Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
Vom Netzwerk:
Der Stoffwar mit Silberfäden durchwirkt, in denen sich das Licht der untergehenden Sonne spiegelte. Ihre kurzen dunklen Haare waren mit weißen Blüten geschmückt, ihre Augenlider durch zarte Kohlestriche betont und ihre Lippen mit roter Farbe nachgezeichnet worden.
    An ihrer Seite spazierte Damek mit stolzgeschwellter Brust. Er trug einen Mantel aus weichem Hirschleder, darunter ein Baumwollhemd, das sich über dem gewölbten Bauch spannte. Der Toblac hatte sich festlich zurechtgemacht, doch Teškas Glanz überstrahlte alles. Helgi sprang auf, rannte ihnen entgegen und führte Teška zu ihrem Platz. Auch er hatte feine Kleider angezogen, und an seinem Gürtel hing sein Schwert, das er in Teškas Elternhaus wiedergefunden hatte.
    Bei ihnen befanden sich am Kopfende des Tisches König Ratibor und Svjatoslav, den der Rat als Žilobogs Nachfolger zum neuen Hohepriester bestimmt hatte, und natürlich Damek. Als Teška saß, ließen sich auch die übrigen Gäste nieder. Es waren gut vierhundert Menschen zum Fest gekommen, darunter die Bewohner Ralsviks und benachbarter Siedlungen, die Priesterräte sowie die Leibgarde des Königs und verdiente Soldaten aus der Tempelburg Arkona.
    Aber einer fehlte. Helgi hatte Ansgar seit gestern nicht mehr gesehen. Der Munki erschien auch nicht, als die Nacht sich über Rujana ausgebreitet hatte und die Feier begann.
    Rings um den Festplatz loderten Feuer auf.
    Nun war es an König Ratibor, sich zu erheben, um zum Volk der Ranen zu sprechen. Helgi verstand jedoch kein Wort. Nur hin und wieder hörte er seinen eigenen Namen oder den seiner Braut.
    Plötzlich ertönte Gelächter, und von überall her wurden Trinksprüche gerufen.
    Damek klopfte Helgi so heftig auf die Schultern, dass ihm die Luft wegblieb. «Däne», rief Damek ausgelassen, «jetzt bist du einer von uns! Ratibor gibt seine Einwilligung für eure Hochzeit – nach allem, was du für uns getan hast. Und er möchte, dass du der neue Wojwode von Ralsvik wirst.»
    «Wojwode – ich?», entgegnete Helgi. «Aber ich spreche doch nicht einmal eure Sprache   …»
    «Keine Sorge, Däne. Ich werde dich alles lehren, was ein Rane können und wissen muss. Auch wie du mit deinem Schwert umzugehen hast, damit endlich ein Mann aus dir wird.»
    Dann beugte er sich zu Helgi und flüsterte ihm verschwörerisch ins Ohr: «Und zum Dank dafür wirst du mir dieses verfluchte Brettspiel beibringen   …»
    «Aber dieses Spiel können nur Männer mit Verstand lernen.»
    Damek schaute ihn einen Augenblick überrascht an. Dann brach er in schallendes Gelächter aus, hob sein Trinkhorn und leerte es in einem Zug.
    Während Damek stolz allen Männern in seiner Umgebung zuprostete und Trinksprüche auf seine Duša ausbrachte, sagte Teška leise zu Helgi: «Ich habe auch einen Wunsch an dich.»
    «Wenn es in meiner Macht steht, werde ich alles tun, was du willst.»
    «Nun, ich denke, dass deine Macht dafür ausreicht: Ich möchte ein Kind von dir.»
    Helgis Augen strahlten. «O ja, einen Sohn!»
    «Oder eine Tochter.»
    «Aber ich habe Einar einen Sohn versprochen.»
    «Dann musst du dich wohl ein bisschen anstrengen. Bislang spüre ich keinen Jungen in mir.»
    Damek, der gelauscht hatte, sagte: «Wenn du willst, Däne, zeige ich dir auch, wie es geht mit dem Jungenmachen. Ich kenne mich damit aus. Das darfst du mir glauben! Es gibt da so einige Tricks, und manchmal funktionieren sie. Unseren alten Munki wirst du wohl kaum danach fragen können.»
    Der Toblac schaute sich um. «Wo steckt der alte Knabe überhaupt?»
    Helgi zuckte mit den Schultern. «Ich habe Ansgar seit gestern Nachmittag nicht mehr gesehen und dachte, er wäre bei dir.»
    Helgi machte Anstalten, sich zu erheben, um nach dem Missionar zu suchen.
    Doch Damek hielt ihn zurück. «Untersteh dich, Däne – heute ist deine Hochzeit! Jetzt wird gefeiert.»
    Bevor Helgi dagegen etwas einwenden konnte, hatte man ihm einen Holzteller hingestellt, der randvoll mit gebratenem Hirschfleisch war, außerdem ein Ochsenhorn mit starkem Honigwein. Damek stieß mit ihm an, und beide leerten ihre Hörner.
    «So ist es gut», sagte Damek, während er sich die Lippen abwischte. «Zumindest im Trinken kannst du dich mit den Ranen messen.»
    Er rief eine Frau zu sich, die Wein aus einem Tonkrug ausschenkte, kniff ihr in den Hintern, ließ Helgis und sein Trinkhorn füllen und rief: «Wie heißt es bei euch Dänen, wenn man zusammen trinkt?»
    «Snerta», antwortete Helgi.
    «Snerta!», brüllte

Weitere Kostenlose Bücher