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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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schwarzen Wasseroberfläche des Boddens spiegelte.
    «Ja», antwortete er, «das werden sie.»
    «Dann sollten sie sich ein bisschen beeilen», murmelte Ingvar und deutete auf den Strand.
    Unter einigen Dänen war ein Streit ausgebrochen. Zwei Krieger hatten eine junge Frau aus der Menge gezerrt und ihr die Kleider vom Leib gerissen. Andere Dänen versuchten nun, die Männer daran zu hindern, die Frau zu vergewaltigen. Offenbar hatten einige der Angreifer die Geduld verloren, und sie würden nicht die Einzigen bleiben, denn die Weinfässer, die sie aus der Siedlung herbeigeschafft hatten, leerten sich rasch.
    Da hörte Helgi die Geräusche nahender Pferde. Wie ein endloser Lindwurm zog sich das Heer der Ranen im fahlen Mondlicht durch die Hügelkette. Polierte Helme und Waffen glitzerten wie Sterne. Damek war mit gut eintausend Männern gekommen, der Hälfte der königlichen Streitmacht. Die andere Hälfte, so hatte Damek es angekündigt, würde er nach Arkona schicken, wo sie den Dänen in den Rücken fallen sollte.
    Sofort liefen Helgi und Ingvar zu dem Pfad, der sichzwischen den Hügeln hindurchschlängelte. Die Geräusche wurden immer lauter. Auf einer Anhöhe oberhalb des Wegs hielten die beiden inne.
    Damek ritt dem Heer ein Stück voraus. Als Helgi und Ingvar vor ihm auf den Weg traten, zügelte er sein Pferd und schaute mit dem gewohnt breiten Grinsen auf die beiden herab.
    «Ich habe ein paar Freunde mitgebracht», sagte er so beiläufig, als sei er auf dem Weg zum Erntedankfest. Er trug jetzt ein Kettenhemd und einen Helm, an seinem Gürtel hingen Schwert und Streitaxt. «Ich musste all meine Überredungskünste anwenden, um Ratibors Hauptleute von der Gefahr zu überzeugen. Aber du kennst mich, Däne – wenn einer gut reden kann, dann ich!»
    «Wir kämpfen gegen eure Landsleute», fuhr er fort. «Werdet ihr trotzdem mit uns ziehen?»
    Helgi und Ingvar nickten gleichzeitig, und als Helgi demonstrativ sein Schwert zog, wurde Dameks Grinsen noch breiter. Dann zogen tausend Ranen durch die Schwarzen Berge nach Ralsvik, um zweihundert Dänen nach Asgard zu schicken.
     
    Die Dänen waren sich ihrer Sache zu sicher gewesen und hatten ihre Posten von der Brücke abgezogen. Daher erreichte die Streitmacht der Ranen ungehindert die Landzunge, wo sie sich im Schatten der unteren Stadtgrenze sammelte. Damek beriet sich kurz mit den Hauptleuten, dann teilte man das Heer in zwei Gruppen auf. Der Plan lautete, dass eine Gruppe sich den Feinden durch die Gassen Ralsviks nähern sollte, während die andere am Strand angreifen und die Dänen somit in eine tödliche Zange nehmen würde.
    Das Heer machte sich zur Schlacht bereit. Damek saß ab und mit ihm einige Hundert Ranen, die die Vorhut bilden würden. Man hatte beschlossen, die Dänen am Strand zu Fuß anzugreifen, damit die durchgehenden Pferde die Gefangenen nicht gefährdeten. Helgi und Ingvar hielten sich dicht an Dameks Seite. Helgi wollte so schnell wie möglich zu den Ranen vorstoßen, um Teška zu befreien.
    Die Soldaten stellten sich in mehreren Reihen hintereinander auf. Als Helgi sich umblickte, bemerkte er die grimmige Entschlossenheit auf den Gesichtern der Ranen, die gekommen waren, um ihre Feinde zu vernichten.
    «Dein Freund trägt ja gar keine Waffe», sagte Damek zu Helgi und drückte Ingvar sein Schwert in die Hand.
    «Willst du wirklich mit uns kämpfen?», fragte Helgi seinen Freund.
    Ingvar zuckte mit den Schultern. «Ich habe gestern einen Mann getötet. Warum sollte ich das nicht noch einmal tun?»
    «Weil du aussiehst wie ein verdammter Munki», sagte Damek, wobei seine Stimme nicht unfreundlich klang. «Halt dich einfach immer dicht hinter mir, Rothaar, dann wird dir nichts passieren.» Mit einem schiefen Grinsen auf Helgi fügte er hinzu: «Und dann könnt ihr endlich lernen, wie man richtig kämpft.»
    In dem Moment ertönte das Kommando zum Angriff. Ein Bote hatte die Nachricht überbracht, dass sich die anderen Soldaten in der Siedlung bereithielten.
    «Keiner von den Scheißkerlen darf entkommen!», brüllte Damek den Ranen zu.
    Die Feldkämpfer setzten sich in Bewegung und eilten im Laufschritt auf die Lagerfeuer zu. Helgi und Ingvar folgten Damek, der darauf bestanden hatte, in der ersten Reihe zukämpfen. Der Boden erbebte unter den Füßen Hunderter Männer, deren keuchender Atem durch die Nacht drang. Helgi spürte Sand und Kieselsteine unter seinen Stiefeln. Immer heller loderten die Feuer vor seinen Augen auf, und erst als sie

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