Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
Vom Netzwerk:
auf etwa einhundert Schritt herangekommen waren, bemerkten die Dänen die Angreifer.
    Die Schlacht begann.
    Mit gnadenloser Wucht prallte die vorderste Ranenfront gegen die überraschten Feinde. Panisch griffen die Dänen nach ihren Waffen. Doch sie waren zu langsam. Dutzende der betrunkenen Krieger wurden von Schwertern und Äxten erschlagen, bevor auch nur ein einziger Rane starb. Die Schreie erfüllten die Nacht, und ihr Blut versickerte im Sand.
    Damek schwang seine Langaxt immer wieder gegen die Feinde. Binnen weniger Augenblicke hatte er drei Dänen niedergestreckt, die sich blutüberströmt am Boden wälzten. Trotz seiner Leibesfülle bewegte sich der Toblac im Kampf geschmeidig wie ein Raubtier. Als Helgi ihn dabei beobachtete, konnte er sich gut vorstellen, wie Damek früher als Víkingr an den Küsten des Meeres Angst und Schrecken verbreitet hatte. Er wollte es dem Zauberer gleichtun und rückte mit seinem Schwert vor. Doch er fand keinen Gegner. Jedes Mal, wenn er einen Dänen angreifen wollte, ergriff der beim Anblick des hünenhaften Mannes die Flucht.
    «Schneidet den Hurensöhnen den Weg zu den Schiffen ab», schrie Damek den Ranen zu. «Zerstört ihre Boote!»
    Als viele der Dänen zum Wasser flüchteten, setzten ihnen die Ranen nach. Andere Dänen versuchten, zwischen den Hütten Schutz zu finden – doch da brach der zweite Ranensturm los.
    Wie ein Geisterheer lösten sich die Schatten Hunderter Reiter aus der nachtdunklen Siedlung, jagten die Dänen vor sich her zum Strand zurück, trieben ihnen Lanzenspitzen in die Leiber, und die Pferde zermalmten ihre Knochen unter den Hufen. Den Feldkämpfern gelang es unterdessen, einen Keil zwischen die Dänen und ihre Gefangenen zu treiben, sodass die Feinde keine Geiseln nehmen konnten.
    Helgi begann sofort, unter den Gefangenen nach Teška zu suchen. Doch wen er auch fragte, niemand hatte seine Frau gesehen.
    Als er zu Damek und Ingvar zurückkehrte, zitterte Ingvar noch immer am ganzen Leib. Er hatte beim Angriff das Schwert verloren, und sein Gesicht war mit dem Blut der Männer bespritzt, die Damek erschlagen hatte.
    Demonstrativ hielt der Toblac Helgi seine blutverschmierte Rechte entgegen und spreizte alle Finger. «Fünf», stieß er keuchend hervor. «Ich habe fünf von den Mistkerlen erledigt. Und du?»
    «Ich hatte keine Zeit zum Zählen», erwiderte Helgi mürrisch. Seine Gedanken waren bei Teška. Er machte sich große Sorgen.
    Ein breites Grinsen legte sich über Dameks vom Kampf erhitztes Gesicht. «Stimmt, Junge. Du warst sogar so schnell, dass nicht einmal das Blut deiner vielen Opfer an deiner Klinge kleben geblieben ist.»
    Helgi machte eine wegwerfende Handbewegung. «Wir haben keine Zeit für Prahlereien.»
    «Verdammt, wie konnte ich Teška vergessen?», rief Damek, und das Grinsen verschwand augenblicklich aus seinem Gesicht. «Ich werde mir später noch ein paar Dänen holen.»
    Helgi berichtete, dass er Teška unter den Gefangenen nicht gefunden habe.
    «Vielleicht ist sie noch in eurem Haus», schlug Damek vor.
    Helgi schob sein Schwert in die Scheide, rief Ingvar zu sich und rannte los. Die Grünflächen zwischen der Siedlung und dem Strand waren mit Leichen und Sterbenden übersät. Die berittenen Soldaten hatten die restlichen Dänen inzwischen zum Ufer zurückgedrängt, wo die Überlebenden sich sammelten, um sich mit dem Mut der Verzweiflung gegen die Übermacht zu stemmen.
    Helgi stürmte durch die menschenleeren Gassen. Als sie an Woislavas Hof vorbeikamen, rief plötzlich jemand seinen Namen. Helgi erkannte den alten Ansgar, der ihm aus Richtung der Kirche entgegeneilte. Vor dem Gotteshaus lagen die Leichen mehrerer Krieger, die von den Ranen getötet worden waren.
    «Er ist hier», rief Ansgar. «Der schwarze Priester! O Gott, Helgi, du musst ihn aufhalten.»
    Helgi packte Ansgar am Kragen und schüttelte ihn. «Wo ist Teška?»
    «Ich weiß es nicht. Aber der Priester hat das Buch gefunden. Er hat irgendetwas damit vor. Erinnerst du dich noch daran, wie er daraus zitierte, als er dich in Haithabu töten wollte   …»
    «Dieser verfluchte Priester!», schrie Helgi, und Ansgar zuckte vor Schreck zusammen.
    Helgi ließ den Munki wieder los und lief weiter.
     
    Die Tür des Langhauses war weit geöffnet, und das Innere dahinter gähnte dunkel wie ein unergründlicher Schlund. Helgi rang nach Atem und hielt am Hoftor inne. Kurz daraufschlossen Damek und Ingvar auf. Als Helgi ins Haus gehen wollte, hielt Damek ihn

Weitere Kostenlose Bücher