Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)
geworfen hat?“
„Zeig mir mal das Kuvert“, forderte Ellinoy Dumpkin auf. Eingehendst betrachtete Ellinoy die Briefmarke und den Poststempel.
„So ein Mist!“ fluchte er. „Man kann nichts mehr darauf erkennen.“ Er gab den Umschlag Dumpkin zurück. Dieser steckte den Brief wieder hinein.
„Auf jeden Fall müssen wir tierisch aufpassen“, sagte Ellinoy weiter. „In Zukunft dürfen wir nicht mehr allein unterwegs sein!“
„Vielleicht sind wir doch verfolgt worden“, meinte Showy etwas ängstlich. „Was ist, wenn uns der Fremde nachgeschlichen ist?“
„Diesen Brief“, bemerkte Dumpkin nachdenklich. „Verdammt! Er muß den Inhalt kennen, sonst hätte er ihn nicht fortgeworfen.“
„Du meinst, sein Vater?“ erwiderte Ellinoy.
„Wäre möglich.“ Dumpkin sah sich das Kuvert an.
„Glaube ich nicht“, entgegnete Ellinoy. „Warum sollte er nachts in dem Internat herumschleichen? Wenn er hier wäre, so hätte er den Brief Rotschopf bestimmt selbst gegeben, oder besser, er hätte gar keinen zu schreiben brauchen.“
„Wer sollte es sonst sein?“ beharrte Dumpkin auf seiner Vermutung. „In dem Brief steht genau drin, wo das Buch zu finden ist. Jeder, der davon weiß, will es doch bestimmt besitzen.“
„Wer weiß von diesem Buch?“ Ellinoy blickte von Dumpkin zu Showy, von Showy wieder zu Dumpkin. „Nur wir, Pater Richmon, Rotschopf und sein Vater“, beantwortete er selbst seine Frage. „Sein Vater hat ihm geschrieben, also fällt er einmal aus. Rotschopf kann es auch nicht gewesen sein. Also –?“
„Der Pater?“ Showy schüttelte ungläubig seinen Kopf. Dumpkin machte einen Schritt zurück. „Es muß noch jemanden geben, an den wir nicht denken.“
„Gehen wir heute nacht in den geheimen Gang“, lenkte Ellinoy ab. „Die sechsundsechszigste Stufe ist die letzte des Turmes. Als wir ihn bestiegen hatten, habe ich die Tritte gezählt.“
„Je früher, desto besser“, nickte Dumpkin. Showy sagte nichts dazu. Dumpkin faltete den Brief zusammen und steckte ihn in den Plastikbeutel, der sich unter dem Baumstumpf befand.
„Gehen wir“, schlug er darauf vor. „Wir müssen Champy von dem Brief berichten. Er muß uns auch noch sagen, woher er ihn hat.“
Showy machte sich sofort an den Eingang des Lagers. Dumpkin und Ellinoy spähten aufmerksam um sich, als sie vor dem Lager auf Showy warteten, bis dieser das Dornengestrüpp wieder zurückgeschoben hatte. Widerwillig machte Showy wieder den Schluß. Er wollte sich nicht die Blöße vor seinen Freunden geben, daß er eigentlich mächtig Angst hatte, als letzter durch den Wald zu laufen. Bis über den Graben hin, den er mühevoll hinter sich gebracht hatte, ging es gut. Doch dann vernahm er plötzlich wieder dieses knackende Geräusch. Beinah zu Tode erschrocken fuhr Showy herum. Ellinoy und Dumpkin schienen dieses Knacken nicht gehört zu haben, da sie unbekümmert weiter schritten.
„Psst!“ zischte Showy erregt. Abrupt blieben sie stehen.
„Was ist?“ fragte Dumpkin leise.
„Irgend jemand ist in der Nähe“, flüsterte Showy zurück. Ängstlich blickte er um sich. Dumpkin musterte aufmerksam das Unterholz. Nach einer Weile schüttelte er seinen Kopf.
„Da ist nichts“, sagte er. „Gehen wir weiter.“
Ellinoy setzte seinen Weg fort. Showy hielt sich dicht hinter Dumpkin.
Zwanzig Schritte später. „Jean“, vernahm Showy auf einmal seinen Namen. „Jean Hensen.“ Showy zuckte zusammen. Ohne anzuhalten drehte er seinen Kopf soweit es ging nach hinten. Keine zwei Meter entfernt von ihm raschelte es im Buschwerk. Etwas Braunes konnte er durchschimmern sehen.
„Scheiße!“ entfuhr es Showy. Dumpkin wandte sich um.
„Was ist denn nun schon wieder?“ fragte er ihn etwas genervt. Showy zeigte auf das Gebüsch, hinter dem er eine Gestalt zu sehen vermeinte. Das Braune war verschwunden.
„Da hat jemand meinen Namen gerufen.“ Showys Stimme zitterte. Dumpkin blickte zu Ellinoy. Dieser zuckte nur mit der Schulter.
„Sehen wir zu, daß wir den Wald hinter uns bekommen“, drängte er zum Weitergehen. Showy sah Ellinoy verärgert an.
„Verdammt noch mal“, erwiderte er. „Hinter uns ist jemand. Ich hab etwas Braunes gesehen. Er hat meinen Namen, meinen richtigen Namen gerufen.“ Hartnäckig zeigte er immer wieder auf den Busch, hinter dem er das Bräunliche schimmern gesehen hatte. Seine Augen flackerten vor Angst und Zorn.
„Hauen wir ab!“ zischte Ellinoy. Gleichzeitig machte er kehrt. Gewandt begann
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