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Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron E Lony
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zu einer Viertelstunde, dann einer halben Stunde. Rouven vernahm nicht die Schritte, die sich ihm vom Treppenaufgang näherten. Er registrierte nicht die Hand, die ihn sanft an einen Körper drückte. Pater Richmons Körper. Ohne ein Wort zu sprechen nahm er Rouven an seine Brust. Rouven schlang die Arme um den Hals des Paters. Langsam trug Pater Richmon den Jungen die Stufen hinab. Stufe für Stufe. Zum Hintereingang hinaus. Erst als sie das Lehrerhaus erreicht hatten, blickte Rouven wieder auf.
    Vorsichtig ließ ihn der Pater auf den Boden. Rouven blickte ihm direkt in die Augen. In diesem Moment kamen Mr. Goodman und Sallivan von der Unglücksstelle auf das Lehrerhaus zu.
    „Folgen Sie mir, Pater“, flüsterte der Internatsleiter nur. Schweigsam begaben sie sich in das Rektorat. Rouven hielt sich fest an der Hand des Paters. Nachdem Sallivan die Tür des Rektorates hinter sich geschlossen hatte, wandte sich Mr. Goodman Rouven zu. Lange sah er ihn nur an. Sallivan lehnte sich gegen das Fenster.
    „Was ist geschehen, mein Junge?“ fragte Mr. Goodman leise. Rouven schluckte. Langsam schüttelte er seinen Kopf. Tränen füllten seine Augen. Noch fester klammerte er sich an die Hand des Paters.
    Sallivan öffnete das Fenster. Soeben wurde Jeremie auf einer Bahre fortgetragen. Keiner der Schüler befand sich mehr auf dem Hof. Totenstille hatte sich über das Internatsgelände gelegt.
    Schwester Maria näherte sich dem Lehrerhaus. Sallivan blickte von Mr. Goodman auf Rouven. Mit verständnislosen Blicken verließ er das Zimmer.
    „Was ist geschehen?“ wiederholte Mr. Goodman seine Frage. Er beugte sich zu Rouven nieder.
    „Er kann noch nicht reden“, sagte der Pater. Rouven war einen Schritt zurückgewichen. „Geben Sie ihm Zeit, Mr. Goodman. Geben Sie ihm die Zeit, dieses schreckliche Erlebnis zu verkraften.“
    Mr. Goodman erhob sich wieder. Rouven löste sich von Richmon. Mit gesenktem Kopf begab er sich zu dem Fenster, das Sallivan angelehnt gelassen hatte. Mr. Goodman stützte sich an seinem Schreibtisch ab.
    „Ein Junge ist ums Leben gekommen“, flüsterte er. „Vor wenigen Tagen ist einem anderen Jungen ein Glied abgerissen worden.“ Mr. Goodman wandte sich um. Ein feuchter Schimmer lag in seinen Augen. „Ich fühle Unheimliches, Pater Richmon. Unheimliches hat sich über diese Gemäuer gelegt. Finden Sie die Ursache, Pater Richmon. Finden Sie sie, bevor noch mehr Unheil geschehen wird!“
    Pater Richmon war es, als hätte er vom Hof herauf eine Stimme vernommen. Kurz darauf entfernte sich Rouven von dem Fenster. Die Stimme verklang. Auf einmal hielt Mr. Goodman einen Brief in der Hand.
    Es klopfte an der Tür. Ohne eine Antwort abzuwarten, wurde sie geöffnet. Schwester Maria betrat den Raum. Leise schloß sie die Tür hinter sich wieder zu. Rouven blickte sie mit aufgerissenen Augen an. Erschrocken blieb die Schwester stehen. Der Brief, den Mr. Goodman in den Händen hielt, war es, der sie zusammenzucken ließ. Der zweite Brief, der an Rouven Blandow adressiert war.

3. Kapitel
    Das Buch
    Die Nacht war längst hereingebrochen. Mehrmals hatte Rouven die Nachricht von seinem Vater gelesen. So oft, bis er sich jedes Wort genauestens eingeprägt hatte. Danach zerriß er den Brief in lauter kleine Stücke und spülte sie die Toilette hinunter.
    Seit Jeremies Tod hatte er kein Wort gesprochen. Nicht einmal Schwester Maria gelang es, ihm näherzukommen.
    Regungslos lag Rouven in seinem Bett. Die Augen geöffnet. Die Kirchturmuhr schlug elfmal hintereinander. Es war unheimlich ruhig im Lehrerhaus. Deutlich vernahm Rouven die ungleichmäßigen Atemzüge der Schwester, die sich hin und wieder von der einen Seite auf die andere wälzte.
    Noch eine Viertelstunde verstrich. Vorsichtig stand Rouven auf. Seine Kleidung hatte er anbehalten. Lautlos ergriff er seine Schuhe. Bemerkenswert leise schlich Rouven aus dem Zimmer. Langsam tastete er sich den dunklen Gang entlang bis hin zur Treppe. Sie knarrte ein wenig, als er hinabstieg. Die Glocke schlug halb zwölf Uhr, als er den Hof betrat. Bedächtig blickte er um sich. Auch über sich, den Fenstern des Lehrerhauses entlang. Nichts Auffälliges war zu bemerken. Eilig lief er über den Hof, direkt auf den Eingang der Kirche zu. Er öffnete den Zugang der Kathedrale nur so weit, daß er gerade noch hindurchschlüpfen konnte. Fast ohne ein Geräusch zu verursachen schloß er die schwere Tür wieder. Der Bereich des Altares wurde vom Kerzenlicht erleuchtet. Schritt

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