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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Aktivitäten normalerweise nicht freiwillig ein. Also war Janies Mörder möglicherweise tot, oder er saß im Gefängnis. Wenn dem so war, würde Milo dann je die Antworten bekommen, nach denen er suchte?
    Ich ging nach unten in den allgemeinen Lesesaal und riss mir sämtliche Ausgaben des FBI Law Enforcement Journal unter den Nagel, deren ich habhaft werden konnte, dazu noch, wegen der auffälligen Brutalität des Verbrechens an Janie, Stapel von kriminalistischen und rechtsmedizinischen Fachzeitschriften. Vielleicht hatte sich das Muster der Verletzungen, insbesondere das Skalpieren ja bei anderen Fällen wiederholt. Aber falls es so war, konnte ich keine Belege dafür finden. Die FBI-Zeitschrift brachte offenbar immer weniger detaillierte Berichte über Verbrechen, dafür umso mehr in fadem Polizeijargon abgefasste Artikel, die auf das Bild der Truppe in der Öffentlichkeit abzielten. Über den einzigen Fall mit Entfernung der Kopfhaut des Opfers wurde in einem Artikel über Verbrechen in Brasilien berichtet: Ein deutschstämmiger Arzt, der Sohn eines emigrierten Nazis, hatte mehrere Prostituierte ermordet und ihre Skalps als Trophäen aufbewahrt. Der Mann war Ende zwanzig. zum Zeitpunkt des Ingalls-Mordes war er im Kindergartenalter gewesen. Jeder Mensch beginnt sein Leben als süßes kleines Baby.
    Vielleicht war Janies Mörder ja seiner grausigen Beschäftigung weiter nachgegangen, ohne Leichen zurückzulassen. Aber auch das ergab keinen Sinn. Vor zwanzig Jahren hatte er Janies Leiche offen zur Schau gestellt, und es war anzunehmen, dass er inzwischen eher noch dreister geworden war.
    Als ich nach Hause kam, hatte ich genau null Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Ich wählte Milos Privatnummer, und Rick Silverman meldete sich. Er klang verschlafen. Rick arbeitet als Chirurg in der Notaufnahme, und ganz gleich, zu welcher Zeit ich anrufe, ich scheine ihn jedes Mal zu wecken.
    »Hallo, Alex, wie geht's?« Er hörte sich unbefangen an. Also hatte ihm Milo wohl nichts von Robin erzählt.
    »Gut, und dir?«
    »Ich arbeite, und sie bezahlen mich dafür. Ich kann mich nicht beklagen.«
    »Dann bist du der einzige Arzt, der das nicht tut.«
    Er lachte. »Eigentlich lästere ich die ganze Zeit, aber das wird auf die Dauer auch langweilig. Ich sage mir immer wieder, es ist gut, dass ich fest angestellt bin, da muss ich mich wenigstens nicht selbst mit den Krankenkassen rumschlagen. Vielleicht wird ja eines schönen Tages Milo alle unsere Rechnungen bezahlen.«
    »Ja, nämlich an dem Tag, an dem er nach Paris fliegt, um sich die großen Modenschauen reinzuziehen.«
    Er lachte wieder, aber ich dachte nur: Paris? Wo kam das denn jetzt plötzlich her, Professor Freud?
    »Du hast also viel zu tun«, sagte ich.
    »Hab gerade ein achtzehnstündiges Freudenfest hinter mir. Eine Massenkarambolage. Daddy und Mommy haben sich vorne gezankt, die Kinder hinten drin, drei und fünf Jahre, keine Kindersitze, nicht angeschnallt. Daddy und Mommy haben's überlebt. Sie wird vielleicht sogar wieder gehen können, ach, genug davon, sonst muss ich dich noch bezahlen. Der Große ist nicht da. Ist nur kurz Zum Essen reingeschneit und dann gleich wieder verschwunden.«
    »Hat er gesagt, wo er hinwollte?«
    »Nee. Wir hatten uns was beim Chinesen bestellt, und ich bin glatt über meinem Moo Goo eingeschlafen. Als ich wieder aufgewacht bin, hatte er mich ins Bett gesteckt und mir auf einen Zettel geschrieben, dass er eine Weile zu tun hätte. Er schien mir ein bisschen gereizt. Gibt's da irgendetwas, was ich wissen sollte? Seid ihr zwei wieder an was Neuem dran?«
    »Nein«, sagte ich. »Alles alte Geschichten.«
    Ich versuchte zu lesen, fernzusehen, Musik zu hören, zu meditieren. Letzteres war allerdings ein Witz; ich konnte mich ausschließlich auf Negatives konzentrieren. Um zehn Uhr abends war ich so weit, dass ich am liebsten die Tapeten von den Wänden gekratzt hätte. Ich konnte nur noch an eines denken: Wann würde Robin wieder anrufen?
    Um diese Zeit würde das Konzert in Eugene in vollem Gang sein, und sie würde Backstage aktiv sein, würde den Stress genießen, das Gebrauchtwerden. All diese verfluchten, ach so engagierten, Gitarren schwingenden Rrrrring!
    Mein »Hallo?« klang atemlos.
    »Störe ich dich etwa beim Fitnesstraining?«, fragte Milo.
    »Du störst mich bei gar nichts. Was gibt's denn?«
    »Ich kann Schwinn nicht finden, aber vielleicht habe ich seine Frau aufgestöbert.«
    »Vorname Marge? Mecca Ranch in Oak View?«,

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