Das Buch der Toten
gewaltiger Fuhrpark, aber ein Grundstück wie eine Abraumhalde, Es war genau die Art Schandfleck, wie ihn zwei Teenager in die Landschaft setzen würden, die in Geld nur so schwammen, und Milo hätte wetten können, dass die Cossacks im Haus eine Musikanlage im Wert einer sechsstelligen Summe installiert hatten und dazu einen mit den neuesten technischen Raffinessen ausgestatteten Filmvorführraum, eine Bar und ein, zwei Spielzimmer. Allmählich erschienen sie in seinen Augen wie zwei gravierende Fälle von krankhafter Entwicklungshemmung.
Das Haus passte in diese Nobelgegend wie eine Essiggurke auf einen Eisbecher, und so etwas musste unweigerlich Beschwerden auf sich ziehen. Jetzt wusste Milo, wonach er zu suchen hatte.
Er fuhr nach Downtown, hatte sich bis zwei Uhr durch den Verkehr bis zum städtischen Archiv in der Hall of Records vorgekämpft und nahm sich dort die Akten mit den Beschwerden an die Baubehörde vor. Und tatsächlich: Dreimal hatten Nachbarn sich über die Cossacks beschwert; die Anwohner von Carolwood klagten über Lärm und Schmutz und sonstige durch »fortgesetzte Bautätigkeit« verursachte Unannehmlichkeiten. Alle Beschwerden waren als unbegründet abgewiesen worden.
Er ging weiter zu den Grundbucheintragungen und recherchierte über die Cossacks, Walt Obey, beide Larners und John G. Broussard.
Obeys Grundbesitz war auf eine ganze Reihe von Holdings verteilt, eine Schutzmauer, die zu durchbrechen Wochen, wenn nicht gar Monate dauern würde. Das Gleiche galt für die Larners und die Cossacks, obwohl jedes der beiden Duos auch diverse Immobilien im Privatbesitz hatte. Im Fall der Larners handelte es sich um ein halbes Dutzend Wohneinheiten in einem Gebäude in Marina del Rey, die auf Vater und Sohn gemeinsam eingetragen waren. Sechzehn Ladenpassagen in den preiswerteren Außenbezirken waren auf die Cossack-Brüder registriert. Die Jungs wohnten zusammen und arbeiteten auch zusammen. Wie rührend. Auf Schwester Caroline war nichts eingetragen.
Als kleinen Exkurs sah er sich Georgie Nemerovs Eintragungen an. Der Kautionsagent besaß gemeinsam mit seiner Mutter ein Einfamilienhaus in Van Nuys, das Milo als das Heim der Nemerovs von vor zwanzig Jahren wiedererkannte, dazu eine Wohnung in einem Sechsfamilienhaus in Granada Hills, ebenfalls im gemeinsamen Besitz von George und Ivana Nemerov. Was immer Georgie getan oder nicht getan hatte, der Aufbau eines Immobilienimperiums spielte dabei jedenfalls keine Rolle.
John G. Broussard und seine Frau, Bernadelle hieß sie, hatten das Haus in Ladera Heights behalten, dazu besaßen sie drei zusammenhängende Grundstücke an der West 156th Street in Watts. Vielleicht von seinen oder ihren Eltern geerbt.
Auch hier keine imperialen Ambitionen. Wenn John G. für irgendetwas Gefälligkeiten gewährte, dann jedenfalls nicht für Land. Es sei denn, er steckte irgendwo in Walt Obeys Beteiligungsdschungel drin.
Milo startete eine Suche nach Melinda Waters und ihrer Mutter Eileen und fand nichts. Er überlegte eben, was er sonst noch tun könnte, als ein Mitarbeiter des Archivs kam, um ihm zu sagen, dass das Gebäude bald schließen würde. Milo ging hinaus zum Wagen und fuhr die Temple Street auf und ab, vorbei an der Stelle, wo Pierce Schwinn Tonya Stumpf aufgegabelt hatte. Jetzt war hier einer der Parkplätze des Music Center, wie jeden Tag angefüllt mit den Autos von städtischen Angestellten und der Besucher des nahen Gerichtsgebäudes. Viele Menschen, viel Bewegung, aber Milo hatte das Gefühl, nicht so recht dabei zu sein, aus dem Rhythmus.
Er fuhr heimwärts, langsam und gemächlich, und kümmerte sich nicht um die Rushhour-Gifte, die Staus vor Baustellen und die auffallend idiotische Fahrweise, die rund fünfzig Prozent der anderen Verkehrsteilnehmer an den Tag legten. All die Annehmlichkeiten der Großstadt, die normalerweise seinen Blutdruck hochjagten und ihm die Frage aufdrängten, warum, zum Teufel, er sich für dieses Leben entschieden hatte, all das ließ ihn jetzt kalt.
Er stand gerade an einer roten Ampel an der Highland Avenue, als sein Telefon klingelte. Alex' Stimme sagte: »Hab ich dich erwischt. Gut.«
»Was gibt's Neues?«
»Vielleicht gar nichts, aber meine Quelle, die Frau, die von Michael Larner belästigt wurde, hat mich wieder angerufen, und ich habe mich gestern Abend mit ihr getroffen. Anscheinend war Larner an dem Tag, als er sich an sie rangemacht hat, ziemlich wütend auf Willie Burns. Er hat mit irgendjemandem über
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