Das Buch der Toten
sagte ich.
Er stieß mit einem lang gezogenen Zischen die Luft aus. »Na, sieh mal einer an, da ist aber jema nd ein fleißiges Arbeitsbienchen gewesen.«
»Eher eine Drohne. Wie hast du sie gefunden?«
»Beispielhafte Ermittlungsarbeit«, sagte er. »Ich hab mir Schwinns Pensionsakte gekrallt, sollte man eigentlich nicht tun, also behalte das bitte für dich.«
»Seine monatlichen Schecks wurden also an die Ranch geschickt?«
»Die ersten fünfzehn Jahre nach seinem Ausscheiden gingen sie an eine Adresse in Simi Valley. Dann hat er zu einer Postfachadresse in Oxnard gewechselt, und zwei Jahre später dann zu der Ranch. Bei der Zulassungsstelle ist er nirgendwo gemeldet, aber über die Adresse bin ich auf Marge Schwinn gekommen. Ich hab sie eben angerufen, aber sie war nicht da. Ich hab eine Nachricht auf dem AB hinterlassen.«
»Keine Meldung bei der Zulassungsstelle«, sagte ich. »Denkst du, er ist tot?«
»Oder er fährt nicht mehr.«
»Ein Excop, der nicht Auto fahrt?«
»Ja«, sagte er. »Da hast du auch wieder Recht.«
»Vorstadtidylle in Simi, gefolgt von einer zweijährigen Übergangsphase mit einem Postfach, dann die Ranch. Das könnte bedeuten: Scheidung, Zwischenspiel als einsamer Junggeselle, dann Wiederverheiratung.«
»Oder Zwischenspiel als einsamer Witwer. Seine erste Frau hieß Dorothy, und von dem Zeitpunkt an, als er nach Oxnard gezogen ist, wird sie nicht mehr als Bezugsberechtigte geführt.« Er machte eine Pause. »Dorothy… ich glaube, er hat ihren Namen mal erwähnt. Es wird immer schwieriger, zwischen meinen echten Erinnerungen und meinem Wunschdenken zu unterscheiden. Na, jedenfalls ist das bis jetzt alles.«
Ich erzählte von meinen Recherchen in der Bibliothek und dem, was ich über die Cossacks herausgefunden hatte.
»Kinder reicher Eltern werden reiche Erwachsene«, sagte er.
»Nicht allzu überraschend. Ich habe auch nach Melinda Waters geforscht. Sie ist nirgends offiziell registriert, und ihre Mutter Eileen auch nicht. Das heißt vielleicht nicht viel, schließlich könnte sie ja geheiratet haben, oder ihre Mutter hat wieder geheiratet oder beides, und sie haben beide ihren Namen geändert. Ich wünschte, ich hätte den Namen von Melindas Dad in der Navy, aber den habe ich nie erfahren. Sie haben ihn damals in die Türkei verlegt, da müssten wir schon verdammt viel Glück haben, um seine Spur wiederzufinden. Bowie Ingalls hab ich allerdings ausfindig gemacht, und er ist definitiv tot. Schon seit neunzehn Jahren.«
»Ein Jahr nach Janies Tod«, sagte ich. »Wie ist das passiert?«
»Ein Autounfall oben in den Bergen. Kein anderes Fahrzeug war beteiligt, Ingalls ist einfach gegen einen Baum gerast und durch die Windschutzscheibe geflogen. Blutalkohol viermal höher als erlaubt, ein Dutzend leere Bierdosen im Wagen.«
»In den Bergen, wo genau?«
»Bel Air. In der Nähe des Reservoirs. Wieso?«
»Nicht allzu weit von dem Partyhaus.«
»Also sind seine Gedanken vielleicht abgeschweift. Aber die Fakten sprechen trotzdem für einen Unfall unter Alkoholeinfluss. Die ganze Cossack-Geschichte war reine Spekulation. Ich kann nicht ausschließen, dass Janie und Melinda auf einer anderen Party waren. Oder Schwinn hatte doch Recht, und es gab überhaupt keine Verbindung zur Westside, sondern irgendein Psychopath hat die Mädchen aufgegabelt und sie ganz in der Nähe der Fundstelle von Janies Leiche abgeschlachtet. Ich bin müde, Alex. Ich mache mich jetzt auf den Heimweg.«
»Wie willst du mit Marge Schwinn weiter vorgehen?«
»Sie hat doch meine Nachricht.«
»Und wenn sie nicht zurückruft?«
»Dann versuch ich's noch mal.«
»Wenn Schwinn tot ist, dann hat Marge vielleicht die Mordakte geschickt«, sagte ich. »Vielleicht hat sie das Album unter seinen Hinterlassenschaften gefunden, zusammen mit einem Hinweis auf dich und mich«
»Alles ist möglich, mein Freund.«
»Wenn du sie erreichen solltest, würde es dir was ausmachen, wenn ich mitkäme?«
»Wer sagt denn, dass ich sie besuchen will?«
Ich gab keine Antwort. Er sagte: »Hast du denn nichts Besseres zu tun?«
»Absolut nichts.«
»Hm«, machte er.
»Robin hat angerufen«, sagte ich. »Wir haben geredet.«
»Gut«, sagte er, mit einem hörbaren Fragezeichen.
Ich steuerte wieder sicheres Gelände an: »Übrigens, bist du schon dazu gekommen, die Fingerabdrücke vo n der Mordakte abzunehmen?«
»Ich kann nur einen Satz Abdrücke erkennen.«
»Meine eigenen.«
»Na ja«, sagte er, »ich bin nicht der
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