Das Buch der Schatten - Schwarze Seelen: Band 7 (German Edition)
wissen.«
Ich fühlte mit ihm und legte ihm die Arme um die Taille. Hunter behielt die Trauer um seine Familie größtenteils für sich, gut verborgen unter der Oberfläche, doch ab und zu stieg sie auf, und ich sah, dass sie ihn immer begleitete. Ein Teil von ihm würde nicht ruhen, bis er Gewissheit darüber hatte, was aus seinen Eltern geworden war.
Ich spürte ein zartes Glühen aus weißem Licht in meiner Brust. Einer von Alyce’ magischen Heilsprüchen öffnete sich mir. » Würdest du mich etwas ausprobieren lassen?«, fragte ich.
Hunter nickte. Ich zog den Reißverschluss seiner Jacke halb auf, dann streifte ich meinen Handschuh ab, öffnete einen Knopf seines Hemds und legte meine kalte Hand auf seine glatte, warme Haut. Zuerst zuckte er ein wenig zusammen, doch dann spürte ich, wie er sich dem weißen Licht öffnete, das mich durchströmte.
Ich flüsterte ein Lied: » ›Das Herz, das liebt, muss eines Tages trauern. Liebe und Trauer sind Zwillingsgeschenke der Göttin. Lass den Schmerz ein, lass ihn dein Herz dem Mitgefühl öffnen. Lass mich dir helfen, deine Trauer zu tragen…‹«
Ich konnte nicht fortfahren. Plötzlich wusste ich genau, wie es wäre, wenn meine Eltern und Mary K. mir unvermutet entrissen würden. Es wäre mehr als unerträglich. Es wäre mehr, als ein Mensch verkraften kann. Ich schrie auf vor Schmerz, doch es gelang mir, die Hand auf Hunters Brust liegen zu lassen, damit das heilende Licht weiterströmen konnte.
» Scht«, sagte Hunter. » Du musst nicht weitermachen.«
» Doch«, flüsterte ich. » Ich muss den magischen Spruch zu Ende bringen. ›Möge dein Herz zur Ruhe kommen und sich größerer Liebe öffnen. Möge die Liebe, die ewig durch das Universum fließt, dich umarmen und trösten.‹«
Allmählich spürte ich, wie das weiße Licht sich zerstreute, und mit ihm Hunters Schmerz. Unsere Blicke begegneten sich. In seinen Augen war jetzt etwas anderes, eine neue Klarheit. Ich spürte, dass sich etwas auflöste, was ihn gefesselt hatte. » Danke«, sagte er.
» Von Alyce«, sagte ich zitternd. » Mir war nicht klar, wie schmerzhaft es wirklich ist. Es tut mir leid.«
Er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und zog mich an sich. Als ich aufgehört hatte zu zittern, sagte er: » Möchtest du wissen, warum wir hier sitzen und uns den Hintern abfrieren, statt zu Mittag zu essen?«
» Ach so. Ja.«
» Also«, sagte er. » Erstens tut es mir leid, dass ich deine magischen Botschaften nicht beantwortet habe. Wir haben eine Weile gebraucht, unseren Kontakt zu finden, und als wir ihn endlich aufgespürt hatten, war er total verängstigt. Er hat uns durch ein Gewirr aus umständlichen Sicherheitsvorkehrungen geführt. Wenn ich dir geantwortet hätte und er hätte es mitbekommen, hätte er womöglich gedacht, ich wollte ihn hinters Licht führen.«
» Kein Problem«, sagte ich. » Ich habe mir nur Sorgen um dich gemacht. Wusste der Typ denn was, das dir weiterhilft?«
» Ja«, antwortete Hunter.
Doch dann redete er nicht weiter. Die Sonne, die am Vormittag nicht sehr stark gewesen war, verschwand hinter einem Band dicker weißer Wolken.
» Und?«, hakte ich nach einem Augenblick nach.
Hunters grüne Augen wirkten besorgt. » Ich habe herausgefunden, wer der Leiter der New Yorker Amyranth-Zelle ist. Anscheinend tragen die Mitglieder des Hexenzirkels Tiermasken, wenn sie die magische Kraft ihrer jeweiligen Tiere anrufen. Der Anführer trägt die Wolfsmaske. Mein Kontakt kennt sie nicht alle, aber er hat bestätigt, dass Mitglieder des Hexenzirkels die Maske einer Eule, einer Viper, eines Pumas, eines Jaguars und eines Wiesels tragen.«
» Dann ist der Traum…«
» Du hast von der New Yorker Zelle von Amyranth geträumt«, sagte Hunter.
Mich schauderte. » Hunter, ich habe den Traum noch einmal gehabt«, sagte ich. » Erst vor einer Stunde, als ich in einer okkulten Buchhandlung in SoHo war.«
» Göttin!«, sagte Hunter beunruhigt. » Warum hast du keinen Kontakt zu mir aufgenommen?« Bevor ich antworten konnte, stöhnte er genervt auf. » Blöde Frage. Ich habe nicht auf deine Botschaften geantwortet. Es tut mir leid, Morgan.«
» Ist nicht schlimm«, sagte ich. » Ich meine, es war gruselig, aber diesmal wusste ich ja, was es war. Aber ich habe keine Ahnung, warum ich ihn noch einmal geträumt habe.«
» Vielleicht weil wir in New York sind«, sagte er. » Vielleicht auch…« Er sprach seinen Gedanken nicht zu Ende und wirkte noch besorgter. Dann nahm er meine
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