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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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schätzungsweise zehn Pfund davon.
    Schwinn, der ihr jetzt gegenüberstand, sah noch dürrer aus als sonst. Ein wenig breitbeinig, ein Lächeln auf den dünnen Lippen.
    Die Frau lächelte zurück, bot Schwinn beide Wangen zum Kuss. Eine Begrüßung wie in diesen italienischen Filmen.
    Sie sprachen kurz miteinander, zu leise, als dass Milo etwas hätte verstehen können, dann stiegen sie beide in den Fond des Einsatzwagens.
    »Das ist Tonya«, sagte Schwinn. »Sie ist eine gute alte Freundin des Departments. Tonya, ich möchte dir meinen frisch gebackenen Partner Milo vorstellen. Er hat einen Magisterabschluss.«
    »Uuh«, sagte Tonya. »Bist du ein strenger Lehrer, Darling?«
    »Freut mich, Sie kennen zu lernen, Ma'am.« Tonya lachte.
    »Fahr los«, sagte Schwinn.
    »Magisterabschluss«, sagte Tonya, als sie davonfuhren.
    Sie fuhren die Fifth Street entlang, als Schwinn sagte: »Bieg links ab. Fahr in die Seitenstraße hinter diesem Block.«
    »Masturbator-Abschluss?«, fragte Tonya.
    »Wo wir gerade davon sprechen«, sagte Schwinn. »Meine Herzallerliebste.«
    »Uuh, ich mag es, wenn du so redest, Mr. S.«
    Milo bremste ab. Schwinn sagte: »Nein, fahr ganz normal weiter, bieg noch mal links ab und dann rechts, Richtung Osten. Die Alameda lang, zum Industriegebiet.«
    »Die industrielle Revolution«, sagte Tonya, und Milo hörte noch etwas anderes: das Rascheln von Kleidern, das Ratschen eines Reißverschlusses, der aufgezogen wurde. Er riskierte einen Blick in den Rückspiegel und sah Schwinns Kopf, der an der Rückenlehne ruhte. Augen geschlossen. Friedvolles Lächeln. Die zehn Pfund Hennahaare wippten.
    Einen Augenblick später: »O ja, Miss T. Du hast mir gefehlt, Weißt du das?«
    »Wirklich, Baby? Ach, das sagst du doch nur so.«
    »O nein, es ist wahr.«
    »Wirklich, Baby?«
    »Ganz bestimmt. Hab ich dir auch gefehlt?«
    »Das weißt du doch, Mr. S.«
    »Jeden Tag, Miss T.?«
    »Jeden Tag, Mr. S., komm schon, Baby, hilf mir ein bisschen.«
    »Ich helfe gerne«, sagte Schwinn. »Die Polizei, dein Freund und Helfer.«
    Milo zwang sich, stur geradeaus zu blicken.
    Im Wagen war nichts zu hören als schweres Atmen.
    »Ja, ja«, sagte Schwinn jetzt. Seine Stimme war schwach. So kann man dem Arschloch also seine überlegene Tour austreiben, dachte Milo.
    »O ja, so ist's richtig, mein Schatz.. meine Herzallerliebste. O ja, du… du bist eine Spezialistin. Eine… richtige Expertin, ja, ja…«

7
    Schwinn sagte Milo, er solle Tonya auf der Eighth Street in der Nähe der Witmer Street absetzen, beim Ranch Depot Steakhouse.
    »Bestell dir ein ordentliches Stück Rindfleisch, Darling.« Er steckte ihr ein paar Scheine zu. »Lass dir ein leckeres T-Bone-Steak bringen, mit einer von diesen riesigen Ofenkartoffeln.«
    »Aber Mr. S.«, protestierte sie. »Ich kann doch mit diesen Klamotten nicht da reingehen; da werde ich niemals bedient.«
    »Hiermit schon.« Er drückte ihr noch mehr Papier in die Hand.
    »Zeig das hier Calvin vorne am Eingang und sag ihm, dass ich dich geschickt habe, und wenn es irgendwelche Probleme gibt, lässt du es mich wissen.«
    »Bist du sicher?«
    »Das weißt du doch.«
    Die Hintertür ging auf, und Tonya stieg aus. Im Wageninneren roch es nach Sex. Jetzt strömte die Nachtluft herein, kühl, mit dem bitteren Aroma fossiler Brennstoffe.
    »Danke, Mr. S.« Sie streckte die Hand aus. Schwinn hielt sie fest. »Eine Sache noch, Darling. Weißt du von irgendwelchen brutalen Freiern, die sich in der Gegend um Temple und Beaudry rumtreiben?«
    »Wie brutal?«
    »Stricke, Messer, glühende Zigaretten.«
    »Uuh«, sagte die Nutte mit schmerzverzerrter Stimme. »Nein, Mr. S., Abschaum gibt's überall, aber von solchen Sachen weiß ich nichts.«
    Küsschen auf die Wangen. Tonya stöckelte in Richtung Restaurant davon, und Schwinn wechselte auf den Beifahrersitz.
    »Zurück zum Revier, mein Junge.«
    Er schloss die Augen. Selbstzufrieden. An der Olive Street sagte er: »Das ist eine sehr intelligente Niggerin, Junge. Mit den Möglichkeiten einer freien weißen Frau hätte sie was aus sich machen können. Was sagt dir das?«
    »Ich verstehe nicht recht.«
    »Die Art, wie wir mit den Niggern umgehen. Wirst du daraus schlau?«
    »Nein«, antwortete Milo. Er dachte: Worauf will dieser Irre eigentlich hinaus? Und dann: Warum hatte Schwinn die Nutte nicht auch ihm angeboten? Weil Schwinn und Tonya eine besondere Beziehung hatten? Oder weil er Bescheid wusste?
    »Worum es geht«, meinte Schwinn, »ist doch klar.

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