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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Fliegerbrille mit Stahlrahmen, deren Gläser in der Sonne Arizonas zu Spiegeln wurden. Sein Lächeln war selbstzufrieden und wirkte durch die übergroßen Kronen noch aufdringlicher. Er hatte eine Trinkernase, einen kugelrunden, hart aussehenden Bauch und makellos gestylte weiße Haare. Ein Casting-Agent hätte ihn sofort unter »korrupter Firmenboss« eingeordnet.
    Brodle Larner war dünner und kleiner und blasser als sein Vater, kaum mehr als ein Schatten des Seniors. Er war Ende dreißig oder Anfang vierzig und ebenfalls bebrillt, aber er hatte sich für schmale, ovale Gläser mit Goldrahmen entschieden, so winzig, dass sie kaum seine Augen bedeckten. Sein blondes Haar, das schon in Richtung weiß tendierte, fiel ihm in fettigen Strähnen bis über die Schultern. Die Miene drückte weniger Begeisterung aus als die des Alten. Das Lächeln fiel ihm offensichtlich schwer, und dabei schwammen die Larners doch, wenn man dem Artikel Glauben schenken wollte, ganz oben auf der Welle des Immobilienbooms. Brodle Larner wirkte wie ein kleiner Junge, der schon wieder für eines dieser nervigen Familienfotos stillstehen musste.
    Ein weiteres Foto auf der folgenden Seite zeigte Michael Larner in cremefarbenem Anzug, blauem Hemd und rosa Krawatte, wie er neben einem weißen Rolls Royce Silver Spirit posierte. Zur Rechten seines Vaters saß Brad Larner in schwarzer Lederkluft auf einer goldenen Harley-Davidson. Die Bildunterschrift lautete: Zwei Generationen, aber beide mit dem Gespür für Fahrkultur in höchster Vollendung.
    Die Verbindung zu Playa del Sol bedeutete, dass »Paris Bartlett« wahrscheinlich von den Larners zu Milo geschickt worden war. Um ihn davor zu warnen, die Spur von Caroline Cossack weiter zu verfolgen. Weil die Larners und die Cossacks eine lange gemeinsame Geschichte hatten. Und die Familien hatten noch etwas gemeinsam: große Geschäfte, die häufig unangenehm endeten. Aber alle hatten sie es bisher geschafft, oben zu bleiben, hatten das Leben im Luxus ungestört genossen. Fahrkultur in höchster Vollendung.
    Im Fall der Cossacks mochte das ererbte Geld noch ein beruhigendes Sicherheitspolster bedeutet haben. Michael Larner dagegen war von Job zu Job, von Branche zu Branche gesprungen, hatte Skandale und Pleiten hinterlassen und es trotzdem fertig gebracht, selbst immer höher zu klettern.
    Dieses Lächeln, diese Zähne, so weiß und glänzend wie sein Rolls Royce. Ein Mann, der bereit war, alles zu tun, was erforderlich war? Oder mit Freunden an den richtigen Stellen? Vielleicht beides.
    Damals, als Larner die Regeln missachtet und Caroline Cossack in Achievement House aufgenommen hatte, waren ihre Brüder kaum aus dem Schulalter heraus gewesen und hatten doch schon die Finger im Immobiliengeschäft gehabt. Larner mochte anfangs mit Garvey Cossack senior Geschäfte gemacht haben, aber die Verbindung hatte weit über das Ableben des Alten hinaus Bestand gehabt und so hatte Larner schließlich für Männer gearbeitet, die fünfundzwanzig Jahre jünger waren als er. Dann kam mir plötzlich ein Gedanke: Brodle Larner war doch ungefähr im selben Alter wie die Cossack-Brüder. Gab es da vielleicht irgendeine Verbindung? Eine, die über das Geschäftliche hinausging? Bei seinen Erkundigungen über Carolines Schulbildung hatte Milo bei den Highschools in der Region nicht sehr viel erreicht. Die Leute waren alle misstrauisch und fürchteten Prozesse, und alle sahen sie Fernsehserien und glaubten, ein Cop ohne Durchsuchungsbefehl hätte überhaupt keine Befugnisse. Möglicherweise lag es auch daran, dass Caroline wegen ihrer emotionalen Probleme nicht sonderlich viel Schulbildung genossen hatte. Aber vielleicht würde es nicht ganz so schwierig sein, die Spuren ihrer beiden Brüder zu verfolgen.
    Am nächsten Morgen saß ich wieder in der Bibliothek und blätterte im Who's who. Weder Bob Cossack noch Brodle Larner waren den Herausgebern einen Eintrag wert gewesen, aber von Garvey Cossack gab es eine Kurzbiografie: eine Spalte voll mit Schaumschlägereien; die Fakten kannte ich größtenteils bereits aus den Internetartikeln. Aber versteckt zwischen all dem Business-Geschwafel fand sich auch Garveys Bildungsgang. Er hatte zwei Jahre lang das Cal State College in Northridge besucht, jedoch keinen Abschluss gemacht. Vielleicht hatte er es deshalb für notwendig befunden, seine Highschoolzeit zu erwähnen. Und wegen der Tatsache, dass er im Abschlussjahr Schatzmeister der Schülervertretung gewesen war. An der

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