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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Verdacht?«
    »Hier steht nur, dass sie für Akhbar, so hieß das Pferd, ein komplettes Drogenscreening angefordert hat. Wir haben das von einer Tierärztin in Santa Barbara machen lassen, die uns die Ergebnisse zugeschickt hat. Mrs. Schwinn hat die Rechnung bekommen.«
    »Das Pferd war also sauber«, sagte Milo.
    »Blitzsauber«, sagte Olivas. »Aber es hatte sich ganz schön wehgetan, zwei gebrochene Beine und eine Torsion der Halswirbelsäule. Als die Witwe es fand, lag es stöhnend am Boden und war schon ziemlich weggetreten. Sie musste es töten lassen. Was ist denn, hat die Versicherung irgendwelche Probleme mit dem Fall?«
    »Nein, wir wollten das nur noch einmal überprüfen.«
    »Es war ein Unfall. Der Mann war nicht mehr der Jüngste«, sagte Olivas. »Was hat er sich bloß dabei gedacht, in seinem Alter noch zu reiten?«
    »Präsident Reagan ist auch mit über achtzig noch geritten.«
    »Na ja, der hatte schließlich auch seine Leute vom Secret Service, die auf ihn aufgepasst haben. Das ist wie mit alten Leuten am Steuer, mein Dad, zum Beispiel, der ist neunundachtzig, blind wie ein Maulwurf, wenn's draußen dunkel ist, aber er besteht immer noch darauf, selbst nach L. A. reinzufahren, um einen Maisbrei mit Kutteln zu bekommen, wie seine Mama ihn ge macht hat. Solche Sachen und dann diese Idioten mit ihren Handys, das regt mich wirklich auf. Wenn Sie sehen könnten, was wir hier jeden Tag reinkriegen, Sie würden es mit der Angst kriegen.«
    »Ich habe auch Angst«, sagte Milo und schielte auf das Handy, mit dem er gerade telefonierte.
    »Es zahlt sich aus, Angst zu haben.«
    Er brauchte jetzt dringend einen Schuss Koffein und eine Dosis Cholesterin, und so fuhr er zum Farmers Market an der Ecke Fairfax/Third Street, um sich in Du Par's Pie Shop ein Chili-Omelett und zwei Stapel Toast zu genehmigen. Dabei ließ er den Obdachlosen am Nebentisch nicht aus den Augen. Der Kerl hatte drei Jacken übereinander an und klammerte sich an eine ramponierte, saitenlose Gitarre. Das Instrument erinnerte Milo an Robin, aber der psychotische Blick aus den Augen des Obdachlosen zog ihn ins Hier und Jetzt zurück.
    Sie starrten einander so lange an, bis der Obdachlose schließlich ein paar Dollarscheine auf den Tisch warf, murmelnd seine unsichtbaren Dämonen verfluchte und davon schlurfte. Endlich konnte Milo sein Essen in Ruhe genießen. Hab ich doch wieder einmal Frieden und Erleuchtung in die Welt gebracht, dachte er. Aber als dann die Bedienung erleichtert lächelte und ihm den erhobenen Daumen zeigte, wurde ihm klar, dass er tatsächlich etwas erreicht hatte. Da er immer noch hungrig war, bestellte er noch einen Stapel Pfannkuchen, die er mit heißem Kaffee hinunterspülte, bevor er ein wenig im Einkaufszentrum umherschlenderte und sich an Scharen von Touristen vorbeidrängte. Die Ablenkung, so dachte er, würde sein Gehirn vielleicht auf Touren bringen. Aber das tat sie nicht, und nachdem er noch die Auslagen vor einem Obstladen bewundert hatte, voll mit exotischen Früchten, deren Namen er nicht kannte, kaufte er sich eine Tüte Jumbo-Cashe ws, verließ das Einkaufszentrum und fuhr auf der Fairfax in Richtung Süden. Bei dem alten Gebäude der May Company an der Sixth Street bog er links ab und setzte die Fahrt in östlicher Richtung fort.
    Die offizielle Residenz von Polizeichef John G. Broussard war exzellent gepflegt; das Gras grün wie in Irland, die Blumenbeete noch zahlreicher, als er sie von dem Diplomatenempfang her in Erinnerung hatte. Genau in der Mitte des Rasens war ein Flaggenmast aufgestellt worden, an dem das Sternenbanner und der kalifornische Bär in der lauen Mittagsbrise flatterten.
    Weder Mauern noch Zäune noch patrouillierende Wachen in Uniform, aber die Auffahrt war durch ein schmiedeeisernes Tor versperrt, und durch die massiven Gitterstäbe erblickte Milo einen schwarzweißen Straßenkreuzer und dahinter einen weißen Cadillac neueren Datums. Der Caddy war vermutlich der fahrbare Untersatz von Mrs. Broussard. Er hatte sie als eine hübsche, schlanke und adrette Frau in Erinnerung, mit hennagefärbter Kaltwelle und dem resignierten Blick einer Politikergattin. Wie war noch mal ihr Name… Bernadette… Bernadine? Hatten sie und John G. Kinder? Milo hatte nie etwas darüber gehört, und er musste sich eingestehen, wie wenig er über das Privatleben des Chefs wusste. Oder vielmehr, wie wenig der Chef seine Umgebung wissen ließ.
    Sieben Straßen weiter westlich und eine halbe Meile nach Süden

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