. Es war einfach zu viel verlangt.
» Aber ich verstehe, warum du es machen willst und warum du mich gefragt hast. Ich verstehe auch, warum Hunter es für eine gute Idee hält«, sagte Alyce. » Und ich stimme dem zu. Ich glaube, dass Selenes Gruppe dich im Visier hat, und ich denke, du brauchst mehr Schutz, als andere dir geben können. Der beste Schutz kommt aus dir selbst heraus, und wenn du geistig mit mir verschmilzt und lernst, was ich weiß, bist du sehr viel stärker und viel eher in der Lage, dich zu wehren.«
Ich sah sie voller Hoffnung an. » Heißt das…«
» Du musst dich vorher von möglichst vielen geistigen Ablenkungen frei machen«, sagte Alyce freundlich. » Außerdem musst du dich einigen rituellen Vorbereitungen unterziehen. Hunter und Sky können dir dabei helfen. Lass es uns bald machen– je früher, desto besser. Morgen Abend.«
Auf dem Heimweg in Hunters Auto konnte ich kaum still sitzen. Die Vorstellung, Alyce’ ganzes umfassendes Wissen an einem Tag in mich aufnehmen zu können, war beglückend und nervenaufreibend zugleich.
» Danke, dass du für mich mit Alyce gesprochen hast«, sagte ich, » und ihr zugeredet hast, das tàth meànma brach mit mir zu machen.«
» Es war ihre Entscheidung.« Er klang distanziert, und ich war frustiert darüber, wie es zwischen uns war. Zum ersten Mal ging mir durch den Kopf, dass Hunter und ich uns sehr ähnlich waren. Deswegen gerieten wir auch so oft aneinander. Mit Cal war alles klar gewesen, leicht… Er war der Jäger gewesen und ich die Gejagte, und bei meiner Schüchternheit und Unsicherheit hatte das gut funktioniert. Doch bei Hunter und mir war es so, dass jeder sich damit wohler fühlen würde, wenn der andere die Führung übernähme. Ich konnte wohl annehmen, dass es einen Grund dafür gab, dass wir uns geküsst hatten, und nicht nur ein- oder zweimal. Hunter war nicht der Typ, der so was einfach so machte, und ich auch nicht. Also, was machten wir hier eigentlich? Waren wir dabei, uns zu verlieben?
Ich muss etwas riskieren, ging mir in einem Geistesblitz auf. Wenn ich wollte, dass das mit uns was wurde, musste ich mich ihm öffnen und darauf vertrauen, dass er nicht vorhatte, mir wehzutun. Und ich wollte, dass das mit uns was wurde.
Aber vorher… vorher musste ich ihm von Cal erzählen. Es stand als zu großes Geheimnis zwischen uns. Und es war nicht richtig, dass ich es ihm verschwieg. Für Hunter war Cal eine genauso große Bedrohung wie für mich, wenn nicht sogar eine größere. Ich musste es ihm erzählen und hoffen, dass seine aufbrausenden Gefühle nicht stärker waren als
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