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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Buch zu tun, mit der Offenbarung. Ich hatte im Winter hinreichend Gelegenheit, den Text zu lesen, auch wenn meine Augen nicht mehr die besten   …»
    «Komm endlich zur Sache, Munki!», sagte Damek. «Wo, verdammt nochmal, ist dieser Bastard, von dem ihr die ganze Zeit redet, mit meiner Duša hingegangen?»
    Ansgar bedachte den fluchenden Toblac mit einem scharfen Blick. Dann sagte er: «Nach Sankt Gallen.»
    «Was ist Sankt Gallen?», riefen Damek und Helgi wie aus einem Munde.
    Ansgar hob die Hände und machte eine beschwichtigende Geste. «Ein großes Kloster. Es ist vor langer Zeit an der Grabstätte des heiligen Gallus errichtet worden   …»
    «Und warum sollte der Priester Teška dort hinbringen?», fragte Helgi beunruhigt.
    «Offenbar hat diese Schrift einen unschätzbaren Wert für Odo. Es ist die Alaetheia Apokalypsis – die
wahrhaftige
Offenbarung Jesu Christi, die Gott ihm gegeben hat, seinen Knechten zu zeigen, was in Kürze geschehen soll. So steht es geschrieben. Odo scheint davon überzeugt zu sein, dass darin nicht nur der Weg zum Jüngsten Gericht aufgezeigt wird, sondern dass sogar er selbst es durch entsprechende Taten herbeiführen kann – indem er nämlich die sieben Dämonen der Sünde vernichtet   …»
    «Also, gleich reicht’s mir wirklich mit diesen Munkisprüchen», rief Damek.
    «Lass ihn ausreden», herrschte Helgi den Toblac abermals an.
    «…   und dadurch den Untergang der sündigen Welt besiegelt», fuhr Ansgar fort. «Helgi, aus irgendeinem Grund scheint Odo zu glauben, du wärst einer dieser Dämonen. Er glaubt offensichtlich an die Erbsünde, und da er dich nicht fassen konnte, hat er Teška mitgenommen, die dein Kind in sich trägt   …»
    «Was hat das alles mit dem Kloster zu tun?», unterbrach ihn Helgi.
    «Das Buch wurde im Skriptorium Sankt Gallens abgeschrieben. Der Mönch, der es einst transkribiert hat, hat darin den Namen des Klosters angegeben. Es ist gut möglich, dass Odo sich dorthin auf den Weg gemacht hat, umeine andere Abschrift in die Hände zu bekommen. Offenbar benötigt er ein unbeschädigtes Exemplar für das, was er glaubt, tun zu müssen.»
    «Warum stehen wir dann noch hier rum?», rief Damek. «Der Bastard kann noch nicht weit gekommen sein. Um zu diesem Kloster zu gelangen, muss er erst einmal von der Insel runter. Wir nehmen die Fähre, die zwischen der Insel und dem Hof Stŕalov über dem Sund verkehrt   …»
    Helgi nickte nachdenklich. «Wie weit ist es bis zu dem Kloster?»
    «Oh, weit! Sehr weit», erwiderte Ansgar mit düsterem Gesicht.
    Damek schlug Ansgar so heftig auf die Schultern, dass dem Missionar die Luft wegblieb. «Das hast du gut gemacht, alter Mann. Ich bin stolz auf dich. Auf geht’s! Ich besorge uns Pferde   …»
    «Nein», sagte Helgi bestimmt.
    «Nein? Was soll heißen?»
    «Du bleibst hier, Damek.»
    «Auf keinen Fall   …»
    «Doch!» Helgi schaute dem Toblac fest in die Augen. «Wir haben keine Gewissheit, dass der Priester Teška tatsächlich in dieses Kloster bringen will. Du musst dafür sorgen, dass die ganze Insel nach ihr abgesucht wird. Und außerdem braucht dich dein Volk nach dem Überfall mehr als je zuvor.»
    «Die Ranen sind auch dein Volk, verdammter Däne! Wir haben dich zu unserem Wojwoden ernannt. Hast du das vergessen?»
    «Mein Volk?», erwiderte Helgi zweifelnd. «Der König hält mich für einen Verräter.»
    Damek stemmte die Fäuste in die Hüften. «Ich werde Ratibor vom Gegenteil überzeugen.»
    Helgi schüttelte bedauernd den Kopf. Dann forderte er Ansgar auf, ihm zu folgen. An der Tür drehte sich Helgi noch einmal zu Damek um. «Bitte sorg dafür, dass mein Freund Ingvar an einem angemessenen Ort zur letzten Ruhe gebettet wird.»
    Der Toblac nickte, und als ihm eine Träne über die Wange lief, wandte er rasch das Gesicht ab.

8.
    Die meisten Ranenkrieger hatten Ralsvik unmittelbar nach der siegreichen Schlacht wieder verlassen, um nach Arkona weiterzuziehen. Bislang hatte das Heer nur wenige Opfer zu beklagen. Von den Dänen jedoch, die mit der trügerischen Verheißung eines raschen Sieges nach Ralsvik gekommen waren, war niemand mehr am Leben. Ihre Leichen lagen wie hingestreut am Strand oder dümpelten im seichten Uferwasser des Boddens. Bei Tagesanbruch würde man ihre Leiber den Flammen übergeben.
    Als Helgi und Ansgar auf zwei von Woislavas Pferden durch den Ort ritten, bemerkten sie bei der Kulthalle eine Menschenmenge. Alle Bewohner Ralsviks waren zusammengekommen, um ihrem

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